Österreich ist, was den Klimaschutz betrifft, ein Vorreiterland. Zumindest sagt das Bundeskanzler Nehammer, der wird schon die Wahrheit sagen. Weit vorne, was den EU-Schnitt anbelangt, ist Österreich auf jeden Fall in den Auswirkungen, immerhin ist das globale Ziel von maximal 2 °C Erwärmung hierzulande bereits fast erreicht. Man könnte jetzt annehmen, dass ein derart von der Klimakrise betroffenes Land entschlossen dafür kämpft, sie einzudämmen. Man würde sich leider täuschen. Denn am Klima-freundlichsten war die österreichische Bundespolitik zwischen 1997 und 2000 (da hat der Bundekanzler so geheißen).
Während in der Europäischen Union die Treibhausgasemissionen zumindest formell zurückgegangen sind, sind die österreichischen Emissionen seit den 90er Jahren praktisch stagniert. Österreich hat seine Hausaufgaben also nicht gemacht. So betrugen die Emissionen 1990 noch 79,0 Mio. Tonnen, 2021 waren es nach einigem Auf und Ab immer noch 77,5 Mio. Tonnen. Getan hat sich hier also kaum etwas.
Der deutsche Finanzminister ist der Meinung, dass nicht die Regierung, sondern die Bürger*innen die dort gesetzten Klimaziele nicht einhalten. Wirft man einen Blick auf die Informationskampagnen der österreichischen Bundesregierung, gewinnt man einen ähnlichen Eindruck. Dieselben Energiespartipps, die bereits seit Jahrzehnten durch unterschiedlichste Medien gehen, werden in ein ansehnliches Design verpackt und an die Bevölkerung gesandt. Der Erfolg bleibt eher aus. So haben die vom Klimaministerium produzierten Videos der Reihe „Energiesparen mit Herrn Franz“ zusammengenommen keine 4000 Klicks auf YouTube. Die Individualisierung der Bekämpfung der Klimakrise funktioniert zwar mit Konzepten wie Konsumkritik hin und wieder gut, hier aber nicht.
Wer sich ansehen will, was die einzelnen Staaten innerhalb der EU tun, um die Klimakatastrophe aufzuhalten, hat automatisch eine begrenzte Zahl an Themen zu bearbeiten. Die Staatengemeinschaft selbst setzt nämlich etliche Regeln direkt. So fallen beispielsweise Stromproduktion, energieintensive Industriesektoren und Flüge innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums in das System zum Handel mit Emissionen der Europäischen Union. Eine Reduktion von Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen in der Luft soll also weniger durch geringere Ausstoßmengen gelingen als durch den Ankauf von Zertifikaten. Diese berechtigen zum Ausstoß je einer Tonne Kohlendioxid oder jener Menge eines oder mehrerer anderer Gase, die denselben Treibhauseffekt hat. In der technischen Sprache heißt das CO2-Äquivalent.
Im Zuge der „Ökosozialen“ Steuerreform 2022 wurde ein ähnliches System innerhalb Österreichs eingeführt. Zertifikate gibt es nun während der Einführungs- und Übergangsphase für jedes Jahr zu kaufen, wobei auch nachträgliche Käufe möglich sind. Dieses Jahr liegt der Preis für eine Tonne CO2-Äquivalent bei 35 € und er steigt jährlich an, bis er am Ende der Übergangsphase 2025 bei 55 € liegt. Dann beginnt die Marktphase, für die der Preis erst festgelegt wird. Damit soll klimaschädliches Wirtschaften weniger profitabel werden. Ausgenommen von dem System sind jedoch alle Energieträger, die auch von der Mineralölsteuer befreit sind, also unter anderem Treibstoffe für Schiffe und Flugzeuge.
Der österreichische Staat bearbeitet in seinem Klimaschutzgesetz (KSG), das seit 2011 in Kraft ist und die Bestrebungen bis 2020 geregelt hat, nur die Aspekte, die vom europäischen Emissionshandelssystem nicht betroffen sind. In eigener Aufzählung sind das davon ausgenommene (etwa weil zu kleine) Energie und Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und fluorierte Gase. Davon nehmen Verkehr und Gebäude den weitaus größten Teil ein, weisen also am meisten Potenzial zur Einsparung auf. Maßnahmen in diesen Bereichen sollen dabei helfen, Österreich bis 2030 auf 45% der Emissionen von Treibhausgasen zum Stand von 1990 zu bringen und zehn Jahre später sogar zur Klimaneutralität. Damit hat man sich Vorgaben gesetzt, die sogar deutlich ambitionierter sind als jene der EU. Die plant Klimaneutralität nämlich erst bis 2050. Wirklich effektiv passiert ist da aber noch nicht sonderlich viel.
Die angestrebte Netto-Null bei Treibhausgasemissionen bis 2040 soll dabei helfen, das ohnehin bereits katastrophale Ziel einer durchschnittlichen Erwärmung der Erde um 2°C zu erreichen. Die dafür vorgelegte Strategie ist an sich schon mangelhaft. Ihre, schön gesagt, verhaltene Umsetzung, macht das nicht besser. Aber sehen wir uns doch die einzelnen Teilbereiche an.
Energie & Industrie
In diesem Punkt werden von der Republik Österreich nur jene Betriebe behandelt, die nicht bereits aufgrund hoher Emissionen ins Europäische Emissionshandelssystem fallen. Im Jahr 2020 kamen sie daher auf „nur“ 5,3 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent, also knapp ein Sechstel aller in diesem Bereich tätigen Unternehmen. Die größten Betriebe in den Bereichen Energie und Industrie, also jene, auf die fast ein Drittel der gesamten Emissionen der Republik zurückgeht, fallen anscheinend laut Regierung nicht in ihren Zuständigkeitsbereich. Für sie ist auch im geplanten neuen KSG keine Strategie vorgesehen. Die EU-Kommission wird es wohl schon richten.
Eine Maßnahme, die für den verbliebenen Sektor greift, ist das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Dieses soll durch gezielte Förderung und Strafen bei Nichteinhaltung das tun, was im Namen steht, also erneuerbare Energiegewinnung ausbauen. Auf Platz eins der beabsichtigten Stromgewinnungstechnologien steht hier die Photovoltaik mit dem Ziel, auf einer Million Dächer österreichweit Anlagen zu verbauen. Das ist tatsächlich ein wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit von fossiler Energie, die hierzulande durch bereits relativ gut ausgebaute Infrastruktur auch leichter zu erreichen ist als anderswo. Zu kritisieren bleiben jedoch das Ziel einer marktkonformen und wettbewerbsfähigen Erzeugung von Strom und Gas aus erneuerbaren Energien und jenes der Investitionssicherheit. Aber ein Gesetz im Kapitalismus folgt logischerweise seinen Zwängen.
Jedenfalls ist in diesem Bereich zwar schon eine Menge auf Regierungsebene erarbeitet worden. Diese Arbeit trägt nur keine Früchte. Zwei der wichtigsten Gesetze hier warten nämlich auf ihre Erneuerung: das KSG und das Energieeffizienzgesetz. Die Novellen liegen bereits mehr oder weniger fertig vor, der bürgerliche Apparat hat nur kein Interesse, sie auch zu verabschieden. Das würde immerhin bedeuten, gegen die Interessen der eigenen Leute zu handeln.
Neben dem Parlamentarismus arbeitet hier ein weiterer Bremsklotz, nämlich der Föderalismus. Weil in Österreich die Bundesländer für die Energieversorgung zuständig sind (das zeigt sich etwa daran, dass jedes Land sein eigenes teilstaatliches Energieunternehmen hat), liegt es an ihnen, das geltende Recht umzusetzen. Und nachdem das leider zahnlos ist, können sie sich damit viel Zeit lassen. Und wie das in der bürgerlichen Demokratie so ist, hat die Interessensvertretung der Industrie auch immer ein Wörtchen mitzureden. Und die hat natürlich wenig Interesse daran, wegen langfristig gedachter Ökologie auf schöne Profite zu verzichten.
Verkehr
Die Ebene des Verkehrs ist mit über 20 Millionen Tonnen der gewichtigste Teil der auf nationaler Ebene zu regelnden Emissionen. Obwohl hier gewaltiges CO2-Einsparungspotential herrscht, tut sich quasi nichts. Im Jahr 2020 konnten die Zielvorgaben hauptsächlich deswegen eingehalten werden, weil durch die Lockdowns schlicht weniger Personen unterwegs waren. Ansonsten sind in hier über die letzten Jahre absolut keine nachhaltigen Änderungen nach unten zu verzeichnen.
Dieser Bereich ist wohl auch der am stärksten ideologisch aufgeladene in der gesamten Klimagerechtigkeitsfrage. Nachdem die bürgerliche Ideologie über Jahrzehnte die Traumvorstellung von Einfamilienhaus und 1-2 PKWs in den Köpfen der Menschen verankert hat, versucht nun eine angeblich wild gewordene Minderheit den guten Europäer*innen ihr Auto zu entreißen. Zumindest so ähnlich liest sich die Diskussion zum Thema Verkehr und Mobilität, auch aus dem Mund des wichtigsten bürgerlichen Sprachrohrs der Republik selbst, des Bundeskanzlers.
Dieser schiebt die hohen Emissionszahlen zum Teil darauf, dass Personen aus anderen (EU-)Ländern nach Österreich tanken kommen. Das mag durchaus stimmen und passt auch gut in die Rhetorik der ÖVP, alles Unangenehme auf Menschen jenseits der Staatsgrenzen zu schieben. Tatsächlich ist das einerseits keine ausreichende Begründung für die nicht fallenden Emissionszahlen. Andererseits verursachen etwa öffentliche Förderungen wie das Dieselprivileg solches Verhalten direkt. Es zahlen also die Arbeiter*innen in Österreich für den billigen Treibstoff, ob sie ein Auto besitzen oder nicht.
Einer der wenigen konkreten Versuche den Individualverkehr zu erhöhen ist das Klimaticket. Damit kann man ein Jahr lang alle öffentlichen Verkehrsmittel in Österreich benutzen. Doch es hat aktuell 2 Probleme. Auf der einen Seite ist der Preis mit 1095 € alles andere als billig. Das zeigt sich auch darin, dass sich zwischen seiner Einführung im Oktober 2021 und Anfang dieses Jahres 208.000 Menschen das Klimaticket gekauft haben – etwas mehr als 2 Prozent der österreichischen Bevölkerung. Auf der anderen Seite löst das Klimaticket an sich noch nicht die Problematik des schlecht ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetzes.
Während sich alle Personen, die sich mehr als eine Stunde objektiv mit der Thematik von zukunftstauglicher Mobilität beschäftigen, für einen massiven Ausbau nachhaltig betriebenen öffentlichen Verkehrs einsetzen, verspricht die herrschende Politik das Gegenteil. Solange aus der EU kein Aus für den Verbrennungsmotor kommt, behält er in Österreich absoluten Vorrang. Und gegen jede Änderung an diesem Status wird man sich zumindest gemeinsam mit der Bundesrepublik Deutschland stellen – und war damit bereits erfolgreich. Dort wäre immerhin eine riesige und mächtige Automobilindustrie bedroht. Die hat in ihrem derzeitigen Zustand immerhin gar nichts von einem kostenfreien öffentlichen Verkehr für alle. Den brauchen wir aber.
Besonders in ländlichen Regionen müssten für eine solche wirklich klimagerechte Mobilität enorme Investitionen getätigt werden. Immerhin wurde hier konsequent öffentlicher Verkehr reduziert, was die Bevölkerung noch mehr an den motorisierten Individualverkehr zu bindet. Stattdessen sucht man die Zukunft in e-Fuels oder Wasserstoff als Treibstoff. Beide Technologien sind ineffizient und sollten nur dort Vorrang erhalten, wo es sonst wirklich keine Alternativen gibt. Der Energieaufwand zur Erzeugung ist (aktuell) viel zu hoch und die möglichen Produktionsmengen belaufen sich nicht einmal ansatzweise auf ein Maß, das für den Individualverkehr ausreichen würde. Abgesehen davon soll die Produktion der Kraftstoffe auf andere Kontinente ausgelagert werden, wo Land und Arbeitskräfte billiger sind. Der gute alte Kolonialismus meldet sich also auch zu Wort. In diesem Punkt ähneln diese „alternativen“ Verbrennungstechnologien elektrisch betriebenen Autos. Diese brauchen zwar insgesamt deutlich weniger Strom, um einen Kilometer zurückzulegen, sind aber durch andere Probleme wie Batterieproduktion, Feinstaubbelastung und weiterhin absurden Platzverbrauch immer noch Lichtjahre von wirklich ökologischer Mobilität entfernt.
Landwirtschaft
Die Treibhausgas-Emissionen in der Landwirtschaft lagen 2020 nur leicht unter denen von 2005. Die wesentlichen Reduktionen fanden in den 1990ern statt.
Mit knapp der Hälfte aller Emissionen in der Landwirtschaft stammt der allergrößte Bereich aus der Verdauung in Tiermägen, wofür zu 94 % Rindermägen verantwortlich sind. Ein Viertel der Emissionen geht auf die Düngung landwirtschaftlicher Böden zurück, dazu noch einmal 14 % für Wirtschaftsdünger-Management (Stall, Hof und Lagerung von Wirtschaftsdüngern).
Während der Rinderbestand seit den 1990er-Jahren deutlich abgenommen hat (-28,2 %), steigt die Milchleistung von Milchkühen kontinuierlich an und damit der Methan-Ausstoß pro Milchkuh.
Offensichtlich muss politisch am Konsum von Fleisch- und Milchprodukten gearbeitet werden. Gesunde und proteinhaltige Alternativen sind immer noch zu wenig im Angebot. Außerdem braucht es eine Ökologisierung der Landwirtschaft, die weit weniger auf Düngemitteln basiert. Das ist auch eine Thema für die Förderungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU.
Im Plan, den das vielleicht irgendwann kommende KSG zeichnet, ist in diesem Bereich auch nicht viel Änderung vorgesehen. Vielmehr soll hier stark mit Senken entgegengearbeitet werden. Die bürgerliche Regierung zeigt also auch wenig Interesse daran, an der herrschenden Landwirtschaft etwas zu ändern. Da kann sie Umwelt und Natur noch so stark ausbeuten, für das (regionale) Fleisch am täglichen Teller kann die Lebensgrundlage schon geopfert werden.
Gebäude
Großes Einsparungspotenzial besteht außerdem beim Heizen von Gebäuden. Allein ein Blick nach Wien zeigt die enorme Abhängigkeit von Erdgas. Hier soll das Erneuerbare-Wärme-Gesetz den Weg in Richtung Klimaneutralität vorgeben. Ohnehin bereits verboten ist die Installation von kohle- oder ölbetriebenen Heizungsanlagen in Neubauten (Ölkesseleinbauverbotsgesetz), jetzt sollen sie in den nächsten zwölf Jahren komplett ausgetauscht werden. Für Wärme aus Gas haben die Besitzenden ganze fünf Jahre mehr Zeit.
Das Gesetz sieht auch seit Jänner dieses Jahres ein Verbot für den neuen Einbau von Gasthermen vor. Nur leider liegt es seit mehreren Monaten im zuständigen Ausschuss des Nationalrats, besitzt also zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Gültigkeit. Das ist das eine Problem. Das andere liegt darin, dass im gesamten Gesetz keine Regelung dafür vorkommt, was passiert, wenn ein*e Eigentümer*in einfach trotzdem weiterhin mit fossilen Energieträgern heizt. (Wahrscheinlich wird das mit der Infrastruktur spätestens ab 2040 schwierig, aber selbst da können wir uns nicht sicher sein).
Nicht betroffen von dem Gesetz sind Heizungsanlagen, die mit „erneuerbaren Gasen“ betrieben werden. Darunter fallen Biomethan, sogenannter grüner Wasserstoff und synthetisches Gas aus erneuerbaren Energiequellen. Gerade letztere beiden haben wieder dieselben Probleme wie im motorisierten Verkehr.
Österreich stellt für den Umstieg der Heizsysteme bis 2025 eine Förderung im Ausmaß von 1,9 Mrd. Euro bereit. Doch die Frage bleibt bestehen, wie man den Umstieg tatsächlich forcieren kann. Und abseits davon ist weiterhin unklar, wie die thermische Sanierung der Gebäude vorangebracht werden kann.
Kürzlich hat sich das EU-Parlament eine Verschärfung der Gebäudeeffizienzrichtlinie beschlossen, eine Verschärfung gegenüber den Vorgaben der Kommission. Neubauten sollen ab 2028 emissionsfrei sein. Gebäude mit niedriger Energieeffizienz sollen renoviert werden, bis 2030 mindestens Energieeffizienzklasse E und bis 2033 Klasse D (Klassen von A-G). Das betrifft in der EU etwa 15 % der Gebäude. Das Klimaschutzministerium geht von 300.000 Gebäuden aus, die saniert werden müssten. Allerdings könnte gut ein Viertel der 1,9 Mio. Gebäude in Privatbesitz betroffen sein.
Klimaschutzgesetz
Als Schirm über all den Bereichen schwebt das novellierte Klimaschutzgesetz, das als Entwurf eigentlich schon seit zwei Jahren vorliegt, den Weg in den Nationalrat aber immer noch nicht geschafft hat. Das ist besonders spannend, weil das Gesetz in seiner (noch) aktuellen Fassung nur bis 2020 vorgesehen war. Österreich hat also seit über zwei Jahren kein gültiges allgemeines Gesetz, das Maßnahmen zum Klimaschutz regelt. Aber was würde da denn überhaupt drinstehen?
Die in der Steuerreform eingeführten Emissionszertifikate würden durch ein jährliches Budget für Treibhausgase erweitert. Wenn das aus welchen Gründen auch immer nicht eingehalten wird, muss aber nicht konkret eine schuldige Person ausgemacht werden, denn dann zahlen Bund und Länder in einen Zukunftsinvestitionsfonds. Der soll dann genutzt werden, um weitere Maßnahmen zu finanzieren.
Außerdem soll laut dem Gesetz, wenn schon während des Jahres klar wird, dass ein Teilbereich sein Budget überschreiten wird, ein Klimakabinett zusammentreten. Das wird dann aus Regierungsvertreter*innen zusammengesetzt und berät gemeinsam mit Expert*innen über Sofortmaßnahmen. Und wenn die dann auch nicht ausreichen, darf die Bevölkerung zahlen. In dem Fall werden nämlich alle Steuern auf fossile Energieträger um die Hälfte erhöht. Was als letztes Mittel zur Durchsetzung von Klimazielen präsentiert wird, darf bei der Effizienz, in der zuständige Regierungsgremien gegen die Klimakrise vorgehen, als der erwartbare Weg eingeschätzt werden.
Die Perspektive dieses novellierten KSG ist wohlgemerkt nicht das Ende von Treibhausgasemissionen, sondern nur die Netto-Null von Betrieben, die nicht unter den EU-Emissionshandel fallen. Das bedeutet also auch, dass dauerhaft mit Maßnahmen wie Kohlenstoffspeicherung in sogenannten Senken gearbeitet wird. Das sind einfach Ökosysteme, die mehr Kohlendioxid aufnehmen als sie abgeben, zum Beispiel Wälder oder Moore. Diese gilt es natürlich zu erhalten oder auszubauen (Stichwort Aufforstung), wofür erneut die Strategie fehlt.
Ausblick
Die Grüne Partei ist mit dem Versprechen wesentlicher Fortschritte im Bereich Klimaschutz in die Regierung eingetreten. Es ist nicht verwunderlich, dass ihre Reformbemühungen als Teil einer bürgerlichen Regierung an ihre Grenzen stoßen. Die kapitalistische Wirtschaftslogik mit Konkurrenz, Profitinteresse und Markt-Anarchie setzt einem raschen Umbau der fossil basierten Ökonomie klare Grenzen. Hinzu kommen staatliche Einschränkung wie der Föderalismus. Letztlich sind es aber die Interessen des österreichischen Kapitals, welche in der Regierung vor allem durch die ÖVP repräsentiert sind, die den notwendigen radikalen Maßnahmen entgegen stehen. Die Konservativen blockieren selbst die nötigsten Gesetzgebungen wie die Novellierung des Klimaschutzgesetzes und üben sich in Klimawandel-Relativismus und Demagogie gegen Aktivist*innen.
Die Klimagerechtigkeitsbewegung, in Österreich unter anderem repräsentiert durch Erde brennt, Fridays for Future, System Change not Climate Change und Letzte Generation, hat richtig erkannt, dass keine der etablierten Parteien für einen konsequenten Klimaschutz einsteht. Dennoch ist die Bewegung weiterhin gespalten in einen moderaten Flügel, welcher sich ernsthafte Fortschritte durch aktivistischen Druck auf die Regierung verspricht, und einen radikalen, welcher das kapitalistische System zumindest ansatzweise in Frage stellt. Ihnen beiden ist gemeinsam, dass sie in ihren Aktionen auf radikale Formen wie Besetzungen und Blockaden setzen. Diese Art von zivilem Ungehorsam ist sicherlich ein Schritt hinaus über die Strategie von Fridays for Future, die allein auf (durchaus extrem wichtige) Demonstrationen gesetzt haben, aber nicht durch Radikalität abschrecken wollten. Dadurch konnten sie keinen realen Druck erzeugen. Der Schlüssel für die Bewegung liegt in massenhaften Aktionen, die Druck erzeugen, und zwar dort wo es weh tut. Die Klimabewegung muss sich auf die Arbeiter*innenklasse orientieren, insbesondere ihren organisierten Teil in den Gewerkschaften, und diese für den Kampf um das Klima gewinnen.
Die Konsequenzen der Klimakatastrophe werden in Österreich immer spürbarer. Das macht einen gewaltigen Eindruck auf das Bewusstsein der Massen. Zwischen Ignoranz und Resignation liegt ein Potential für Aufruhr. Dafür braucht es allerdings eine politische Perspektive und die Organisierung der Massen zur Aktion. Mehr dazu im Artikel zur Klimabewegung in Österreich aus derselben Ausgabe der Flammenden.