Volkskanzler Kickl?

Seit mehr als einem Jahr ist die FPÖ nun in den Wahlumfragen auf Platz 1. Es ist also mehr als realistisch, dass die FPÖ bei den Nationalratswahlen zum ersten Mal überhaupt die stärkste Kraft auf Bundesebene werden könnte. Zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik wäre dann eine Partei außerhalb der traditionellen Großparteien – SPÖ und ÖVP – Wahlsiegerin. Grund genug sich die Politik der FPÖ allgemein sowie die Veränderungen, die seit der Übernahme durch Herbert Kickl stattgefunden haben, anzusehen. Für eine ausführliche (aber schon etwas in die Jahre gekommene) Analyse der FPÖ verweisen wir auf unsere Broschüre „Die Freiheitliche Partei Österreichs – Eine marxistische Betrachtung ihres reaktionären Charakters“, die wir 2018 veröffentlichten.

Wie der Phönix aus der Asche?

Fünf Jahre ist es her, da brach das Unglück der der Ibiza-Affäre über der FPÖ zusammen. Der langjährige Parteichef HC Strache musste sich zuerst aus der Regierung zurückziehen und war einige Monate später auch kein FPÖ-Mitglied mehr. Der Gesamtpartei kostete die Ibiza-Affäre die noch recht junge Koalitionsregierung mit der ÖVP und bei den Nationalratswahlen im Herbst 2019 erzielte sie mit 16,2 % ihr schlechtestes Ergebnis seit 2006 – dem Jahr nach der Spaltung mit dem BZÖ.

Doch wie schon der Zusammenbruch im Zuge der Regierungsbeteiligung unter Bundeskanzler Schüssel Anfang der 2000er Jahre, währte auch dieses Tief nicht allzu lange. Dauerte es nach den katastrophalen Wahlen 2002 (die FPÖ stürzte von 26,9 % 1999 auf 10,0 % 2002 ab) noch mehr als 10 Jahre bis die FPÖ wieder in Schlagdistanz zu Platz 1 kam, so sollten es nach der Ibiza-Affäre 2019 keine 5 Jahre mehr dauern bis man in den Umfragen auf Platz 1 war.

Dabei geholfen hat nicht nur die Kurz-ÖVP mit ihren hauseigenen Korruptionsskandalen – die auch Sebastian Kurz zum Rücktritt zwangen – sondern auch der katastrophale Umgang der Bundesregierung mit der Pandemie. Aber es wäre verkürzt den raschen Aufstieg der FPÖ nur auf das Versagen seiner politischen Gegner*innen zu beschränken. Vielmehr zeigte diese Entwicklung die mittlerweile tiefsitzende Verankerung, die die FPÖ in relevanten Teilen der Bevölkerung genießt. Nachdem Haider die FPÖ 1986 übernommen hatte, stieg er mit der FPÖ stetig bei den Wahlen auf, bis er schließlich 1999 knapp vor der ÖVP den zweiten Platz erreichen konnte. Der darauffolgende, oben erwähnte Absturz war sehr tief, kurze Zeit sah es sogar so aus als ob die FPÖ eventuell auf ihr Dasein als Kleinpartei im einstelligen Prozentbereich zurückverwiesen werden könnte. Aber letztlich zeigte sich in den letzten zwei Jahrzehnten, dass mit der FPÖ vergleichbare Parteien in ganz Europa große Erfolge einfahren konnten. Unter Parteichef Strache begann die langsame Aufbauarbeit wieder, die schließlich 2017 zurück in eine Koalitionsregierung mit der ÖVP führte.

Der Erfolg der Aufbauarbeit zeigte nicht nur, dass es einen starken, ideologischen Kern – vor allem getragen durch die Burschenschaften – gibt sowie grundsätzliche Probleme der Politik der beiden Großparteien, auf die die FPÖ aufbauen kann, sondern auch einen weiteren wichtigen Fakt. Ganz offenbar gibt es einen Teil der österreichischen Bourgeoisie, der sich nicht mehr ganz durch ihre traditionelle Partei – die ÖVP – vertreten fühlt. Dabei geht diese Entwicklung nicht nur nach rechts wie bei der FPÖ, sondern auch in eine (neo)liberale Richtung wie sich durch die die NEOS zeigt.

Wir hatten in unserer Broschüre zur FPÖ 2018 die Verankerung der FPÖ innerhalb der österreichischen Bourgeoisie folgendermaßen charakterisiert. Die FPÖ sei „die Partei einer (klaren) Minderheit der österreichischen Bourgeoisie. Sie vertritt vor allem die international weniger wettbewerbsfähigen und national orientierten Teile des Kapitals und tendenziell mehr Industrie- als Bankkapital.“ Wir stellten damals auch die These auf, dass aufgrund der Tatsache, dass diese Verankerung stärker war als noch in der Ära Haider, „ein ganz so schnelles Einbrechen der FPÖ durch ihre Regierungsbeteiligung (auch wenn es ihre Popularität vermutlich nicht steigern wird) wie nach 2000 wohl eher weniger vorstellbar ist.“ Sogar inklusive Korruptionsaffäre rund um Ibiza hat sich diese These durchaus bestätigt.

In Verbindung und in Wechselwirkung dazu steht die Tatsache, dass die FPÖ mittlerweile so etwas wie eine solide Stammwähler*innenschaft entwickeln konnte. Wenige Monate nach der Ibiza-Affäre, in der die Spitzen der FPÖ offen ihr korruptes und kapitalfreundliches Gesicht in einem der wohl bildstärksten Korruptionsskandale Österreichs zeigte, verlor die FPÖ nicht einmal die Hälfte ihrer Stimmen. Viele Leute haben in ihrem Leben nichts anderes als die FPÖ gewählt. Insbesondere in Oberösterreich ist die FPÖ nun schon seit bald 10 Jahren in einer Koalition mit der ÖVP und dort ist die Verankerung der FPÖ auch innerhalb der Bourgeoisie am weitesten fortgeschritten. Hier sitzt auch der wirtschaftsfreundliche Flügel der FPÖ – aber dazu weiter unten mehr.

Alles neu mit Kickl?

Nach dem kurzen Zwischenspiel von Norbert Hofer an der Parteispitze, übernahm Kickl 2021 die Parteiführung. Davor hatte er sich insbesondere in Fragen der Corona-Maßnahmen als Hardliner platziert. Gegenüber Hofer war die Abgrenzung recht klar. Hofer wollte sich noch recht eindeutig in Richtung Mitte orientieren. Das Vorbild hierbei war recht eindeutig sein eigener Bundespräsidentschaftswahlkampf 2016 als er insbesondere in den ländlichen Teilen doch recht stark bei vielen Wähler*innen punkten konnte. Kickl hingegen wollte die FPÖ aber wieder in die altbewährten Bahnen der Protestwähler*innen (insbesondere mit dem Thema der Corona-Pandemie) orientieren. Was am Ende dabei heraus kam war doch eine recht starke Symbiose aus beidem. Sollte die Strache FPÖ – vor allem in ihren ersten Jahren – ihre Hauptstütze bei jungen und städtischen Menschen finden, gelang es der FPÖ unter Kickl ein wichtiges Standbein in der älteren und ländlicheren Bevölkerung zu finden. Hierbei war Kickls Linie gegen die Corona-Maßnahmen wohl sehr hilfreich, denn auch diese Bewegung war stark ländlich geprägt.

Doch was hat Kickl politisch wirklich in der FPÖ geändert? Gegenüber der Hofer-FPÖ ist diese Frage recht leicht zu beantworten, in Abgrenzung zur Strache-FPÖ ist die Frage hingegen schon etwas schwieriger. Immerhin war Kickl hier auch für die politische Ausrichtung mitbestimmend. Die Kickl-FPÖ ist heute im Großen und Ganzen auf zwei Themengebieten unterwegs. Wichtigstes Thema – wie eh und je – ist der Rassismus gegenüber Geflüchteten und Muslimen. Danach eine offensive Ablehnung der Außenpolitik, sowohl der Bundesregierung als auch der EU, im Ukraine-Krieg. Hierbei gibt es eine große Betonung der österreichischen Neutralität und der Versuch der Annäherung an Russland. Darüber hinaus sind auch noch die Corona-Maßnahmen der Regierung sowie eine allgemeine Skepsis gegen Umweltschutz bestimmende Themen in der FPÖ-Außendarstellung.

Rassismus als bestimmendes Thema der FPÖ ist nichts neues und viel mehr eigentlich das zentrale Element ihrer politischen Ideologie. Hierbei unterscheidet sie sich kaum von der Politik unter Strache. Was eventuell feststellbar ist, dass es hier unter Kickl tendenziell noch weiter nach rechts gegangen ist, insbesondere in Bezug auf faschistische Organisationen wie die Identitären, die Kickl u.a. als „interessantes und unterstützenswertes Projekt“ bezeichnet hat. Hatte es unter Strache und Hofer noch den Versuch gegeben sich irgendwie von den Identitären (bzw. ihren Nachfolgeorganisationen) abzugrenzen, sieht das Kickl offenbar nicht mehr als Notwendigkeit an.

Gerade in den Jugendstrukturen der FPÖ – also der Studierendenorganisation RFS und der Jugendorganisation RFJ – gab es in den letzten Jahren ein recht klares Zusammenwachsen mit der außerparlamentarischen Rechten, die in der Bewegung gegen die Corona-Maßnahmen doch auch wachsen konnte. In vielen Aspekten – personell, politisch, organisatorisch – haben sich Identitäre und Ring Freiheitlicher Jugend soweit angenähert, dass von Expert*innen davon gesprochen wird, dass eine Fusion de facto schon vollzogen sei. Die Jugendorganisationen der FPÖ waren immer schon recht klare Rechtsausleger, aber mit engen Übereinstimmung mit den neofaschistischen Identitären wird ihr Charakter hier nocheinmal recht klar deutlich. Inwiefern diese Kräfte in den nächsten Monaten daran arbeiten werden in Österreich eine Progromstimmung wie bei den rassistischen Ausschreitungen in Großbritannien im Sommer zu provozieren, ist aktuell noch unklar. Dass aber mit großen Interesse und Aufmerksamkeit die Situation dort verfolgt wird, dürfte recht klar sein. Falls die FPÖ als stärkste Kraft von der Regierung ausgeschlossen wird, könnte das als Anlass für Mobilisierungen auf der Straße durch diese Kräfte genutzt werden – äußerst Mobilisierungsstark sind sie im Moment aber nicht, was sich u.a. bei der Demonstration der Identitären im Sommer in Wien zeigte als trotz internationaler Mobilisierung nur einige hundert Rechte zusammen kamen.

In Bezug auf den Ukraine-Krieg ist die Positionierung der FPÖ auch alles andere als verwunderlich. Insbesondere Straches engster Vertrauter Johann Gudenus pflegte enge Kontakte zu Putins Partei „Einiges Russland“ – mit der die FPÖ 2016 noch einen Freundschaftsvertrag abgeschlossen hatte. Hier sieht man auch am klarsten welchen Wert die FPÖ für Teile der österreichischen Bourgeoisie spielt. Österreichische Unternehmen pflegen traditionell enge wirtschaftliche Kontakte nach Russland. Hierbei spielten nicht nur Teile des Bankkapitals (insbesondere die Raiffeisenbank ist hier zu nennen) eine wichtige Rolle, sondern speziell auch wichtige Sektoren des österreichischen Industriekapitals. Gerade im Maschinen- und Anlagenbau (also der Produktion von Produktionsmittel, die in Russland kaum eigens hergestellt werden) gab und gibt es enge Verbindungen zwischen österreichischen Herstellenden und russischen Abnehmer*innen. Hierbei vertritt die FPÖ eindeutig deren wirtschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung ihrer, seit den 90er Jahren aufgebauten, Geschäftsbeziehungen nach Russland. Es ist daher auch kein Zufall, dass die FPÖ in Oberösterreich – neben der Nordsteiermark – dem wichtigsten Standort für Maschinen- und Anlagenindustrie mit der ÖVP seit vielen Jahren eine gute Zusammenarbeit und den Schwerpunkt ihres wirtschaftsfreundlichen Flügels hat.

In Bezug auf die übrigen Themen kann man auch kaum von einem österreichischen Sonderweg sprechen. Insbesondere die Corona-Pandemie und die damit einhergehende Radikalisierung und Internationalisierung rechter Ideologie (insbesondere der mit verschwörungstheoretischem Einschlag) hatte auch Auswirkungen auf die FPÖ. So ist die FPÖ auf den Zug der Hetze gegen Drag-Perfomer*innen aufgesprungen, setzt sich offensiv gegen Insektennahrung ein oder meint, dass Windkraft eine große Auswirkung auf Vogelpopulationen hätte und daher abzulehnen sein. All das sind Themen, die die FPÖ noch vor einigen Jahren kaum bis garnicht bespielte, aber die aufgrund der Internationalisierung – insbesondere ausgehend von der Trump-Bewegung in den USA – der Rechten nun auch in Österreich ein wichtigeres Thema geworden sind.

Was aber durchaus auch auffällig ist, ist was bei der Kickl-FPÖ weniger Thema ist als noch unter Strache. Versuchte Strache die FPÖ noch offensiv als „Sozial Heimatpartei“ aufstellen und zumindest regelmäßige Lippenbekenntnis zu sozialen Themen abzugeben, ist das Thema bei der FPÖ unter Kickl deutlich in der Prioritätenliste nach unten gerutscht. Bis auf unregelmäßige Wortmeldungen gegen „ORF-Zwangsgebühren“, für den Erhalt der Pensionen oder allgemein-abstrakt gegen Teuerung meldet sich die FPÖ heute doch ausgesprochen wenig zu dieser Frage. Das dürfte u.a. auch auf die Persönlichkeiten von Kickl und Strache zurückzuführen sein. Laut Medienberichten dürften Kickl Wirtschaftsthemen wenig interessieren. Das zeigte sich unter anderem auch im April diesen Jahres als Herbert Kickl eine Einladung der Industriellenvereinigung die Wirtschaftspolitik der FPÖ zu diskutieren, ablehnte – sogar Andreas Babler kam der Einladung der Industriellenvereinigung nachgekommen.

Aktuell soll die FPÖ an einem neuen Wirtschaftsprogramm arbeiten, das vermutlich nicht von Kickl selbst ideologisch geprägt sein wird sondern vom kapitalnahen Flügel der FPÖ verfasst werden soll. Zu seinen aktuellen wichtigsten Vertretern gehören aktuell beispielsweise der Vize-Landeshauptmann von Oberösterreich Manfred Haimbuchner, der Welser Bürgermeiser Andres Rabl oder auch der Kärnter Hotelier Matthias Krenn. Eine weitere wichtige Person für den Wirtschaftsflügel der FPÖ ist Arnold Schiefer, an seiner Biografie sieht man exemplaraisch gut wie es um den wirtschaftsnahen Flügel der FPÖ steht. Als Burschenschafter der Teutonia war er unter Schwarz-Blau I im Infrastrukturministerium tätig, später war er in mehreren – oftmals staatsnahen – Unternehmen im Aufsichtsrat bzw. als Manager tätig (ÖBB, ASFINAG, Alpine). 2019 verzoffte er sich mit der Wiener FPÖ und trat der FPÖ Oberösterreich bei. Er gilt heute als ein wahrscheinlicher Minister einer FPÖ Regierung. Hier sieht man beispielhaft gut das zweite Machtzentrum der FPÖ in Österreich, das wirtschaftsliberaler und ÖVP-freundlicher aufgestellt ist, als die Parteizentrale in Wien.

Inhaltlich ist noch nichts näheres zum neuen Wirtschaftsprogramm der FPÖ bekannt, aber laut Wirtschaftsmagazin Trend dürfte es sich recht klar an den Grundzügen des alten Wirtschaftsprogramms von 2017 orientieren. Zentrale Bestandteile sollen angeblich sein: Senkung der Abgabenquote (also der Anteil aller Steuern und Abgaben am BIP) auf 40 %; steuerliche Entlastung von Überstunden und Zusatzstunden, die beispielsweise in der Pension gearbeitet werden; Ablehnung von Erbschafts- und Vermögenssteuern oder auch eine klare Ablehnung jeglicher Arbeitszeitverkürzung. Wir sehen wir also klar, dass die Wirtschaftspolitik der FPÖ eigentlich keinerlei soziale Aspekte beinhaltet sondern nur dazu dient die Lohnkosten zu senken und den Sozialstaat auszuhöhlen.

Eine letzte wichtige Veränderung der FPÖ unter Kickl ist, dass Kickl in der Partei wohl die stärkste Rolle als Parteichef einnimmt, die wir seit Jörg Haider – oder sogar jemals – gesehen haben. Strache war in vielen Aspekten nur ein (zumindest anfangs) junges und frisches Gesicht für den Burschenschafterflügel nach der Spaltung mit dem BZÖ 2005. Den Mangel an einer wirklich eigenen Machtbasis war auch gut daran erkennbar wie wenig Strache nach seinem Rauswurf aus der FPÖ 2019 an Rückhalt bekam. Seine kurzfristigen eigenständigen Ausflüge in die Politik mit dem Team HC Strache können so vollständig als gescheiter angesehen werden, dass Strache aktuell wieder für die FPÖ in den Sozialen Medien wirbt. Kickl hingegen ist aktuell sehr populär innerhalb der FPÖ und hat auch ein ideologisch eigenständigeres Profil als Strache. Dazu gehört auch die Erfahrung, die er als Minister in der Schwarz-Blauen Regierung von Kurz gemacht hat. Kickl weiß, dass es „einen Riesenunterschied [macht], ob man eine Regierung führt, oder ob man der Zweite in einer Partnerschaft ist.“ Das erlebte er insbesondere auch am eigenen Leib als er als erster Minister der zweiten Republik durch Bundeskanzler Kurz aus der Regierung geworfen wurde (was letztlich zum Zerbrechen der Regierung und später zum ersten erfolgreichen Misstrauensvotum gegen eine Bundesregierung geführt hat). Es ist also zu vermuten, dass Kickl von sich aus einer Koalition  mit der ÖVP – insbesondere wenn er dabei nicht Kanzler ist – sehr skeptisch gegenübersteht und eventuell sogar den Gang in die Opposition in Betracht ziehen könnte. Ob das dann dazu führt, dass die FPÖ auch wirklich macht, ist von vielen Faktoren – insbesondere auch der Stärke des „verantwortungsbewussten“ und wirtschaftsnahen Flügel der FPÖ – abhängig.

Wie die FPÖ bekämpfen?

Die wohl wichtigste und drängendste Frage für Linke ist natürlich wie man die FPÖ heute am besten bekämpft. Auf welcher Ebene sich diese Frage in den kommenden Wochen und Monaten stellen wird, ist aktuell noch unklar – die FPÖ wird sowohl in der Regierung wie auch außerhalb eine klare Gefahr für relevante Teile der Bevölkerung darstellen. Davon werden auch die konkreten Taktiken abhängen, die es im Kampf gegen die FPÖ braucht. Nichtsdestotrotz wollen wir hier einige grundlegende Prinzipien und Herangehensweise festhalten.

Es braucht nicht nur ein negatives Programm der FPÖ in Bezug auf Widerstand gegen ihre Angriffe – sei es gegen Migrant*innen, Muslime oder auch die Arbeiter*innenklasse als Ganzes – sondern auch ein positives Programm das diverse Fragen aufgreift. Dazu gehört an erster Stelle ein positives Programm, das soziale Themen, Fragen der Teuerung, Wohnen etc. anspricht. Nur wenn man eine positive Alternative zur FPÖ hat, kann man ihr mittelfristig die soziale Basis in relevanten Teilen der Arbeiter*innenklasse abgraben.

Gleichzeitig sollte hier nicht der Fehler gemacht werden, dass es reichen würde der FPÖ ein soziales Programm entgegen zu stellen und „heikle Themen“ wie beispielsweise den Rassismus der FPÖ nicht offensiv anzugreifen. Das sehen wir beispielsweise nur allzu oft bei der KPÖ, die hier oft ausweichend auftritt. Sei es im Wahlprogramm der KPÖ, in dem sie in keinem Satz eines der wichtigsten politischen Themen unserer Zeit – den Rassismus gegenüber Muslim*innen und Geflüchteten – anspricht oder bei Medienauftritten bei denen versucht wird dieses Thema möglichst zu umschiffen. Exemplarisch dafür steht ein Auftritt der KPÖ in der ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ und die Interaktion zwischen dem Wiener FPÖ-Klubobmann und dem Salzburger KPÖ-Klubobmann Kay-Michael Dankl. Auf den Vorwurf von Krauss, dass die KPÖ dafür stehen würde, dass „jeder [Zugewanderte] ab Tag 1 vollen Anspruch vollen Anspruch auf alle [Sozial-]Leistungen haben soll“ verteidigte er nicht diese grundlegend anti-rassistische Forderung sondern wich nach einem „Also woher er [Krauss] das hat, weiß ich nicht.“ Sofort wieder auf das Single-Issue Thema Wohnen aus. Es ist eine Illusion zu glauben man könnte die FPÖ einzig und alleine dadurch bekämpfen, dass man ihrer Wähler*innenschaft einfach bessere soziale Forderungen präsentieren könnte.

Genauso ist es aber – wie oben schon erwähnt – eine Illusion zu glaube ausschließlich mit bürgerlichen Antirassismus oder wahlweise auch einer „Verteidigung der Demokratie“ die FPÖ stoppen zu können. Dieser Weg wird sehr oft von zivilgesellschaftlichen und bürgerlichen Linken wie den Grünen gewählt. Nach deutschem Vorbild solle hier eine Brandmauer aller demokratischen Kräfte gegen die FPÖ errichtet werden. Diese Politik der Volksfront (was hier eigentlich sogar noch ein Euphimismus für diese Art der Politik ist) zieht sich hinein bis in Teile der (radikalen) Linken wie beispielsweise der Linkswende. Das logische Ende findet sie in einer kompletten Unterordnung von linken Kräften unter die Hauptpartei der österreichischen Bourgeoisie in einer Regierung „um die FPÖ zu verhindern“. Der FPÖ hingegen hilft eine einheitliche Front des Establishments gegen sich selbst noch einmal mehr sich als ppopulistische Anti-System-Kraft zu inszenieren.

Es braucht daher die Verbindung von sozialen und antirassistischen Forderungen; von ökonomischem und politischem Klaseenkampf. Es braucht die Einheit der Klasse hinweg über Unterschiede in der Staatsbürger*innenschaft, Sexualität oder Religion. Dafür wird auch die strategische Überwindung der Dominanz der Sozialdemokratie über die österreichische Arbeiter*innenbewegung. Wenn das aber – wie es die KPÖ aktuell versucht – nur dazu führt, dass man die Sozialdemokratie des 21. Jahrhunderts durch eine Sozialdemokratie der 1970er Jahre ersetzt, wird das recht wenig Unterschied machen – weder für den Aufstieg der FPÖ noch für die Arbeiter*innenklasse als solches.

Schon heute braucht es eine strategische Debatte wie sich die Arbeiter*innenbewegung gegen die FPÖ in der Regierung zu Wehr setzen kann. Denn eine baldige FPÖ-Regierungsbeteiligung – wenn sie vielleicht auch noch nicht nach den nächsten Wahlen kommt – ist leider mehr als wahrscheinlich.