Der Sieg Trumps bei der Präsidentschaftswahl 2024 wird eine bitte Pille für die US-Bevölkerung im Besonderen, aber auch für viele Menschen global, die in Krisenherden leben. Der Sieg des Trumpismus in den USA stellt nicht nur eine Gefahr für die Arbeiter*inenklasse dar. Rechte autoritäre Regierungen oder Bewegungen in anderen Ländern fühlen sich dadurch bestätigt, ihre Politik fortzusetzen. Nicht von ungefähr feiert beispielsweise die AfD den Sieg Trumps. Umso wichtiger, ein Auge auf seine ersten Schritte zu werfen.
Was passiert gerade?
Traditionell findet die Amtseinführung des neuen Präsidenten am 20. Januar statt. Bei einer Zeremonie vor der Westfront des Kapitols wird er vereidigt und hält im Anschluss seine erste Rede. Zuvor gibt es eine Übergangsphase, in der am 17. Dezember die Wahlleute zusammenkommen und ihre Stimme abgeben, um den Präsidenten zu wählen. Danach wird Anfang Januar der neue Kongress vereinigt. In einer gemeinsamen Sitzung von Repräsentantenhaus und Senat werden die Stimmen der Wahlleute ausgezählt und bestätigt. In der Übergangsphase muss sich das Team Trump um die Besetzung von 4.000 Regierungsposten Gedanken machen – von Minister*inen bis zu Beschäftigten in den Gremien und Kommissionen. Etwa 1.200 dieser Ernennungen müssen vom Senat bestätigt werden, wo Trumps Republikaner*inen künftig wieder über eine Mehrheit verfügen.
Charakter des Trumpismus
So wahnwitzig und irrational der Trumpismus auch erscheint, stellt er doch eine Strategie des US-Imperialismus dar, um den langfristigen Niedergang seiner hegemonialen Stellung aufzuhalten. Der Aufstieg Trumps reflektiert daher auch vor allem einen inneren Gegensatz innerhalb der herrschenden Klasse in den USA. Dazu wurde die Republikanische Partei selbst politisch transformiert, zu einer populistischen Partei samt einer solchen Bewegung. Dies inkludiert ein Bündnis verschiedener Klassen bzw. Klassenfraktionen unter Führung von Teilen des Finanz- und Monopolkapitals.
Um diese imaginäre, falsche Einheit herzustellen und aufrechtzuerhalten, muss der Populismus auf den Gegensatz zwischen „Volk“ und liberaler, linker, woker, sozialistischer „Elite“ zurückgreifen, die das Volk verraten und sich des Staates bemächtigt hätte. Sie habe sich außerdem mit fremden „Mächten“ – Migrant*inen, China, EU etc. – verschworen.
Diese reaktionäre Ideologie ist notwendig, um Trumps Anhänger*inen Sündenböcke für massive Verschlechterungen zu präsentieren, die seine neoliberale und protektionistische Politik der Masse seiner Wähler*inen bescheren wird. Daher bedarf es der innere Verknüpfung von Neoliberalismus in den USA mit Rassismus, Nationalismus, Autoritarismus, Sexismus, religiösem Obskurantismus. Der Trumpismus braucht Irrationalismus, aber er ist nicht einfach „unvernünftig“, wie die bürgerliche Mitte behauptet, sondern eine aggressivere Form, imperialistische Interessen zu verfolgen.
Trumps Handlanger*inen
Das erklärt auch, warum Trump bei der Besetzung der Ministerposten seine Politik und Rhetorik fortführt. Nicht Erfahrung oder Kompetenz auf dem jeweiligen Feld entscheiden, sondern Korruption und Unterwürfigkeit zur Person Trump. Sein erster Vorschlag für das Amt des Generalbundesstaatsanwaltes, der gleichzeitig Leiter des Bundesjustizministeriums ist, bestand in Matt Gaetz, der als Mitglied des Repräsentantenhauses wegen Sex mit einer Minderjährigen vor den Ethikausschuss geladen wurde. Dieser hat mittlerweile selbst zurückgezogen und stattdessen soll Pam Bondi an seinen Platz treten. Die einzig kontroverse Persönlichkeit war Gaetz jedoch mitnichten: So ist für das Amt des Verteidigungsministers Fox-Moderator Pete Hegseth im Rennen, der einst sagte, dass Sex mit einer bewusstlosen Person keine Vergewaltigung sei und gegen den ein Vergewaltigungsvorwurf besteht. Robert F. Kennedy Jr., der bekannte Coronaleugner, der öffentlich darüber nachdenkt, Impfungen generell verbieten zu lassen, ist – passend – als Gesundheitsminister im Gespräch.
Als Außenminister wird Marco Rubio vorgeschlagen, bekennender Zionist, der bereits von militärischen Interventionen und Regimewechsel in Kuba und Iran gesprochen hat und als Senator in Florida mit reaktionären Gesetzesentwürfen gegenüber LGBTIA+ auf sich aufmerksam gemacht hat. Die Liste an reaktionären Kandidat*inen für Trumps Kabinett ist noch länger, und auch wenn sein bekanntester Unterstützer noch keinen Posten bekommen hat, so ist sein Einfluss auf jeden Fall gesichert. Die Rede ist natürlich von Elon Musk. Dieser verkündete auf einer Wahlveranstaltung seinen persönlichen Plan bei einem Sieg Trumps: Er wolle zwei Billionen US-Dollar an Staatsausgaben sparen. Das Land müsse „bei null anfangen“, um den Wohlstand zu sichern. Doch das gibt Aufschluss, in welche Richtung es geht. Eine ausführlichere Darstellung von Trumps Programm sowie eine Bilanz der Präsidentschaftswahlen haben wir in dem Artikel „Das Programm des Donald Trumps“ vom 11. November vorgestellt (https://arbeiterinnenmacht.de/2024/11/11/das-programm-des-donald-trump/).
Kein Frieden in Sicht
Trump brandmarkt die Demokrat*inen als Kriegstreiber*inen, während er sich selbst als Friedenstifter inszeniert. Wohlwollen zollt vor allem Russland. Währenddessen wird wirtschaftlicher und politischer Druck auf traditionelle Verbündete wie Kanada, Japan, Taiwan und die EU aufgebaut: Zollpolitik, die Forderung nach höheren Militärausgaben und „America First“ zeigen die Hinwendung zu einer unilateralen US-Außenpolitik.
Hintergrund dieser Änderungen bildet, dass sich der US-Imperialismus alleine nicht in der Lage sieht, die vielen Konfliktherde zu kontrollieren, und nicht willens ist, Partner*inen für die eigene Politik zu gewinnen. Unter Trump soll sich der US-Imperialismus auf seinen strategischen Konkurrenten China konzentrieren. Das wird nicht nur zu einer Schwächung bzw. Spaltung des „westlichen Lagers“ führen und Stimmen für einen eigenen EU-Imperialismus unter deutscher Führung stärken, sondern auch die Konsolidierung des russischen Imperialsmus wie die der BRICs-Staaten. Der US-Unilateralismus fördert die Tendenz zur Herausbildung einer multilateralen Ordnung, was in sich selbst die Saat für eine Verschärfung des innerimperialistischen Gegensatzes und der Kriegsgefahr trägt.
Das wird Konsequenzen mit sich bringen. Trumps Plan, die militärische Hilfe für die Ukraine einzustellen und die von Russland eroberten Gebiete abzutreten, ist kein Friedensangebot, sondern eine vorbehaltlose Unterstützung der russischen Kriegsziele und zynische Preisgabe des Selbstbestimmungsrechts der Ukrainer*inen und zwingt Millionen von ihnen ein brutales Besatzungsregime auf. Härter wird es jedoch die Palästinenser*inen treffen. Bereits während des israelischen Angriffs auf Gaza sprach er sich dafür aus, den Angriff solange weiterzuführen, bis „die Arbeit erledigt ist“ und ermunterte Netanjahu: „Tue, was du tun musst!“ So zeichnet sich ab, dass Trump der rechten zionistischen Regierung möglicherweise einen Freifahrtschein für die völlige Besetzung Palästinas und die Annektion aller seiner Gebiete geben könnte.
Arbeiter*inenklasse für Trump?
Der Sieg Trumps hat bei Demokrat*inen, der Linken und fortschrittlichen Teilen der Arbeiter*inenklasse zur Diskussion über die Gründe des Scheiterns geführt. „Moderate“ Republikaner*inen und Demokrat*inen sehen in der „Wokeness“, „Transgenderdebatte“ und zu viel linker Rhetorik den Grund fürs Scheitern und schlagen eine rechtere Politik vor, inklusive einer härteren Gangart in der Migrationspolitik. Diese Position findet in den Massenmedien große Resonanz, obwohl sie empirisch widerlegt ist. Linke Vertreter*inen wie z. B. Sanders oder kleinere linksalternative Medien wie The Young Turks und Kommentator*inen wie Bryan Tyler Cohen oder David Pakman sehen die Gründe des Scheiters gerade in einer unternehmensfreundlichen Politik.
Dabei ist es eindeutig: Harris/Walz wurden korrekterweise als Fortsetzung der aktuellen Regierung eingeschätzt, wo die leichten Zuwächse der US-Wirtschaft vor allem nach oben verteilt wurden und nicht an die breite US-Bevölkerung. Das lieferte den Grund, warum sich die Mehrheit der Arbeiter*inen Trump zuwandte oder einfach nicht wählen ging. Auch die grundsätzliche Unterstützung Israls, die Waffenlieferung zur Unterstützung des Genozids durch die Biden-Regierung werden als weiterer Grund ins Feld geführt, der viele Stimmen bei progressiven Jugendlichen und Erstwähler*inen gekostet hat. Doch was folgt daraus?
Alternative Arbeiter*innenpolitik
Für Revolutionär*inen ist klar, dass die Wahl von Republikaner*inen und Demokrat*inen nicht in Frage kommt. Immer das kleinere Übel zu wählen, wird nicht dafür sorgen, dass die Arbeiter*inenklasse gestärkt daraus hervorgeht. Deswegen ist nun, unter Trump, notwendiger denn je, für den Aufbau einer revolutionären Arbeiter*inenpartei zu kämpfen, vor allem in der Gewerkschaftsbewegung, die die letzten Jahre angewachsen ist. Gegen die kommenden Angriffe, den massiven sozialen Kahlschlag, die riesige zu erwartende Abschiebewelle muss sich Widerstand formieren. Dazu braucht es eigene Forderungen, die unabhängige Organisierung und Mobilisierung gegen den anstehenden Angriff von allen, die unter den Demokrat*inen um ihre Zukunft beraubt wurden und jetzt unter den Republikaner*inen massiv leiden werden: Arbeiter*inen, Frauen, Jugendliche, Migrant*inen. Die strategische Voraussetzung dafür, Trump in den Arm zu fallen, kann nicht auf Basis eines „kleineren Übels“ oder faulen Kompromisses, sondern mit einer Politik geschaffen werden, die die Interessen gerade dieser Gruppen und Schichten an erste Stelle stellt. Um diese aktuelle politische Krise produktiv zu überwinden, ist also eine revolutionäre Organisierung und der Aufbau einer multiethnischen, für die Befreiung von Frauen und anderen Unterdrückten kämpfende Arbeiter*inenpartei in den USA notwendig!