Enteignet Signa!

Stefan Katzer, Arbeiter:innenmacht-Infomail 1238

Auch in München wird gefordert, dass Benko in Häf’n soll. Quelle: Grissef, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Das Weihnachtsgeschäft wird noch einmal ordentlich Geld in die Kassen spülen, doch wie es mit den Kaufhäusern von Galeria Karstadt Kaufhof und den dort Beschäftigten danach weitergehen wird, ist derzeit ungewiss. Nachdem die derzeitige Eigentümerin, die Signa-Holding GmbH, einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung gestellt hat, müssen die Beschäftigten erneut um ihre Jobs bangen. Erst 2019 wurden dutzende Filialen geschlossen, haben hunderte Mitarbeiter*innen ihre Jobs verloren. Dabei hatten sie zuvor noch versucht, durch Lohnverzicht ihre Arbeitsplätze zu erhalten – es hat nichts genützt. Und nun also die Nachricht von der Signa-Pleite, und die Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof müssen erneut um ihre Jobs bangen.

Das Geschäftsmodell Signa

Dass die Signa-Holding GmbH jetzt insolvent ist, ist keinesfalls die Schuld der Beschäftigten. Es hängt vielmehr mit der ökonomischen Großwetterlage zusammen, mit steigenden Zinsen und hohen Baukosten. Solange die Zinsen niedrig waren, hat sich das Bauen für die Immobilienhaie noch gelohnt. Darauf war und ist das Geschäft der Signa-Holding GmbH ausgerichtet. Sie ist im Kern kein Handelsunternehmen, sondern verdient ihr Geld vor allem durch ihr Geschäft mit Immobilien. Die Signa-Holding GmbH ist die Dachgesellschaft eines unübersichtlichen Konglomerats unterschiedlichster Unternehmen – darunter auch die Tochter Galeria Karstadt Kaufhof – und laut Insolvenzantrag an 53 Gesellschaften direkt und an mehreren Hundert Gesellschaften indirekt beteiligt.

Dabei profitierte die Holding in den letzten Jahren vor allem von den stetig steigenden Mieten sowie dem Umstand, dass sich diese positiv auf die Bewertung von Immobilien und damit auf die Gewinne in einer Unternehmensbilanz auswirken. Aus diesem Grund war es für die Signa-Holding attraktiv, etwa nach der Übernahme von Galeria Karstadt Kaufhof die Mieten für diese neue Tochter deutlich zu erhöhen, ja zu verdoppeln, denn damit stieg zugleich das berechnete Vermögen bzw. der Gewinn der Eigentümer*innen. Dadurch wiederum kamen sie leichter an Kredite, mit deren Hilfe sie ihr Geschäft ausweiteten und neue Immobilien bauen konnten, um noch mehr Mieten zu kassieren, die sie gerne weiter erhöhten, da dadurch ihre Gewinne weiter stiegen, was dazu führte, dass … – das Prinzip sollte nun klar sein.

Dieses Treiben ging recht lange gut aus. Einige Zeit konnte der Unternehmer René Benko, der die Signa-Holding aufgebaut und zwischen 2014 und 2018 auch die heutige Kette Galeria Karstadt Kaufhof übernommen hatte, sich davon ein luxuriöses Leben finanzieren, gerne auch auf Kosten des eigenen Unternehmens. Er ging jagen mit Politiker*innen, flog mit einem eigenen Privatjet durch die Welt und kaufte schöne Villen an schönen Seen. Er zog prestigeträchtige Aufträge an Land, wie etwa den Bau des Elbtowers in Hamburg, und ließ sich gerne mit Politiker*innen ablichten – und diese mit ihm. Geld für seine Geschäfte bekam er dabei auch von zahlreichen Landesbanken, darunter die Hessen-Thüringens, die LBBW in Baden-Württemberg und die Bayern-LB. Wie schon vor der letzten Finanzkrise hofften sie, vom großen Reibach der Immobilienkonzerne selbst profitieren zu können. Es ging mal wieder nach hinten los.

Nach der Pleite von Signa steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Landesbanken einen Teil der von ihnen vergebenen Kredite abschreiben müssen, ihr Geld bzw. das der Steuerzahler*innen somit nicht wiedersehen werden. Denn das Geschäft von Benko und der Signa-Holding lief nur gut, solange die Zinsen niedrig waren. Das hat sich durch Corona, den Ukrainekrieg und die steigende Inflation nun aber geändert. Die Zinsen stiegen rasant an, die Baukosten schossen in die Höhe und auf dem Immobilienmarkt ging es plötzlich nicht mehr nur aufwärts, sondern sogar etwas bergab. Das alles führte dazu, dass die Signa-Holding einen Teil ihrer Kredite nicht mehr zurückzahlen konnte. Deshalb nun der Insolvenzantrag in Eigenverwaltung. Die Signa-Holding soll neu strukturiert werden, damit sie ihren Geldgeber*innen möglichst bald wieder Gewinne einbringt.

Enteignet Signa! Entschädigungslos und unter Kontrolle der Beschäftigten!

Die Gewerkschaften und die Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof, die zuletzt noch eine Eckpunktevereinbarung hin zu einem neuen Tarifvertrag inklusive Mini-Inflationsausgleichspauschale ausgehandelt hatten, müssen sich nun unverzüglich auf den Kampf um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze vorbereiten. Dazu ist es dringend erforderlich, dass die Gewerkschaften endlich damit aufhören, verzweifelte Appelle an die Eigentümer*innen und das Management zu richten, die Interessen der Beschäftigten bei diesem Großreinemachen auch zum eigenen Nutzen der Kapitaleigner*innen bitte zu berücksichtigen. Stattdessen müssen sie selbst einen Kampfplan schmieden, der als letzte Konsequenz auch die Forderung nach einer entschädigungslosen Enteignung beinhaltet. Es muss sichergestellt sein, dass niemand der Beschäftigten bei Galeria Karstadt Kaufhof oder einer sonstigen Tochter der Signa seine Arbeit verliert, Einkommenseinbußen erleidet oder unter schlechteren Bedingungen weiterarbeiten muss. Wenn dies nur durch Verstaatlichung möglich ist, muss diese Forderung auf den Tisch und unter Kontrolle der Beschäftigten vollzogen werden. Sie müssen es sein, die darüber entscheiden, wie es für sie weitergeht, und nicht diejenigen, deren einziges Interesse darin besteht, aus Geld mehr Geld zu machen. Deren Vermögen sollte stattdessen für die Sanierung konfisziert werden.

Die Tarifrunden im Groß- und Einzelhandel sowie im öffentlichen Dienst müssen mit Protestaktionen bis hin zu Besetzungen und Streiks der Beschäftigten bei Signa verbunden werden. Auf Belegschaftsversammlungen bei Karstadt-Kaufhof und in allen anderen Betrieben der Holding müssen die nächsten Kampfschritte beschlossen werden, um so die Gewerkschaften zum Handeln zu zwingen.