Stadtstraße: Wie weiter für die Verkehrswende?

Besetzung Hirschstetten. foto. Philippa Kaufmann

Die Ereignisse rund um die Besetzung in Hirschstetten überschlugen sich in den letzten Wochen. Zuerst wurde der Stopp des Lobautunnels vom Umweltministerium verkündet. Dann wurden Aktivist*innen der Bewegung mit Klagen von der Stadt Wien bedroht. Und kurz vor Neujahr wurde eine Hütte, in der sich Besetzer*innen befanden, in Brand gesteckt. Zum Glück wurde niemand verletzt, aber die Bewegung steht von mehreren Seiten aus unter Beschuss und die lange Besetzung, nun im Winter, zehrt an Kräften.  Es macht Sinn sich strategisch zu überlegen, wie man mit diesen Angriffen umgeht, sie kontert und vor allem darüber nicht an Schwung verliert.

Protest in der Sackgasse?

Das vermutlich größte Problem der Klimabewegung in Österreich momentan ist, dass zwar mit der Besetzung und der medialen Kampagne drum herum ordentlich Druck erzeugt wurde, aber darüber hinaus keine starke Bewegung mobilisiert werden konnte. Die Besetzung selbst ist zunehmend isoliert und es wird wegen Kälte, Dauer und Repression immer schwieriger. Die Probleme haben ihren Ursprung zum Teil in den Klimaorganisationen, zum Teil aber sicher auch an der zaghaften Wiener Linken. Erstere verstehen es nicht genug über das jetzige kapitalistische System hinauszuschauen und weigern sich aus Angst Anschlussfähigkeit zu verlieren vor einer offenen Zusammenarbeit mit linkeren politischen Gruppen. Andererseits misst die radikalere Linke dem Protest zu wenig Bedeutung zu und verpasst es die Bewegung ausreichend zu unterstützen und die strategische Auseinandersetzung zu bereichern. So verharrt der Protest in einer prekären Situation, in der sich alles an der Aufrechterhaltung der Besetzung aufzuhängen scheint.

In die Breite gehen

Die Besetzung ist auch weiterhin eine legitime Strategie und hat mediale Aufmerksamkeit und Konfrontation mit der Stadtregierung ermöglicht.   Aber sie ist nicht das Mittel mit dem der Kampf gewonnen werden wird, dazu ist sie zu schwach – wenn sie nicht zusammenbricht wird bald geräumt werden. Deshalb muss das nächste Ziel sein, die Isolierung zu überwinden und so wieder an Kampfkraft zu gewinnen. Das könnte über erneute punktuelle, breite Mobilisierungen passieren, da sie niederschwellige Beteiligungsmöglichkeiten bieten als eine Besetzung in der Donaustadt. Dafür ist es wichtig, die politischen Gruppen, die sich bereits solidarisch erklären (zum Beispiel die sozialdemokratischen Jugendorganisationen) auch stärker in die Verantwortung zu ziehen und einzubeziehen. Die drohenden Klagen bzw. deren Abwehr bietet dazu gute Gelegenheit. Ein geeignetes Mittel dafür wäre ein Art Strategiekonferenz, wo solidarische Gruppen gezielt eingeladen werden und auch eine genaue Erhebung über Ressourcen und mögliche Perspektiven stattfindet.

Widersprüche zuspitzen

Aber auch eine breitere Bewegung mit erneuten Demonstrationen oder stärkeren Aktionen des zivilen Ungehorsams wird nicht ausreichen um den Betonschädel der Stadtregierung zu knacken. Es lohnt sich ein Blick in diesen Schädel selbst. In der Sozialdemokratie selbst ist das Festhalten an der Stadtstraße nicht ganz unumstritten. Allen voran die Jugendorganisation haben sich gegen die Straßenbauprojekte gestellt, zuletzt etwa die Vorsitzende der Jungen Generation. Wenn es gelingt die Widersprüche innerhalb der Sozialdemokratie zuzuspitzen, dann könnte das Parteischiff ins Schwanken geraten. Dafür müssten die abweichenden Sozialdemokrat*innen aber ihre politische Verantwortung wahrnehmen und offen gegen den Bürgermeister in Aktion treten. Im Einbeziehen dieser Kräfte (bzw. im Aufbau des dafür erforderlichen Drucks) über eine Strategiekonferenz zum Aufbau von Breite, schließt sich der Kreis zu einer Strategie. Soweit unser Vorschlag, den wir allen Aktivist*innen zur Diskussion stellen. Unabhängig von Sieg oder Niederlage gegen das Projekt Stadtstraße – der Kampf für eine gerechte Verkehrswende, die Zusammenarbeit linker und umweltpolitischer Organisationen und das Streben hin zu einer besseren Gesellschaft muss weitergehen!