Werkschließung bei ATB: Jetzt hilft nur noch ein entschlossener Arbeitskampf!

Beschäftigte beim Werk in Spielberg | Foto: privat, AK Steiermark

„Wir sind zu allem bereit. Wenn es sein muss, ketten wir uns an die Maschinen an.“ Mit diesem Satz erregte Michael Leitner, Betriebsratsvorsitzender bei ATB Spielberg in der Steiermark, Ende Juli Aufsehen in den Medien. Tatsächlich hört man solche kämpferischen Töne in Österreich nur selten. Mit dem Beschluss von Kampfmaßnahmen und Demonstrationen gegen die de facto Werkschließung ist die Belegschaft zur Vorreiterin im Kampf gegen Kündigungen in der Krise geworden.

Es war in der vorletzten Juliwoche als den 400 Arbeiter*innen von ATB erklärt wurde, dass 360 von ihnen gekündigt werden und dass das Unternehmen Insolvenz anmeldet. Angeblich sei das Unternehmen für Elektromotoren, das seit 2011 im Eigentum der chinesischen Wolong Gruppe ist, seit Jahren nicht mehr wirtschaftlich und war auf Zuschüsse angewiesen. Durch die derzeitige Wirtschaftskrise sei der Erhalt der Produktion aber nicht mehr möglich. Statt dessen soll der Standort in Spielberg verkleinert und auf Forschung und Entwicklung, Vertrieb und Kundenservice und ein Distributionszentrum orientiert werden. Die Maschinen werden verkauft und konzernintern nach Polen und Serbien verschoben. Das bedeutet nichts anderes als das Werk zu zerschlagen.

Die Empörung in der Belegschaft war verständlicher Weise groß, aber nicht nur dort, sondern in der gesamten Region. Immerhin hat der Betriebsrat immer wieder darauf hingewiesen, dass Investitionen getätigt werden müssten, um die Konkurrenzfähigkeit zu erhalten, der Konzern hatte allerdings offenbar kein Interesse daran. Weiters wurde noch von April bis Juni staatlich geförderte Kurzarbeit verrichtet um Arbeitsplätze zu erhalten. Und darüber hinaus ist die Auftragslage weiterhin gut, die Auftragsbücher sind voll. Bruno Seidl von der Arbeiterkammer meint: „Wir haben gesehen, dass die Auftragsbücher übervoll sind und die Produktpreise vom Konzern seit zehn Jahren nicht erhöht, sondern zu niedrig gehalten wurden. Daher war es auch nicht möglich, einen Gewinn zu erzielen.“ Und der Betriebsratsvorsitzende Leitner sagt klar: „Wir wurden bewusst runtergewirtschaftet, und die Schließung der Fertigung war von langer Hand geplant.“

In einer Betriebsversammlung haben die 330 Teilnehmer*innen daher einstimmig einen Streik beschlossen und gegen den Abtransport der Maschinen gestimmt. Auch die Gewerkschaften PRO-GE und GPA-djp sprachen der Belegschaft Unterstützung aus. „Das ist nicht rechtmäßig und wird von uns mit allen Mitteln bekämpft werden“, hieß es. Anscheinend wurde der Streikbeschluss anschließend aber nicht in die Tat umgesetzt. Letztlich ist ein Streik alleine auch etwas perspektivlos, wenn die Produktion vom Unternehmen selbst stillgelegt werden soll. Mitte August wurden dann auch noch zwei Wochen Betriebsurlaub angesetzt, was es den Arbeiter*innen erschwerte sich weiter zu organisieren und zu wehren.

Die Auseinandersetzung fand dann auf juristischer Ebene statt. Am Konkursgericht wurde jedoch der Beschluss gefällt, dass die Maschinen abtransportiert werden können. Der Betriebsrat und die Arbeiterkammer versuchen diesen Beschluss mit einem Rekurs anzufechten. Eine erfolgreiche Strategie ist das wohl nicht, allerdings könnte es den Arbeiter*innen helfen etwas Zeit zu gewinnen. Mit Verweis auf diesen Beschluss meint Leitner nun: „Ein Anketten an Maschinen ist zurzeit nicht denkbar, weil wir würden uns damit strafbar machen und Entlassungen wären denkbar. Doch sollte das OLG dem Rekurs folgen, wären solche Maßnahmen wieder denkbar, damit die Maschinen nicht abtransportiert werden.“

Doch die Zeit ist knapp. Am Mittwoch, den 26. August haben polnische Arbeiter*innen schon begonnen Fließbänder abzubauen und Lastwägen standen draußen für den Abtransport bereit. Am selben Tag gingen rund eintausend Menschen in der Ortschaft auf die Straße um gegen die Werkschließung zu protestieren. Das verdeutlicht nicht nur die Kampfbereitschaft der Arbeiter*innen selbst sondern auch die Unterstützung, die sie durch Angehörige und solidarische Anwohner*innen erhalten. Selbst die Landtagspräsidentin von der ÖVP und die Soziallandesrätin von der SPÖ waren mit dabei. Gleichzeitig ignorieren diese Parteien auf Bundesebene die Anliegen der ATB-Belegschaft vollkommen. Auch ein Brief an das Bundeskanzleramt wurde vier Wochen lang nicht beantwortet, nur um dann die Verantwortung abzuschieben. Auf die Politik ist als kein Vertrauen und auch anfängliche Hoffnungen auf die Übernahme des Unternehmens durch Investor*innen wurden enttäuscht.

Den Arbeiter*innen von ATB bleibt nichts anderes übrig, als auf ihre eigene Stärke zu setzen, wenn sie den Standort erhalten wollen. Dazu ist aber ein schnelles und entschlossenes Handeln nötig. Da ein Streik alleine wirkungslos wäre müssen radikalere Maßnahmen ergriffen werden. Der Abtransport der Maschinen muss verhindert werden indem das Werk von den Beschäftigten besetzt wird! Mit Streikposten können sie verhindern, dass externe Arbeiter*innen das Werk betreten um die Maschinen abzubauen. Auf Betriebsversammlungen können sie sich ihre eigenen demokratischen Strukturen geben und versuchen, die Produktion unter Eigenregie wieder aufzunehmen oder alternative Produktionskonzepte zu entwickeln. Und der Kampf muss auf die politische Ebene gehoben werden indem die Verstaatlichung von ATB unter der demokratischen Kontrolle der Beschäftigten eingefordert wird. Wenn die Arbeiter*innen zusammenhalten und auf die Solidarität in der Region setzen, insbesondere aus anderen Industriebetrieben, dann können sie auch siegen und müssen weder Entlassungen noch Strafanzeigen fürchten. Es wäre nicht das erste mal.

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