Zur “Aufbruch”-Kampagne – Lehren für linke Organisierung

Am 3. und 4. Juni 2016 versammelten sich an die 1.000 Menschen in einer Aktionskonferenz, um eine neue linke Organisierung zu wagen. Der „Aufbruch“ beschrieb sich selbst als eine „Organisierungskampagne“, welche bundesweit mit lokalen und regionalen Gruppen politische Aktivitäten durchführen sollte, unter dem Motto „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten!“. Am Ende diese Projekts sollte eine Neuformierung der österreichischen Linken stehen, doch was so vielversprechend begann konnte in dem folgenden 1 ½ bis 2 jährigen Prozess nicht erfüllt werden und der Aufbruch zerfiel über die Zeit nahezu komplett.

Wir waren als Gruppe Arbeiter*innenstandpunkt seit der Aktionskonferenz am Aufbruch in drei Bezirksgruppen in Wien beteiligt. Von Anfang an haben wir in dem Projekt für eine klare Orientierung auf die Arbeiter*innenklasse und im späteren Programmprozess für eine antikapitalistisch-revolutionäre Programmatik argumentiert. Dabei haben wir eine Reihe von Artikeln für unsere Zeitung und unsere Homepage veröffentlicht, die wir hier in chronologischer Reihenfolge gesammelt abdrucken. Dabei möchten wir besonders auf den letzten dieser Artikel, „Aufbruch: Welche Lehren aus dem Scheitern?“, verweisen, da er unsere zentrale Bilanz des Aufbruchs und auch unserer eigenen Arbeit darin sowie alle wichtigen politischen Schlussfolgerungen beinhaltet.

Wir haben uns im Februar 2018 aus dem Aufbruch zurückgezogen, weil sich das Scheitern des Projekts schon längst abgezeichnet hatte. Dass wir diese Broschüre erst zwei Jahre danach veröffentlichen, hat vor allem zwei Ursachen. Erstens waren die hier abgedruckten Artikel auf unserer Homepage verfügbar. Zweitens, und das ist der wichtigere Punkt, sind wir auch schon früh nach dem unbestreitbaren Ende des Aufbruchs auf ein verbreitetes Desinteresse an einer Bilanz des Aufbruchs gestoßen. Mit Bedauern müssen wir hier anmerken, dass sich die österreichische Linke bis heute kaum Rechenschaft über das Scheitern des Aufbruch abgelegt hat.

Nun, mit der Gründung des Wiener Wahlprojekts LINKS im Jänner 2020, sind wir mit einem ähnlichen Projekt wie dem Aufbruch konfrontiert, das auch teilweise von ähnlichen Kräften wie der damalige Aufbruch initiiert wurde. Wieder kommen viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen politischen Vorstellungen zusammen um eine neue linke Kraft aufzubauen. Im Unterschied zum Aufbruch gibt es in LINKS angesichts des Wahlantritts von Anfang an das Bekenntnis zu einem Programmfindungsprozess. Das ist gewiss ein Fortschritt, denn der Aufbruch hat gezeigt, dass eine gemeinsame politische Praxis ohne programmatische Grundlage nicht möglich ist. Umgekehrt sind von Anfang an um einiges weniger Menschen beteiligt und ein Programm zu schaffen, welches dazu taugt, die Lohnabhängigen in diesem Land zu einer klassenbewussten Kraft gegenüber dem Kapital zu organisieren, wird angesichts der wieder sehr heterogenen politischen Zusammensetzung nicht einfach.

Die Erfahrungen des Aufbruch beinhalten bei weitem nicht alle Probleme, mit denen LINKS konfrontiert sein wird. Aber es gibt viele grundlegende Fragen, die hier erneut auftreten. Mit dieser Broschüre wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass gewisse Fehler von damals nicht noch einmal wiederholt werden. Deshalb appellieren wir an alle Aktivist*innen, die Gründe für das Scheitern des Aufbruchs zu studieren, zu diskutieren und die Lehren daraus zu ziehen. Die Schlussworte unseres Bilanz-Artikels über den Aufbruch gelten immer noch: Wenn gemeinsame Schlussfolgerungen aus dem Aufbruch gezogen werden können, waren unsere Bemühungen keinesfalls umsonst.

Broschüre Aufbruch-Kampagne