Die Steuerreform, also die Entlastung der Reichsten, ist das Herzstück jeder bürgerlichen Koalition. Hier ernten die Großspender*innen, was sie gesät haben. Bei Türkis-Grün ist das nicht anders, da wird sogar „Geschichte geschrieben“ (Sigi Maurer).
Das Problem ist nur: Auch rechte Regierungen wollen gewählt werden und gefälschte Umfragen dürften jetzt erst einmal aus der Mode sein. Deshalb wird eine künftige Steuerreform als ausgeglichen dargestellt oder soll sogar (angeblich) den Geringverdiener*innen zugute kommen. Besonders, wenn man sie wie Kurz und Kogler, in Eile vor einer Regierungskrise präsentiert, sozusagen als Besänftigung.
Dieses Jahr machen die Zuckerln für die Arbeiter*innenklasse aber besonders wenig und die Steuergeschenke an die Reichsten besonders viel aus. Die Steuerreform bringt zusätzliche Belastungen für Arbeiter*innen und Milliardengeschenke an Konzerne und Konzerneigentümer*innen. Auch die Entlastungen bei der Einkommenssteuer sind Klientelpolitik, sie kommen den Stammwähler*innen von Türkis und Grün, den besserverdienenden 60 %, zugute.
Die Steuerreform 2020 besteht im Kern aus der Einführung einer CO2-Abgabe, einer Senkung der Einkommenssteuer ab € 18.000 und einer Senkung der Körperschaftssteuer für Unternehmen.
CO2-Abgabe, aber nicht für Unternehmen
Die CO2-Abgabe folgt dem internationalen Konsens, dass der globale CO2-Ausstoß gesenkt werden sollte: CO2 intensive Aktivitäten sollen besteuert werden und damit unattraktiv gemacht werden..
Das würde theoretisch vor allem große Industrieunternehmen betreffen, und das macht ja auch Sinn: Nur 100 Konzerne verursachen 71 % der weltweiten Treibhausgasemissionen. Industrieunternehmen verkaufen vor allem an andere Unternehmen, es ist für sie schwierig Steuererhöhungen direkt an Konsument*innen weiterzugeben. In der Logik von ÖVP und Grünen sollen aber in Wirklichkeit Arbeiter*innen die CO2-Steuer bezahlen. Das macht auch Sinn, schließlich sind große Industrieunternehmen die ökonomische Basis der ÖVP.
Die Lösung dafür ist durchschaubar, aber effektiv: Der CO2-Preis wird sehr niedrig angesetzt und für besonders energieintensive Unternehmen gibt es Ausnahmeregeln. In anderen Worten: In Österreich gibt es jetzt eine CO2-Steuer, die muss man aber nicht zahlen, wenn man reich ist.
Einkommenssteuer-Reform
Umverteilung findet in Österreich fast nur über das Steuersystem statt. Rund 80 % der Steuern in Österreich bezahlen Arbeiter*innen und Pensionist*innen. Und davon ist die Lohn- und Einkommenssteuer der größte Batzen, ein Drittel vom gesamten Steueraufkommen. Das bedeutet übrigens auch: Umverteilung ist in Österreich vor allem Umverteilung innerhalb der Arbeiter*innenklasse. Die wichtige Ausnahme sind Unternehmenssubventionen, die sind Umverteilung von unserer Klasse hin zu den Kapitalist*innen.
Die Einkommenssteuer wird jetzt für die Steuerstufen 2 und 3 gesenkt, also für Menschen die mehr als 18.000 Euro im Jahr verdienen. Die 45 %, deren Einkommen darunter liegt, gehen leer aus. Aber: Von der Steuersenkung ist nicht nur die „Einkommensmitte“ betroffen, sondern alle Menschen, die mehr verdienen. Man hätte also ehrlicher sagen müssen: Die Regierung senkt die Steuern für alle, außer denen die weniger als 1.500 im Monat verdienen.
Körperschaftssteuer
Die Körperschaftssteuer ist eine Art Einkommenssteuer auf Unternehmensgewinne. Sie wird erhoben, weil Firmen juristische Personen sind, aber auch weil sonst findige Unternehmensbesitzer*innen ihre Gewinne nicht ausschütten (dann müssten sie nämlich Einkommenssteuer zahlen), sondern in den Unternehmen als Rücklage parken würden. Es ist also eine Steuer, die fast nur Kapitalist*innen bezahlen.
Deshalb wollte schon schwarz-blau sie von 25 % auf 21 % senken. Das ist nicht passiert, aber zum Glück gibt es die Grünen, mit denen die Steuer von 25 % auf 23 % gesenkt wird. Diese Steuererleichterung kommt, das hat die AK Wien ausgerechnet, nur den reichsten 10 % zugute. Das bedeutet zum Beispiel, dass die OMV 13 Millionen Euro weniger Steuern bezahlen muss.
Wiedergutmachung?
Auch bürgerliche Regierungen wollen gewählt werden und Arbeitende und Erwerbslose stellen immer noch die Mehrheit der wahlberechtigten Bevölkerung,obwohl die Konservativen das gern ändern wollen, mit rassistischem Ausschluss und sinkender Wahlbeteiligung der Geringverdienenden.
Das heißt zur klassischen Aufgabe des Staates als „ideellem Gesamtkapitalisten“, nämlich den Kapitalist*innen nicht zu erlauben die Arbeiter*innen gar so herzurichten, dass sie gar nimmer arbeiten können, kommt noch eine Herausforderung dazu. Nämlich Regierung und Gesetze schon straff an den Interessen der Reichsten auszurichten, aber gleichzeitig die ideologische Illusion am Leben zu erhalten, dass wir alle im selben rot-weiß-roten Boot sitzen.
Die Gegengeschäfte fallen dieses Mal aber mager aus: Die Negativsteuer wird um 100 Euro erhöht, ein Ökobonus zwischen 100 und 200 Euro im Jahr für alle eingeführt (der für Wiener*innen am geringsten ist) und die Beiträge zur Krankenversicherung für Geringverdiener*innen werden gesenkt. Die KV-Beiträge werden dann übrigens durch Steuergeld ersetzt, das wiederum zu 80 % Arbeiter*innen von Lohn und Konsum abgezogen wird, aber das hatten wir schon.
Die Steuerreform ist eine reaktionäre, bügerlichere Umverteilungsaktion zugunsten der Kapitalist*innen, mit ein paar Krümeln für besser verdienende Arbeiter*innen und Krümel-Resterln für wenige Geringverdiener*innen.