Als die Grünen auf der Welle der globalen Klimaproteste zuerst zurück ins Parlament und dann in die Regierung gespült wurden, war die Hoffnung bei vielen groß, dass damit eine Trendwende in der österreichischen Klimapolitik eingeläutet werden würde. Doch seitdem hat sich nicht viel getan. Österreich gehört europaweit eher zu den Nachzügler*innen. Letztes Jahr war zwar ein Rückgang der nationalen Treibhausgasemissionen zu verzeichnen, doch das war einzig und alleine auf die Corona-Pandmie zurück zu führen. Noch 2019 – damals noch ohne die Grünen in der Regierung – war ein Anstieg zu verzeichnen gewesen, im Gegensatz zum Trend im Rest der EU.
Neues Klimaschutzgesetz?
Doch jetzt scheint wieder ein bisschen mehr Fahrt in die ganze Angelegenheit zu kommen. Kürzlich drangen Inhalte des gerade in der Ausarbeitung befindlichen Klimaschutzgesetzes an die Öffentlichkeit. Der aus dem grünen Umweltministerium stammende Entwurf wurde an die Medien gespielt. Wer hierbei auf unsauberes Spiel des türkisen Koalitionspartner tippt, wird vielleicht nicht allzu weit daneben liegen. Von Seiten der Grünen gab es direkte Kritik am Leak, Umweltministerin Gewessler meinte dazu, so würde man handeln „wenn man es verhindern will“. Finanzminister Blümel ging nach dem Leak sogleich mit dem Credo an die Medien, dass der Entwurf „noch nicht fertig“ sei. Zumindest in dieser Frage dürfte es also innerhalb der Koalition noch Unstimmigkeiten geben.
Doch worum geht es eigentlich? Der Entwurf für das neue Klimaschutzgesetz sieht unterschiedliche Punkte vor. Vor allem wird ein Plan skizziert wie man bis 2030 die Emissionen (im Vergleich zu heuer) halbieren möchte, bis 2040 soll dann die Netto Null – also wenn sich Treibhausgasemmissionen und -senken die Waage halten – stehen. Doch der wesentliche Punkt der Auseinandersetzung liegt woanders begraben, nämlich wie man diese Ziele erreichen soll. Im Entwurf sind dafür unterschiedliche Mechanismen vorgesehen. Auf der einen Seite soll es bei der Überschreitung der in den jeweiligen Sektoren geplanten Treibhausgasemissionen Strafzahlungen von Bund (60 %) und Ländern (40 %) in einen „Zukunftsinvestitionsfonds“ geben. Mit diesem sollen dann zukünftige Projekte zur Emmissionsreduktion, mit Schwerpunkt auf die betroffenen Sektoren, finanziert werden.
Ein zweiter wesentlicher Mechanismus sieht vor, dass wenn sich die Überschreitung der Emissionsziele abzeichnet, ein ebenfalls im Entwurf vorgesehenes Klimakabinett zusammen tritt und der Regierung Maßnahmen für die jeweiligen Sektoren vorschlägt. Falls es die Regierung daraufhin aber nicht schafft ausreichend greifende Maßnahmen umzusetzen, dann kommt es zu einer automatischen Erhöhung der Mineralölsteuer (also der Steuer auf fossile Brenn- und Treibstoffe) um 50 %.
Die WKO ist empört
Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten, auf der einen Seite bekamen die Pläne der Grünen Rückendeckung von Umwelt-NGOs (Global 2000, Greenpeace, Klimavolksbegehren, etc.) auf der anderen Seite sorgen die sie auch für Unmut. Die Wirtschaftskammer bezeichnete das Gesetz in einer internen Analyse als „überambitioniert“ und „untragbar“. Dass die ÖVP sich damit wohl schwer tun wird, dem Entwurf in der jetzigen Fassung zustimmen zu können, ist dadurch schon mal vorprogrammiert. Doch auch von SPÖ und Arbeiter*innenkammer (AK) gab es durchwegs Kritik. Laut AK bräuchte es einen „gesellschaftlich breit getragenen Konsens“ statt „Automatismus“. Dabei wird mehr oder weniger bewusst übersehen, dass es in der Bevölkerung eine deutliche Mehrheit für effizientere Klimaschutzmaßnahmen gibt und der primäre Grund für den bisherigen Stillstand auf diesem Gebiet bei den Interessen des Kapitals und seiner Dominanz über die Politik zu suchen sind. Die SPÖ (wie auch die AK) kritisiert – diesmal zurecht – dass mit der automatischen Erhöhung der Mineralölsteuer gleichzeitig keine steuerlichen Erleichterungen für die weniger Verdienenden einhergehen.
Was ist so schwer?
Beim aktuellen Konflikt zwischen den beiden Koalitionspartner*innen sowie den Sozialpartner*innen, die auch mitmischen, sieht man gut die Misere der aktuellen Klimapolitik. Sie spielt sich zwischen den beiden Polen „Klimaschutz durch Steuermechanismen“ und „Klimaschutz lieber später“ ab. Mit dem Argument „Klimaschutz lieber später“ wollen wir uns an der Stelle nicht auseinandersetzen. Doch die Herangehensweise, dass Umweltschutz im Allgemeinen und Klimaschutz hier im Konkreten durch möglichst schlaue Mechanismen gelöst werden können, die dem Markt die richtigen Anreize bieten und die Wirtschaft daraufhin in die richtige Richtung wachsen lassen würden, ist sehr verbreitet. In Österreich wird das vor allem durch die Grünen und diverse Umwelt-NGOs repräsentiert. Dabei wäre es eigentlich recht einfach: Statt zu versuchen das Problem durch diverse steuerliche Maßnahmen über den Markt zu regeln, braucht es klare Obergrenzen, Verbote und direkte Umstrukturierungen. Statt darauf zu hoffen, dass die Unternehmen sich mit den möglichen Anreizen schon richtig verhalten würden, braucht es die Lenkung der größten Klimakiller durch die Gesellschaft – OMV, AUA und Co. gehören unter Kontrolle der Beschäftigten verstaatlicht.