Streik im Kindergarten: Bessere Arbeitsbedingungen = bessere Zukunft für Kinder

12.10. bei der öffentlichen Betriebsversammlung

Am Dienstag den 12.10. sammeln sich tausende Erwachsene und Kinder im Votivpark. Es handelt sich hierbei nicht um einen Klassenausflug oder eine große Familienfeier. Nein, heute stehen die Menschen hier auf der Straße, um für bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Die Elementarpädagog*innen der privaten Kindergärten und Horteinrichtungen streiken für mehr Lohn, mehr Anerkennung und mehr staatliche Ausgaben für diesen Bildungsbereich. Weitergeführt soll der Streik werden, wenn den Forderungen nicht nachgekommen wird und bereits am Donnerstag demonstrierten auch die öffentlichen Kindergärten für dieseleben anliegen.

Forderungen

Grundsätzlich sind die Forderungen recht einleuchtend. Es werden vorwiegend ein besserer Betreuungsschlüssel gefordert, um mehr Zeit zu haben auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen. Momentan ist ein*e Pädagog*in für 25 Kinder zuständig. Das soll schrittweise auf ein Verhältnis 8:1 herunterverhandelt werden. Dafür braucht es aber natürlich auch eine bessere Finanzierung (es wird eine Ausgabe von 1% des BIP für Elementarpädagogik gefordert) und mehr Fachpersonal, das sich um spezielle Anforderungen der Kinder kümmern kann (z.B. Psycholog*innen oder Logopäd*innen).

Eines der größten Probleme bei der Erreichung dieser Forderungen wird auch ganz klar von den Beschäftigten benannt: „Wir wollen gesellschaftliche Anerkennung für das was wir tun, die sich auch im Lohn niederschlägt!“. Nicht nur, dass die Gehälter für den Bereich Elementarpädagogik 18 % unter dem österreichischen Durchschnittseinkommen liegen, von der Politik wird man auch seit jeher links liegen gelassen. Einige Menschen auf der Kundgebung sagen von sich, dass es sich für sie nicht nur um eine Arbeit, sondern um eine Leidenschaft oder Berufung handelt. „Sonst würde man bei der Bezahlung niemals in diesen Bereich gehen“, meint eine junge Kindergärtnerin. Umso größer ist dann aber die Frustration, wenn es zeitlich einfach nicht möglich ist, den Kindern eine adäquate Betreuung zu bieten. Wertschätzung und Anerkennung, die sich auch in einem höheren Gehalt niederschlägt, sind essenziell um die andauernd wechselnden Kolleg*innen, die wegen Burnout wegfallen, zu halten, aber auch um mehr Menschen für diesen Beruf zu begeistern. Zusätzlich werden auch mehr Vorbereitungsstunden gefordert, um sich auf jedes Kind einstellen zu können und die bestmögliche Betreuung zu gewährleisten.

Über 50% der Kinder in Wien gehen in private Kindergärten oder Horte. Es brauche eine klare Vereinheitlichung der Förderungen für den privaten und den öffentlichen Bereich. Für viele der Streikenden ist das selbstverständlich. Es herrschte auch Verwirrung über die Aufteilung der Streiktage der privaten und der öffentlichen Kindergärten. Die Forderungen gehören überall umgesetzt meint ein junger Kindergartenpädagoge. „Wir müssen gemeinsame Handlungen setzen. Die Streikbereitschaft ist da, wenn wir früh genug Bescheid wissen und alle gemeinsam auf die Straße gehen, können wir noch ein viel größeres Zeichen setzen.“ Zusätzlich wird auch gefordert, dass es eine Vereinheitlichung der Ausbildungen geben soll. „Alle Pädagogik Bereiche gehören zusammen. In der Volksschule merkt man direkt die Auswirkungen vom Kindergarten und so zieht sich das durch den ganzen Bildungsweg durch. Es braucht ein besseres Abstimmen aufeinander und dazu braucht es auch abgestimmte Ausbildungen.“ Kommentiert eine Gruppe von Kindergartenpädagog*innen mit gelben Warnwesten. Allen ist es ein Anliegen, dass sich die Solidarität durch den gesamten Pädagogik Bereich zieht und auch gemeinsam für bessere Bedingungen gestreikt wird.

System Kurz wegstreiken

Gründe dafür gibt es ja genug. Erst kürzlich wurde bekannt was für eine Rolle das „System Kurz“ in der Verhinderung von 1,2 Mrd. Euro für die Nachmittagsbetreuung spielte. Die Freizeit- und Lernbetreuung am Nachmittag ist essenziell um Eltern, aber vor allem auch Müttern, die Möglichkeit zu geben ihrer Arbeit nachzugehen oder sich einfach nur zu erholen und bietet zeitgleich eine betreute Entfaltungs- und Freizeitmöglichkeit für junge Menschen, die für die persönliche Entwicklung mindestens genauso wichtig ist, wie die akademischen Anforderungen.

Es konnten bereits Zugeständnisse erkämpft werden. Wiener Bildungsstadtrat Wiederkehr kündigte bereits vor dem Streik an, die Assistenzstunden im Kindergarten zu verdoppeln. Heinz Faßmann verfasste auch eine Stellungnahme, wo zugesichert wurde, sich für eine besser Betreuungsquote der unter 3-jährigen „stark zu machen“. Das spiegelt sich allerdings im Budget für 2022 nicht unbedingt wider. Das konzentriert sich vielmehr auf Abbau des Defizits und die Umsetzung der „öko-sozialen“ Steuerreform (die weder ersteres noch letzteres erfüllt). Die Kindergärtner*innen lassen sich zurecht nicht von diesen leeren Versprechungen verarschen. Es wird weiter gestreikt und demonstriert. Volle Solidarität mit diesen Arbeitskämpfen und ein Abholen und Radikalisieren der Beschäftigten ist notwendig.