Österreich und der Ukraine-Krieg

Angesichts des Einmarsches der russischen Armee in die Ukraine ändern sich die politischen Kräfteverhältnisse schlagartig. Unter dem Deckmantel des Friedens oder der legitimen Verteidigung dominieren wieder nationalistische und militaristische Stimmen die öffentliche Debatte. Wo man hinsieht werden Sanktionen gegen Russland verhängt, Aufrüstung beschlossen und eine Stärkung der NATO verlangt. In diesem Kriegstaumel stellen sich Revolutionär*innen gegen den Strom und sagen mit den Worten von Karl Liebknecht: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ Aber gilt das auch für Österreich?

Die Antwort ist ja. Österreich ist zwar ein kleines, offiziell neutrales Land, das nicht kriegerisch in der Ukraine beteiligt ist. Aber es ist trotzdem ein imperialistisches Land in einem großen europäischen imperialistischen Block und speziell an der finanzkapitalistischen Ausbeutung Osteuropas beteiligt. In diesem Sinn fügt sich unsere Regierung auch in politische Stoßrichtung der Europäischen Union gegenüber Ukraine und Russland ein. Und in der politischen Debatte in Österreich ist mit dem Krieg einiges in Bewegung geraten.

Zunächst hat die österreichische Regierung innerhalb der Europäischen Union die scharfen Sanktionen gegen Russland mitgetragen. Zwar existieren über OMV und Raiffeisen durchaus wichtige wirtschaftliche Verflechtungen mit Russland, aber im Vergleich zu jenen mit der EU haben sie wenig Bedeutung für Österreich. Zumindest solange weiterhin Gas geliefert wird. Die Sanktionen heizen die Eskalation jedoch weiter an und Putin bezeichnet sie nicht ganz ungerechtfertigt als wirtschaftlichen Krieg. Somit kann man Österreich durchaus zu den Kriegstreibern rechnen.

So und nicht anders muss man auch die jüngste Vorstöße auf eine Aufgabe der Neutralität und einen Beitritt zur NATO bewerten. Das und die Mitarbeit in einer europäischen Armee hat der ehemalige ÖVP-Nationalratsabgeordnete Andreas Kohl angeregt. Das Thema wurde dann sogleich von den NEOS, die sich seit jeher militärisch in den imperialistischen Block einreihen wollen, aufgegriffen und weiter getragen. Kanzler und ÖVP-Chef Nehammer hat sich zwar anschließend für die Neutralität ausgesprochen und die Debatte beendet erklärt, aber wenig später folgte die Verlautbarung einer vorgeblich neutralitätskonformen Beteiligung an einer europäischen Eingreiftruppe. Dabei ist diese Truppe kein unbedeutendes, kleines Kriseninterventionsteam, sondern laut der deutschen Verteidigungsminsterin das „militärische Herzstück“ der neuen EU-Sicherheitsstrategie.

Unabhängig davon, aber die Angst angesichts des Krieges nutzend, möchte Nehammer nun die Militärausgaben von 0,6 % des BIP auf 1 % anheben. Das bedeutet eine Steigerung von 2,7 auf 4,3 Mrd. Euro. Das Schlimmste daran ist, dass die SPÖ dieses Vorhaben nicht nur mitträgt, sondern sich sogar zu dessen Vorkämpferin gemacht hatte und behauptete, in punkto Landesverteidigung in den letzten vier Jahrzehnten Fehler gemacht zu haben. Ihr Wehrsprecher Robert Laimer argumentierte das mit dem frommen Wunsch, dass die militärische Landesverteidigung nicht gegen soziale Sicherheit ausgespielt werden dürfe. Damit demonstriert er nicht nur seine Realitätsverweigerung gegenüber gegensätzlichen politischen Interessen, sondern auch die Haltung der Sozialdemokratie in der Frage einer Stärkung des Gewaltapparats des kapitalistischen Staats gegenüber den Lohnabhängigen.

Was können Sozialist*innen in Österreich also tun? Zunächst verhindern, dass die österreichische Kapitalist*innenklasse ihre Herrschaft angesichts der Eskalation ausbaut, ihre ökonomischen Interessen in der Ukraine im Gleichschritt mit der EU mit schärferen Mitteln verteidigt und damit zur Gefahr eines größeren Krieges beiträgt. Sie müssen gemeinsam mit Sozialist*innen im Westen und Osten für den Aufbau einer internationalen Bewegung gegen den Krieg arbeiten. Die entsprechenden Forderungen einer solchen Bewegung in Österreich könnten lauten:

  • Schluss mit Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die nur eine größere kriegerische Eskalation vorbereiten und in erster Linie die Bevölkerung treffen!
  • Keine Aufrüstung in Österreich! Keinen Cent für das Bundesheer! Wir brauchen Geld für Soziales, nicht für das Militär!
  • Österreich darf nicht Teil des imperialistischen Militärbündnisses NATO werden oder den Aufbau einer europäischen Armee unterstützen! Nein zur Beteiligung an der neuen europäischen Eingreiftruppe!