Die Regierung Netanjahu und die Rechte in Israel

Alex Zora, Flammende Nr. 9

Fast allen ist bewusst, dass es sich bei der israelischen Regierung von Benjamin Netanjahu um eine rechte Regierung handelt – die Charakterisierungen reichen sogar bis zum Vorwurf des „Rechtsextremismus“ oder gar Faschismus. Doch während gut klingende Schlagworte zentraler sind als eingehende Analysen, ist vielen gar nicht so klar, welchen Charakter die israelische Regierung wirklich hat. Außerdem ist es oft eine Streitfrage, ob die grundsätzlichen Probleme in Palästina – jahrzehntelange Apartheid, Vertreibung und Entrechtung sowie aktuell der Genozid in Gaza – ursächlich auf die „rechtsextreme Netanjahu-Regierung“ zurückzuführen sind, oder ob sie vielmehr in der Geschichte und Funktion Israels als siedlerkolonialer Außenposten des westlichen Imperialismus begründet liegen. Darüber hinaus wollen wir auch einen Blick auf die außerparlamentarischen Kräfte der politischen Rechten und insbesondere des zionistischen Faschismus werfen.

Benjamin Netanjahu und Likud

Die immer noch mit Abstand wichtigste Kraft der aktuellen Regierung ist die größte Partei in der Knesset (dem Parlament), die Likud („Zusammenschluss“). Likud selbst ging aus einer Vereinigung unterschiedlicher rechter Parteien in den 1970er Jahren hervor. Das zentrale Element dabei war Herut („Freiheit“), die Hauptrepräsentantin des „revisionistischen Zionismus“ unter Menachem Begin. Herut selbst ging aus der Miliz Irgun hervor, die u.a. in der Nakba für das berüchtigte Deir Yassin Massaker mitverantwortlich war. Irgun war aber auch schon davor für Terror gegen Araber*innen sowie gegen die britische Besatzung bekannt.

Der revisionistische Zionismus wurde in direkter Abgrenzung zum Mainstream-Zionismus der „Zionistischen Weltorganisation“ unter Chaim Weizmann etabliert. Sein Begründer, Wladimir Zeev Jabotinsky, orientierte sich mit seiner Bewegung Betar schon einige Jahre nach ihrer Gründung an der damals noch recht neuen Bewegung des Faschismus (insbesondere in Italien, wo Mussolini bereits an der Macht war). Ein in Rom lebender Anhänger des revisionistischen Zionismus schrieb 1928 im Journal von Betar beispielsweise einen Artikel „Was sind wir, wir Revisionisten“. Sein Artikel lässt keinerlei Zweifel über den Charakter der Bewegung des revisionistischen Zionismus aufkommen: „Es muss klar und deutlich gesagt werden: Wir sind Faschisten, jüdische Faschisten.“1 Genauso klar sahen diese Charakterisierung auch die Organisationen der jüdischen Arbeiter*innen, die den Begriff des „zionistischen Faschismus“ auf Betar und den revisionistischen Zionismus anwendeten.2 Bis zum Bündnis zwischen Mussolini und Hitler 1936 bestand zwischen revisionistischem Zionismus und italienischem Faschismus eine gegenseitige Bewunderung und Unterstützung. 1934 konnte Jabotinsky sogar mit der Zustimmung Mussolinis eine Marineschule in Italien aufbauen. Aber auch nach dem Zerwürfnis mit dem italienischen Faschismus zeichnete sich der revisionistische Zionismus durch einen tiefsitzenden Rassismus gegen über Araber*innen im Allgemeinen und Palästinenser*innen im Besonderen aus. Auch ein militanter und reaktionärer Anti-Kommunismus blieb bestimmendes Element. In Bezug auf Palästina vertrat der revisionistische Zionismus traditionell stark expansionistische Tendenzen und erhob nicht nur Anspruch auf das vollständige Mandatsgebiet Palästina, sondern auch auf das gesamte heutige Jordanien.

Die beiden paramilitärischen Organisationen Irgun und die noch reaktionärere Abspaltung Lehi waren vor und während der Nakba direkt an der ethnischen Säuberung und den dafür ausgeübten Massakern (beispielsweise in Deir Yassin) beteiligt und auch einer der Grundbestandteile der 1948 gegründeten israelischen Armee. Nach Staatsgründung war der revisionistische Zionismus aber tendenziell ein Randphänomen und machte eine neue Entwicklung durch. Innerhalb der israelischen Gesellschaft waren nach der Staatsgründung kein politischer Raum und auch keine Notwendigkeit mehr für eine offen faschistische Kraft. Als politische Strömung machte der Mainstream des revisionistischen Zionismus – insbesondere Herut – eine ähnliche Entwicklung durch wie die Post-Faschist*innen in Italien oder die Christlich-Sozialen in Österreich. Die Entwicklung ging in eine gemäßigtere Richtung, insbesondere auch weil der radikale Teil der Bewegung (Lehi) teilweise rechtlich in Israel verfolgt wurde. Man passte die Bewegung in ein stabileres parlamentarisches System, ohne sich von seinen Wurzeln zu trennen. Die Analogie zu europäischen „postfaschistischen“ Parteien und Bewegung funktioniert aber nicht vollständig. Im Unterschied zu den relativ stabilen und friedlichen Verhältnissen innerhalb Europas, die nur durch ausnahmsweise Episoden (wie beispielsweise die bleiernen Jahre in Italien) durchbrochen wurden, war und ist koloniale Gewalt eine Konstante in den politischen Verhältnissen Israels. Dahingehend behielt auch die politische Strömung des revisionistischen Zionismus bis heute immer gewisse faschistische Charakterzüge – insbesondere in Bezug auf die Politik gegenüber den Palästinenser*innen.

Likud wird nun schon seit fast 20 Jahren von Benjamin Netanjahu angeführt. Er ist auch der am längsten regierende Premierminister Israels und damit der mit Abstand wichtigste israelische Politiker des 21. Jahrhunderts. Nichtsdestotrotz hat sein Ansehen in den letzten Jahren massiv gelitten. Politisch hat ihm dabei weniger die Intensivierung des Apartheid-Regimes oder die expansionistische Siedlungspolitik im Westjordanland geschadet, sondern in erster Linie diverse Korruptionsskandale sowie Angriffe gegen die Unabhängigkeit der Justiz in Israel. Das hat nicht nur zu landesweiten Massenprotesten geführt, sondern auch dazu, dass seit 2019 fünfmal (neu)gewählt werden musste und Likud sogar kurzfristig nicht Teil der Regierung war.

Die Tatsache, dass Netanjahu in den letzten Jahren von diversen Skandalen betroffen war, hat aber auch dazu geführt, dass sich Likud als Partei immer mehr differenziert. Auf der einen Seite gab es mit Verteidigungsminister Yoav Gallant einen innerparteilichen Gegner von Netanjahu in einer prominenten Position, er war tendenziell liberaler eingestellt als Netanjahu und wäre wohl der präferierte Kandidat der Demokratischen Partei in den USA gewesen. Mehr oder weniger zeitgleich mit der Wahl von Donald Trump wurde Yoav Gallant von Netanjahu abgesägt und mit Israel Katz durch einen Vertreter des rechten Flügels von Likud ersetzt. Doch neben einem aktuell recht stark geschwächten liberaleren Flügel in Likud, gibt es auch Teile, die in den letzten 2 Jahren deutlich nach rechts gegangen sind. Ein gutes Beispiel dafür ist die Ministerin für Frauen und Gleichberechtigung, May Golan. Sie war 2013 mit Otzma Yehudit (damals noch Otzma YeIsrael, siehe unten) angetreten und eine rassistische Aktivistin gegen Einwanderung (insbesondere aus Afrika). Sie bezeichnete sich selbst als „stolze Rassistin“ und befürwortete eine „neue Nakba“ als Strafe für den 7. Oktober. Sie ist gut vernetzt mit der radikalen Siedler*innenbewegung und an der Organisierung von Konferenzen für die Besiedlung Gazas beteiligt. Sie ist eine der Personen – neben vielen anderen – in Likud, die die Politik von innen noch weiter nach rechts schieben und in den letzten Jahren an Prominenz gewonnen haben. Aktuell bringt sich noch kein*e prominente*r Verteter*in der Rechten in Likud gegen Netanjahu in Stellung. Sollten sich seine Korruptionsverfahren verschärfen oder er die Gunst der US-Regierung verlieren, könnte es aber durchaus möglich sein, dass sich eine rechte innerparteiliche Alternative zu ihm formiert.

Rechts von Likud

Doch neben Likud ist noch eine gar nicht so kleine Anzahl anderer Parteien Teil der Regierung. Es gibt hier Parteien (Schas, Vereinigtes Torah-Judentum, Noam), die ihre soziale Basis in unterschiedlichen Schulen des (ultra)-orthodoxen Juendtums haben. Schas wird beispielsweise direkt von einem religiösen Torah-Rat aus Rabbinern (Moetzet Chachmei HaTorah) kontrolliert. Die (ultra-)orthodoxen Parteien wollen einen religiös-fundamentalistischen Staat und vertreten insbesondere die Partikularinteressen der Haredim (der ultraorthodoxen Bevölkerung, die beispielsweise großteils vom Wehrdienst befreit ist). Dieser politische Block geriet in den letzten 1,5 Jahren immer wieder mit Likud und anderen Teilen der Regierung in Konflikt über die Frage der Wehrpflicht für Haredim. So verließ beispielsweise das Vereinigte Torah-Judentum im Juli die Regierung (Noam hatte dies schon im März getan) und auch die Schas-Minister traten aus der Regierung aus. Die Tatsache, dass sich die Regierung Netanjahu weiter mit 60 von 120 Sitzen in der Knesset als Regierung halten kann, ist darauf zurückzuführen, dass Schas zwar aus der Regierung ausgetreten ist, ihr aber bisher nicht das Misstrauen ausgesprochen hat und es deshalb (noch?) keine Mehrheit in der Knesset für deren Auflösung und Neuwahlen gibt.

Neben den religiös-fundamentalistischen Parteien sind die relevanten rechten Player die beiden faschistischen Parteien Otzma Yehudit (Jüdische Macht) von Itamar Ben-Gvir und Mafdal (Religiöser Zionismus) von Bezalel Smotrich. Otzma Yehudit war während des Waffenstillstands von Jänner bis März dieses Jahres aus Protest gegen eben diesen aus der Regierung ausgetreten. Unmittelbar nach Wiederaufnahme der Kämpfe trat sie dann wieder ein. Mafdal hingegen war auch sehr kritisch dem Waffenstillstand gegenüber, blieb aber Teil der Regierung. Inwiefern es eine geheime Zusicherung Netanjahus gab, dass nach Phase 1 des Waffenstillstandsabkommens die Offensive gegen Gaza fortgesetzt werden würde, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mit Sicherheit sagen. Es wäre aber aufgrund der Ereignisse alles andere als verwunderlich.

Smotrich und Ben-Gvir sind auch bisher erfolgreich darin, die Regierung vor sich her zu treiben. Aktuell beispielsweise droht Smotrich damit die Regierung zu stürzen, sollte die geplante Offensive (siehe dazu den Artikel „Gaza: Genozid durch Hunger“) nicht dazu genutzt werden, einen „entscheidenden Sieg“ zu bringen und „bis zum Ende zu gehen“. Beide treten offen für eine ethnische Säuberung des Gazastreifens und eine Annexion der Westbank ein. Während Smotrichs Partei Mafdal ihre Geschichte in der fundamentalistischen Misrachi-Bewegung von Rabbi Isaac Jacob Reines hat, liegen die Wurzeln von Ben-Gvirs Otzma Yehudit in der faschistischen Bewegung des Kahanismus. Sowohl Smotrich wie auch Ben-Gvir lassen nicht einmal einen Funken Zweifel aufkommen, was für Kräfte sie sind.

Smotrich bezeichnet sich selbst als „faschistischen Homophoben“ und seine Partei ist eng mit der Siedler*innenbewegung verbunden, die nicht nur ganz Palästina ethnisch von den Palästinenser*innen säubern möchte, sondern darüber hinaus auch noch Fantasien von einem Großisrael zwischen Euphrat und Nil hat. Im Juli dieses Jahres diskutierten Knesset-Abgeordnete von Mafdal gemeinsam mit Daniella Weiss, der vermutlich wichtigsten Vertreterin der Siedler*innenebewegung, wie Gaza nach der vollständigen Vertreibung (oder Ermordung) der palästinensischen Bevölkerung wieder besiedelt werden könnte. Auf Daniella Weiss‘ Siedler*innenbewegung Nachala werden wir weiter unten noch etwas genauer eingehen.

Ben-Gvirs kahanistische Otzma Yehudit ist vermutlich die rechteste Kraft in der aktuellen Regierung Netanjahu. Er ist ein ideologischer Erbe von Meir Kahane, dem Gründer der faschistisch-terroristischen Jewish Defense League und Begründer des Kahanismus. Kahane setzte sich schon früh für eine offene und aggressive Vertreibung der gesamten palästinensischen Bevölkerung (inklusive der Palästinenser*innen mit israelischer Staatsbürger*innenschaft) ein und seine Bewegung versuchte dies auch mit Mitteln des Terror durchzusetzen. So geht der blutigste individuelle Terroranschlag auf die Kappe des Kahanisten Baruch Goldstein, der 1994 in Hebron 29 muslimische Gläubige ermordete und viele weitere Verletzte. Ben-Gvir ist ein Bewunderer von Baruch Goldstein, von dem er sogar ein Foto in seinem Büro stolz ausstellte.

Im Gegensatz zu Netanjahus Likud, die sich mit der Entwicklung eines Plans für Gaza schwertut, falls die Hamas besiegt werden würde, haben die faschistischen Parteien in der israelischen Regierung eine ganz klare und offen kommunizierte Lösung: Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung und wer nicht geht, wird ermordet. Aktuell sieht es danach aus, als ob diese „Lösung“ auch in Likud immer mehr an Zustimmung gewinnt. Auch Trumps Vertreibungsfantasien zeigen, in welche Richtung die politische Entwicklung geht.

Außerparlamentarische Rechte

Neben der parlamentarischen Rechten, die großteils in der Regierung vertreten ist bzw. noch bis vor Kurzem war, gibt es in Israel aber natürlich auch noch außerparlamentarische rechte und faschistische Kräfte. Der wichtigste und wohl auch bekannteste Player ist dabei die Siedler*innenbewegung. Sie möchte die Westbank (oder in ihrer Diktion „Judäa und Samaria“) mit jüdischen Siedlungen überziehen und die palästinensische Bevölkerung vertreiben. Sie ist selbst keine monolithische Bewegung, sondern besteht wiederum aus unterschiedlichen Strömungen. Gemeinsam ist aber fast allen, dass sie in klassischer, siedlerkolonialistischer Tradition die Vertreibung und Ersetzung der dort lebenden Bevölkerung anstreben und auch praktisch durchführen.

Die wohl radikalste und öffentlich wirksamste Fraktion der Siedler*innenbewegung ist Nachala („Erbbesitz“). Sie wird von Daniella Weiss angeführt, die politisch – wie oben erwähnt – sehr nahe an Smotrichs Partei Mafdal steht und eine komplette ethnische Säuberung Palästinas befürwortet. Nachala ist aber nicht nur rhetorisch zutiefst rassistisch, sondern auch ganz praktisch kolonialistisch tätig. Sie ist nicht nur an der Errichtung illegaler Siedlungen in der Westbank beteiligt, sondern auch an Angriffen gegen Palästinenser*innen. Bisher hat Nachala zwei sehr erfolgreiche Konferenzen zur Besiedelung des Gaza-Streifens organisiert. Bei der ersten Konferenz im Jänner 2024 waren nicht nur Ben-Gvir und Smotrich als Redner eingeladen, sondern es nahmen auch mehrere Likud-Minister*innen teil. Bei der zweiten Konferenz im Oktober 2024 war Likud (insbesondere Ministerin May Golan) dann auch schon direkt an den Vorbereitungen und der Organisierung beteiligt. Ende Juli sprach sich auch eine Koalition aus Minister*innen von Likud und Otzma Yehudit (u.a. Itamar Ben-Gvir und May Golan) in einem offenen Brief dafür aus, dass Nachala der Besuch von Nordgaza erlaubt werden sollte, um dort mögliche Standorte für neue Siedlungen zu finden.

Die mittlerweile regelmäßig in der Westbank stattfindenden Pogrome und Vertreibungen der lokalen Bevölkerung werden von vielen losen Siedler*innenzusammenhängen organisiert. Die sogenannte Hilltop Youth (benannt nach den Hügeln, auf denen die Siedlungsvorposten zumeist errichtet werden) spielt hier eine zentrale Rolle. Ideologisch aus dem Kahanismus stammend, sind es Zusammenhänge von – in den allermeisten Fällen – männlichen, jungen Siedlern, die direkt physische Angriffe gegen die palästinensische Bevölkerung tätigen, um sie von ihrem Land zu vertreiben. Die Methoden reichen dabei von Vandalismus und Brandanschlägen gegen palästinensische Siedlungen, Moscheen und Schulen, der Belästigung von palästinensischen Hirt*innen bei ihrer Arbeit und der Zerstörungen palästinensischer Olivenhaine bis hin zur direkten Ermordung von Palästinenser*innen. Die oftmals anwesenden Besatzungssoldat*innen der israelischen Armee sind dabei in der Regel zum Schutz dieser faschistischen Banden abgestellt und decken die Vertreibungen der palästinensischen Bevölkerung durch Einschüchterung und Terror. Wehren sich Palästinenser*innen gegen diese Angriffe, wird das dazu genutzt, sie wiederum zu kriminalisieren und – oftmals auch ohne Anklage – einzusperren.

Fazit

Die israelische Gesellschaft ist in den letzten Jahren deutlich nach rechts gegangen. Während die ersten Jahrzehnte nach Staatsgründung durchgehend von liberal- bzw. „links“zionistischen Regierungen geprägt waren, ist das 21. Jahrhundert in Israel bisher nahezu ausschließlich von rechten Regierungen dominiert (die allermeiste Zeit davon unter Netanjahus Likud). War die Zustimmung zu einer Zweistaatenlösung vor 20 Jahren noch klar mehrheitsfähig, ist die sie heute innerhalb der jüdisch-israelischen Bevölkerung so niedrig wie kaum je zuvor. Mittlerweile gibt es sogar eine gesellschaftliche Mehrheit in Israel für die Errichtung jüdischer Siedlungen im Gazastreifen3.

Die politische Rechte in Israel ist traditionell sehr divers und gespalten. Anders als in vielen anderen Ländern, wo sich eine dominante rechte Kraft herausgebildet und eine gewisse Monopolstellung auf der rechten Seite des politischen Spektrums errungen hat, ist die Rechte in Israel in viele konkurrierende Parteien gespalten. Das basiert dabei eher auf der Bedienung unterschiedlicher Wähler*innenschichten als auf wirklichen ideologischen Differenzen. Es gibt religiös-fundamentalistische Parteien, genauso wie deutlich säkularere Faschist*innen, es gibt paramilitärische faschistische Schlägertrupps wie auch eine institutionalisierte Rechte innerhalb der israelischen Armee. Man sollte auch nicht den Fehler begehen zu glauben, dass die gesamte politische Rechte in Israel Anhänger*innen der Regierung unter Netanjahu wären. Aktuell kämpft beispielsweise die neu gegründete Partei von Naftali Bennett in Umfragen um den ersten Platz mit Likud. Bennett befindet sich zwar in Opposition zu Netanjahu und der Regierung, steht aber selbst weit rechts. Er war Vorsitzender der Partei HaBajit haJehudi (Jüdisches Heim), die 2023 in der heutigen Partei von Bezalel Smotrich (Mafdal) aufgegangen war.

Das ist alles kein Zufall, sondern entspricht der politischen Entwicklung einer siedlerkolonialistischen Gesellschaft, deren Armee aktuell einen Genozid begeht. Es mag zwar sein, dass viele Israelis Benjamin Netanjahu wenig leiden können, aber diese Kritik bezieht sich im Normalfall auf innenpolitische Differenzen, nicht auf Kritik an seiner Behandlung der Palästinenser*innen oder der aggressiven Politik gegenüber den Nachbarstaaten. Auch unter liberalen oder „linken“ Regierungen wurden ethnische Säuberungen wie die Nakba oder ein System der Apartheid in der Westbank organisiert. Ein Ende der reaktionären Politik gegenüber den Palästinenser*innen, ein Ende von genozidaler Politik, von ethnischen Säuberungen und des Apartheidssystems wird in absehbarer Zeit nicht aus der israelischen Gesellschaft selbst kommen, sondern kann nur durch eine internationalistische Solidarität und revolutionäre Aufstände in der Region erwirkt werden.

1 The Rise of the zionist right: Polish Jews and the Betar Youth Movement, 1922-1935

2 The Rise of the zionist right: Polish Jews and the Betar Youth Movement, 1922-1935

3 https://www.israelhayom.com/2025/07/31/52-of-israelis-want-gaza-settlements-back/