Jonathan Frühling, Arbeiter:innenmacht-Infomail 1249, 23. März 2024
Seit ca. 100 Tagen ist Javier Milei nun in Argentinien an der Macht. Er war am 10. Dezember als Präsident Argentiniens vereidigt worden, um die Wirtschaftskrise zu lösen. Seine Mittel dafür sind neoliberale Maßnahmen, die weltweit ihres gleichen suchen.
DNU – Angriff mit der Motorsäge
Nur wenige Tage nach dem Amtsantritt am 10. Dezember trat die neue Regierung mit einem Dekret der Notwendigkeit und Dringlichkeit (DNU) hervor, welches ca. 350 Gesetze sofort abgeschafft oder verändert hat. Milei hat, durchaus treffend, die Motorsäge als Symbol seiner Angriffe gewählt, mit dem er ankündigte alle Errungenschaften der Arbeiter*innenbewegung abzusägen.
Die Inflation explodiert unter Milei
Die Inflation ist in den drei Monaten seiner Amtszeit schon massiv gestiegen. Um genau zu um ungefähr 100% auf 250 % pro Jahr. Grund dafür war u.a. eine 50%ige Abwertung der Währung gegenüber dem US Dollar. Außerdem wurden Subventionen auf den öffentlichen Verkehr, Gas, Strom und Wasser gekürzt. Noch dazu kam, dass eine Preisbindung für Medikamente und Produkte des täglichen Bedarfs aufgehoben wurde. Die Konzerne haben das genutzt, diese Produkte sofort extrem zu verteuern. Die Inflation trifft zwar auch die großen Unternehmen, aber natürlich weitaus weniger als die große Masse der Bevölkerung. Ihre Preise sind es ja, die steigen, so dass sie erhöhtet Kosten zu einem beträchtlichen Teil an die Käufer*innen weitergeben, zumal wenn es sich um lebensnotwendige Güter handelt. Dasselbe passiert, wenn Subventionen wegfallen. Dann versuchen sie sich das Geld von den Arbeiter*innen statt von der Regierung zu holen. Doch Löhne und Renten werden damit massiv entwertet. Die Verarmung ist enorm.
Durch die Abwertung der Währung wird außerdem der Warenexport begünstigt, weil die Waren damit gegenüber dem Ausland billiger werden. Die Großgrundbesitzer*innen, deren landwirtschaftlichen Produkte 60 % des Export ausmachen, freut’s. Importe hingegen – vor allem Fahrzeuge, Erdölerzeugnisse, Maschinen und elektronische Geräte – werden jedoch teurer und heizen die Inflation so weiter an.
Angriff auf demokratischen Rechte – Das Protokoll Bullrich
Die Repressionsministerin Bullrich hat bereits einen heftigen Angriff auf das Demonstrationsrecht gestartet. Demonstrationen dürfen nicht mehr den Verkehr stören, was dem Staat faktisch die Möglichkeit gibt kleine Demos zu schikanieren und große aufzulösen. Wie sollen Tausende oder sogar Hunderttausende Demonstrant*innen auf den Bürgersteig durch die Stadt marschieren!? Bei kleinen Demos wurde das Gesetz bereits angewendet. Auch werden massenhafte anlasslose Kontrollen in öffentlichen Verkehrsmitteln autorisiert.
Abbau staatlicher Leistungen
Direkt nach seiner Amtsübernahme wurden das Kultur- und das Frauen- und Geschlechterministerium aufgelöst. Durch Streichung von Infrastrukturprojekten fallen zehntausende Arbeitsplätze im Bausektor weg. Auch viele andere Ministerium wurden zusammengelegt und umstrukturiert, wobei tausende Staatsbedienstete entlassen wurden. Die Regierung prüft laufend tausende von Verträgen und wird so in Zukunft weitere Menschen entlassen. Besonders trifft es auch die sozialen Bereiche. Z. B. wurden bereits unzählige
Sozialarbeiter*innen, die sich für Jugendliche engagieren, entlassen. Mitte März hat es die staatliche Medienorganisation getroffen. 700 Beschäftigte haben abends eine Email bekommen, dass sie am nächsten Tag nicht zur Arbeit kommen brauchen.
Zusammengenommen wurden so bis Januar die größten Haushaltskürzungen der Geschichte des Landes beschlossen, wie die Regierung stolz verkündete. Im Vergleich zum Januar 2023 wurden die öffentlichen Investitionen um 75 % gekürzt, die Sozialausgaben um 59 %, die Transferleistungen an die Provinzen um 53 %, die Renten um 32 %, die Personalausgaben um 18 %, die Familienzulagen um 17 % und die Ausgaben für Universitäten um 16 %! Das Land schreibt im Februar erstmal wieder schwarze Zahlen. Es wird also der Bevölkerung das weggenommen, um es den internationalen Gläubigern in den Hals zu stecken. Das ist die Regierungspolitik in a nutshell.
Die Rückkehr des Hungers
Die Anzahl der Menschen, die auf Suppenküchen und Tafeln angewiesen sind, hat sich in den letzten Monaten drastisch erhöht. Laut Aljazeera nehmen 10 Millionen die Angebote der ca. 38.000 lokalen Tafeln an. Das ist fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung! Grund dafür ist, dass sich die Armutsquote seit der Amtsübernahme von Milei von 40 % auf 57 % erhöht hat. Es herrschen also bereits Zustände wie während der Krise 2001-3. Das hinderte die Regierung nicht die Staatshilfen für Suppenküchen kurzerhand zu streichen. Argentinien steuert damit direkt auf eine Hungerkrise zu.
Die Hilfeleistenden bemühen sich weiter zu machen, aber zum Teil erodiert die Solidarität angesichts der Krise: Privatpersonen und vor allem Geschäfte, die vorher an die Tafeln gespendet haben, können sich das einfach nicht mehr leisten. Tatsächlich hat es auch schon die ersten Hungerproteste vor dem neugeschaffenen Humankapital Ministerium gegeben. Die Situation wird sich bereits in den nächsten Monaten extrem verschärfen. Ausgewachsene Hungerrevolten sind damit schon sehr bald eine Möglichkeit.
Die Regierung schwächelt
Glücklicherweise wurde zumindest das sogenannte Omnibusgesetz vom Parlament abgelehnt. Es enthielt alle Gesetze, die nicht durch ein DNU durchgedrückt werden konnten. Um die Schwere der Angriffe klar zu machen, sollen hier einige Punkte genannt werden: Finanzierung der Unis nach Anzahl der Absolvent*innen, Schließung der meisten stattlichen Kulturorganisationen, faktische Schließung der meisten öffentlichen Bibliotheken, Freigebung indigener Waldschutzgebiete für Bergbauaktivitäten, Privatisierung aller restlichen 41 staatlichen Unternehmen (u. a. Transportunternehmen, Wasser-, Strom- und Gasversorger, etc.), die Festlegung der Renten durch die Regierung am Parlament vorbei. Die Regierung versucht nun aber natürlich die Gesetze einzeln und/oder in veränderter Form durch das Parlament zu drücken.
Eine weitere Schwächung ist der ewige Streit mit Mileis Vizepräsidentin Victoria Villarruel. Sie hat sich von Beginn an von dem kompromisslosen Kurs Mileis abgegrenzt und auf Verhandlungen mit dem Parlament gesetzt. Das war vielleicht auch ein Grund, warum Milei sie nicht mit einem hohen Posten (z.B. mit dem Innenministerium) ausgestattet hat. Zuletzt ist der Streit wieder eskaliert, als öffentlich wurde, dass sie sich mit dem Expräsidenten Macri getroffen hatte, um an Milei vorbei politische Alternativen zu seinem Vorgehen zu besprechen. Außerdem hat sie die Abstimmung des DNU im Senat angesetzt, was Milei hinaus zögern wollte. Das führte prompt zu einer Abstimmungsniederlage für Milei, da das DNU im Senat abgelehnt wurde. Jetzt steht bald die Abstimmung im Unterhaus an, wo die Mehrheitsverhältnisse für ihn jedoch günstiger sind.
Zudem hat Milei weiter Unterstützung verloren, als er Zahlungen des Staates an die Provinzen strich. Diese haben sich deshalb gegen ihn aufgelehnt und gedroht, Gas- und Öllieferungen in den Norden einzustellen. Am 1. März verkündete die Regierung, dass die Provinzen ihr Geld erhalten würden, wenn sie seine Gesetzesvorhaben im Kongress unterstützen. Details sollen bis Ende Mai unterschriftsreif sein. Der Ausgang dieses Schachzuges ist jedoch keineswegs gewiss. Umgekehrt zeigt sich darin jedoch auch, dass von den „oppositionellen“ Eliten und unzufriedenen Anhänger*innen Mileis allenfalls eine Schacher um einzelne Maßnahmen seiner Regierungspolitik zu erwarten ist, so dass sie ihre Sonderinteressen absichern. Letztlich steht die herrschende Klasse Argentiniens jedoch noch immer hinter dem Generalangriff auf die Arbeiter*innenklasse, sie will jedoch dabei eigene Pfründe gesichert wissen und eine „Mitspracherecht“ bei den Maßnahmen.
Und die Arbeiter*innenbewegung?
Am 24. Januar fand ein Generalstreik in Argentinien statt, welcher 1,5-2 Millionen Menschen auf die Straße brachte. Es war der erste seit 2019 und eine erste Machtdemonstration der Gewerkschaften. Danach hieß es jedoch: Nach Hause und heiter weiter. An den Protesten vor dem Parlament zur Abstimmung des Omnibus-Gesetzen beteiligte sich nur die radikale Linke. Besonders tat sich dabei das Bündnis aus vier trotzkistischen Gruppen mit dem Namen FIT-U hervor. Doch die maximal 10.000-20.000 Menschen, die sich während der zwei Tage an den Kundgebungen beteiligt haben, sind einfach zu wenig. Das ermutigte die Polizei wohl auch am Ende des zweiten Tages, als nur noch ca. 1.500 Menschen vor dem Parlament waren, mit Motorrädern in die Menge zu fahren und die friedlichen Demonstrantinnen wahllos mit Gummischrot zu beschießen, wobei viele Leute verletzt wurden. Das ist aber wohl nur ein Vorgeschmack auf die Repression, die die Regierung entfesseln wird, wenn sich die unterdrückten Klassen weiter wehren werden.
Die peronistischen Organisationen glänzten gleich ganz mit Abwesenheit. Und das bei einer solchen Schärfe der Angriffe! Die Ablehnung des Omnibus-Gesetzes im Senat gibt ihnen jetzt noch einen Vorwand, nicht auf die Straße zu gehen. Bis zur Drucklegung (Ende März 2024) sind keine weiteren Streiktage geplant, gibt es von Seiten der Gewerkschaften keinen Aktionsplan gegen die Hungerkrise, gegen die Inflation, gegen die Entlassungen und die weiteren gesetzlichen Verschärfungen.
Anscheinend hoffen die Führer*innen der peronistischen Partei, dass sie nach Milei sowieso wieder an die Regierung kommen (mit dem Vorteil, dass die bis dahin gemacht Austeritätspolitik dann nicht auf ihre Kappe geht). Und sie hoffen mit der Rücknahme einiger Gesetze ggf. sogar wieder das Vertrauen der Massen gewinnen. Doch das Leben hat sich bereits jetzt für die Menschen drastisch verändert. Ein „irgendwie weiter so“ kann es für die Menschen, die in Armut und Elend getrieben wurden und werden, nicht geben!
Klar ist, dass es keine Hoffnung in den Populismus in Gestalt der Peronist*innen geben darf. Der Peronismus hat das Land erst in die Krise geführt, in der es heute ist. Auch der peronistische Präsidentschaftskandidat Massa hat eine straffe Austeritätspolitik im Wahlkampf angekündigt und die peronistische Vorgängerregierung hat unter Fernandez und Massa als Wirtschaftsminister die Sparpolitik Macris einfach fortgesetzt. Letztlich dienen sie genauso den herrschenden Klassen, nur eben auf eine etwas andere Art und Weise als Milei, die lange Zeit die korporatistische Einbeziehung der Lohnabhängigen über die Gewerkschaften und der Arbeitslosen über die Einbindung der Arbeitslosenorganisationen in die Verteilung von Hilfsgeldern.
Das Pulver des Populismus ist jedoch angesichts der historischen ökonomischen Krise verschossen. Das Konzept des Ausgleichs zwischen den Klassen hat abgewirtschaftet. Dennoch haben viele noch Illusionen in die peronistische Partei Partido Justicial oder sehen diese zumindest als das kleinere Übel an. Diese Illusionen können jedoch nicht nur durch Propaganda, Enthüllung und Denunziation enthüllt werden, es braucht auch eine aktive Politik gegenüber den peronistische dominierten Gewerkschaften und der Partei- und Wähler*innenbasis, zum Aufbau einer Einheitsfront gegen die Angriffe.
Es beginnt zu brodeln…
Bereits jetzt sind die Auswirkungen von Milei verordneten Schocktherapie enorm. In den nächsten Monaten werden sie sich weiter zuspitzen, besonders, wenn die Regierung ihre Angriffe fortsetzt. Sicherlich wird das die Möglichkeit zu größeren Protesten eröffnen, wenn es Organisationen gibt, die den Weg dafür weisen. Es regen sich nämlich schon jetzt Widerstand über den Generalstreik am 24. Januar hinaus. Lehrer*innen in sieben Provinzen sind am 26. Februar in dem Streik
getreten. Am 4. März gab es einen weiteren Streiktag. Grund dafür sind Gehaltskürzungen für Schullehrer*innen und eine faktische Kürzung des Universitätsbudget um 50 %. Auch Eisenbahnarbeiter*innen sowie Krankenhausarbeiter*innen im öffentlichen wie in privaten Krankenhäusern sind in den Ausstand getreten. Es beginnt offensichtlich in der Arbeiter*innenklasse zu brodeln. Das hat den Gewerkschaftsdachverband endlich bewogen über einen neuen Generalstreik „nachzudenken“, ohne bislang ohne jeden konkreten Termin oder Mobilisierungsplan. Auch die Beliebtheitswerte Mileis waren schon 2 Monate nach seiner Amtsübernahme um 15 % auf mittlerweile unter 50 % gefallen.
In Buenos Aires haben sich in einigen Vierteln Stadtteilversammlungen gebildet, die Nachbarschaftshilfe leisten, zusammen diskutieren und zu Demos mobilisieren. Das sind Keimzellen richtiger Stadtteilkomitees, die neben der, aus der Not geborenen Übernahme von Hilfeleistungen, die Bevölkerung in basisdemokratischen Strukturen fest organisieren könnten. Auch die Suppenküchen können sich politisieren und zu Organen der Mobilisierung werden.
Kampf um die Gewerkschaften
Die Gewerkschaftsführung organisiert momentan nur begrenzte Aktionen einzelner Sektoren oder halbtägige Generalstreiks. Das hat zwar im Januar eine gewisse Mobilisierungsfähigkeit gezeigt und war insofern ein Fortschritt. Aber die Streiks dürfen nicht zu einem Ritual verkommen, welches dazu dient, dass die Menschen ihrem Ärger Luft machen können, damit sie danach brav an die Werkbank oder ins Büro zurückkehren. Das ist nämlich momentan die Taktik der bürokratischen Gewerkschaftsführung.
In Wirklichkeit können und sollen die begrenzten und Teilstreiks zwar genutzt werden, um Erfahrungen zu machen und die Bewegung auszuweiten. Aber das allein wird nicht reichen, um die Angriffe der Regierung zurückzuschlagen. Dafür braucht es aber die Macht der großen Gewerkschaften. Ohne deren Kampfkraft wird es keinen Erfolg geben. Es stellt sich also vor allem die Frage, wie die Gewerkschaften wieder in Instrumente der Arbeiter*innenklasse verwandelt werden können.
Dazu ist es unerlässlich, die Forderung nach einem unbefristeten Generalstreik, nach Aktionskonferenzen zu dessen Vorbereitung und nach einem Kampfplan nicht an die Gewerkschaftsbasis und an die Führung zu stellen. Denn der Druck der Ereignisse und der Druck der Basis kann die Spitzen zwingen, weiter zu gehen als sie selbst wollen, und zugleich dazu genutzt werden, um diese Forderungen in den Betrieben und in den Gewerkschaften die Basis zu mobilisieren und Kampfstrukturen aufzubauen, die auch ohne die Bürokratie aktions- und handlungsfähig sind.
Wenn die Arbeiter*innen so das Heft des Handelns selbst in die Hand nehmen, können sie die reformistische Führung oder Teil davon zum Handeln zwingen und zugleich eine organisierte, klassenkämpferische Opposition aufbauen, die der reformistischen Führung der Gewerkschaften die Stirn bietet und diese zu ersetzen.
Wichtig ist es dabei sich an den existierenden Kämpfen aktiv zu beteiligen und andere selbst anzustoßen. Und wie könnte das besser gehen als mit dem Aufbau betrieblicher Aktionskomitees und lokaler Bündnisse, in denen sich linken Organisationen und Parteien, Nachbarschaftsorganisationen, Gewerkschaften usw. beteiligen können, die den Kampf ernsthaft aufnehmen wollen? Das Ziel muss eine Kampfeinheit aller Organisationen der Klasse sein, die eine konstante Bewegung gegen die Regierung aufbaut. Dabei ist es essentiell, dass solche Strukturen nicht nur in den Betrieben und auf lokaler Ebene besteht, sondern dass sie landesweit zentralisiert wird und so auch die Führung eines Generalstreiks übernehmen kann. Das Gebot der Stunde ist eine Arbeiter*inneneinheitsfront!
Sozialismus und Generalstreik
Um siegreich zu sein braucht es auch eine sozialistische Perspektive, die eine Politik über die Abwehr der Angriffe hinaus bieten kann. Das würden den Menschen wieder Hoffnung geben und sie zum Kampf motiviert. Glücklicherweise gibt es in Argentinien in Form der trotzkistischen Wahlplattform FIT-U (Frente de Izquierda y de Trabajadores – Unidad = Vereinigte Front der Linken und Arbeiter*innen) eine radikale Linke, die stärker ist als in fast jedem anderen Land. Sie erhält bei den Wahlen rund 3 Prozent und zwischen einer halben Million und eine Million Stimmen. Sie repräsentiert damit eine wichtige Minderheit der Arbeiter*innenklasse.
Doch die FIT-U ist selbst bislang nur eine Wahlbündnis von vier trotzkistischen Organisationen, keine Partei. Als effektive Einheit existiert sie nur im Wahlkampf und bei gemeinsamen Demonstrationen (was jedoch auch ohne die FIT-U organisiert werden könnte). Militante Arbeiter*innen und Jugendliche, die die FIT-U wählen, können ihr nicht beitreten, die FIT-U selbst verfügt über keine Basisstrukturen. Eine Beteiligung ist für bislang Unorganisierte, die nach einem revolutionären Ausweg suchen, nur möglich durch den Beitritt zu einer ihrer vier Mitgliederorganisationen, was letztlich zu einer Stagnation der FIT-U bei den Wahlen der letzten Jahre führt.
Vor allem aber versagt die FIT-U zur Zeit darin, ihre Möglichkeiten zu nutzen, um das Kernproblem der argentinischen Arbeiter*innenklasse aufzugreifen – das Fehlen einer revolutionären Partei der Arbeiter*innenklasse.
Eine solche könnte und müsste ideologisch und organisatorisch die Führung in den Kämpfen übernehmen, damit die Regierung gestürzt werden kann. Dafür muss sie jedoch ihre eigene Zersplitterung überwinden und die organisatorische Einheit zu suchen. Zweifellos trennen die verschiedenen Teile der FIT-U wichtige programmatische Differenzen, doch diese müssen im hier und jetzt angegangen werden. Der beste Weg das zu tun wäre eine breite und öffentliche Diskussion über ein Aktionsprogramm gegen die Angriffe, für den Generalstreik und für die Errichtung einer Arbeiter*innenregierung, die sich auf Räte und Arbeiter*innenmilizen stützt. Ein solches Programm ist unerlässlich, denn ein wirklicher Generalstreik wird in Argentinien unwillkürlich die Machtfrage aufwerfen – und auf diese muss eine revolutionäre Partei eine klare Antwort geben können.