Nach dem jüngsten Wahlsieg der KPÖ in Graz steht nun die linke Koalition gemeinsam mit Grünen und SPÖ. Die Stadtregierung wurde am 17. November angelobt und Elke Kahr zur Bürgermeisterin gewählt. Das Arbeitsprogramm der Linkskoalition trägt den Titel „Gemeinsam für ein neues Graz. Sozial. Klimafreundlich. Demokratisch.“ Viele linke Kräfte in Österreich sehen in der Arbeit der KPÖ Graz nun ein mögliches Erfolgsmodell. Denn nicht nur der Wahlkampf war erfolgreich, der Koalitionspakt lässt auch einige Verbesserungen erhoffen. Es zeigt sich allerdings ebenfalls, dass diese Linksregierung keine Ansätze für radikale Veränderungen in Planung hat.
Regierungsprogramm
Das Arbeitsprogramm der neuen Grazer Stadtregierung liest sich eingangs durchaus positiv. So stellt sie sich in die Tradition des Antifaschismus, der Friedensbewegung, der Frauenbewegung und der Umweltbewegung. Außerdem wird die Klimakrise als eine zentrale Herausforderung unserer Zeit bezeichnet. Das zeigt klar, wo sich die drei Parteien mit ihrer gemeinsamen Arbeit verorten – weitere Bezüge auf eine Bewegung, eine wirkliche Einbindung der Bevölkerung oder gar eine Ermächtigung der Lohnabhängigen fehlen allerdings.
Für einen Eindruck vom Arbeitsprogramm der Koalition seien an dieser Stelle ein paar der 21 Schwerpunktprojekte genannt: An erster Stelle wird die Realisierung der Süd-West-Strecke genannt, eine Straßenbahnverbindung, die schon vor zwei Jahren im Grazer Gemeinderat beschlossen wurde. An zweiter Stelle steht da die Schaffung leistbaren Wohnraums durch den Bau neuer Gemeindewohnungen, aber leider nicht wie viele. An dritter Stelle kommt „jeden Tag einen Baum pflanzen“. Weitere nennenswerte Punkte sind die Reduktion der Kinderbetreuungsbeiträge, die Erhöhung des Zuschusses zur Jahreskarte Graz und zum Klimaticket Steiermark, ein Fahrrad für jedes Kind oder die Ausrichtung der Wirtschaftsförderung nach sozialen, regionalen und ökologischen Kriterien. Und – abseits von diesen Schwerpunkten – das Bekenntnis zu einem ausgeglichenen Budget.
Brisanz „Haus Graz“
Ein zentrales Anliegen im Wahlprogramm der KPÖ Graz war die „Wiedereingliederung aller ausgelagerten Betriebe in das Eigentum der Stadt und Rückführung der Grazer Linien in einen städtischen Eigenbetrieb“. Dabei ging es insbesondere um das „Haus Graz“, also um die direkten und indirekten Beteiligungen der Stadt, denn die Ausgliederungen brächten keine Einsparungen und der Gemeinderat habe keine Entscheidungsbefugnis über Leistungen, Tarife und Personalpolitik mehr. Nach der Wahl war das Thema schnell vom Tisch. Laut KP-Klubobmann Manfred Eber habe man sich das genauer angesehen und festgestellt, dass man bei einer Rekommunalisierung unter den Abteilungen keine Gegenrechnungen mehr machen könnte und man Körperschaftssteuer zahlen müsse. Das würde Belastungen in der Höhe von einem bis zu zweistelligen Millionenbetrag jährlich bedeuten. Stattdessen findet sich im Koalitionspakt nur noch die Sicherstellung von Plätzen in den Aufsichtsräten für alle im Stadtsenat (= Proporzregierung) vertretenen Parteien. Das Argument ist schwer nachvollziehbar, immerhin müssten sich über Zusammenführungen und die Abschaffung von teuren Managergehältern deutliche Einsparungen bewirken lassen. Und wenn nicht könnte man es sich oder den Reichen ruhig auch ein bisschen Kosten lassen. Denn die Überführung von zentralen Unternehmen in öffentliches Eigentum ist wohl das wichtigste Anliegen kommunistischer Politik, weil es den Weg aus der Profitlogik ebnet und demokratische Kontrolle bis zur Verwaltung durch die Arbeiter*innen selbst ermöglicht und damit die Durchsetzung der Interessen jener, welche die notwendige Arbeit in unserer Gesellschaft leisten.
Kommunismus und Kommunalregierung
Überhaupt zeichnet sich die Linkskoalition nicht gerade durch eine Konfrontation mit dem Kapital aus. In einem Bündnis mit den Grünen und der Sozialdemokratie ist das auch nur schwer vorstellbar. Zugegeben, die Möglichkeiten einer Stadtregierung hierfür sind durchaus begrenzt und die Stimmung der Massen ist nicht unbedingt revolutionär. Aber trotzdem wäre es die Aufgabe einer linken Regierung unter Führung von Kommunist*innen in Worten und Taten die Widersprüche zwischen den Klassen für alle sichtbar zu machen und zuzuspitzen. Als Stoßrichtung wäre es ratsam, sich die Worte der Kommunistischen Internationale von 1920 aus den Leitsätzen über die kommunistischen Parteien und den Parlamentarismus in Erinnerung zu rufen. Dort heißt es unter anderem, dass Kommunist*innen die „Mehrheit in Kommunaleinrichtungen nutzen sollen, um revolutionäre Opposition gegen die bürgerliche Zentralgewalt“ zu treiben, „die Schranken (zu) zeigen, die die bürgerliche Staatsgewalt wirklich großen Veränderungen entgegen setzt“ und „auf dieser Grundlage schärfste revolutionäre Propaganda (zu) entwickeln“. Statt sich aber darauf zu konzentrieren, betont die KPÖ lieber die Arbeit auf Augenhöhe selbst mit den reaktionären bürgerlichen Kräften ÖVP und FPÖ. Wenn sie sich nicht auf die Enge des Stadtbudgets einschränken würde, könnte sie weitreichende Sozialmaßnahmen einleiten und einen politischen Kampf um deren Finanzierung führen. Und zumindest über die Rekommunalisierung könnte sie mit demokratischen Kontrollmechanismen in den Betrieben gewisse Möglichkeiten zur Ermächtigung der arbeitenden Menschen aufzeigen. Im Gegensatz dazu ist lediglich der Aussage des Klubobmanns der SPÖ-Graz beizupflichten, dass der Regierungspakt sehr viele sozialdemokratische Themen beinhalte.