Kurzarbeit: Dauerförderung, Entlassungswelle oder Arbeitszeitverkürzung?

Österreich steckt in einer heftigen Wirtschaftskrise. Für dieses Jahr wird von der Nationalbank ein Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts um 7,2 % prognostiziert. Ein zentraler Mechanismus um die Unternehmen durch die Krise zu retten ist die Corona-Kurzarbeit, und die wurde ordentlich in Anspruch genommen. Am Höhepunkt im Mai waren 1,35 Mio. Menschen betroffen! Die Sozialpartner versichern von beiden Seiten, dass auf diese Weise Arbeitsplätze erhalten bleiben. Aber ist die Kurzarbeit wirklich so toll oder zumindest alternativlos, wie überall behauptet? Und wie soll es weitergehen, wenn die Kurzarbeitsregelung im September ausläuft?

Was passiert bei Kurzarbeit?

Bei Corona-Kurzarbeit wird die durchschnittliche Arbeitszeit auf zwischen 10 und 90 % reduziert und der Lohn, abhängig von seiner normalen Höhe, im Ausmaß von 80, 85 oder 90 % fortgezahlt. Der Lohnanteil der prozentuell der weiterhin geleisteten Arbeit entspricht, wird vom Unternehmen gezahlt, der Rest über das Arbeitsmarktservice (AMS). Die Idee ist, bei geringer Auftragslage die Arbeitszeit zu reduzieren, aber die Arbeitsplätze bzw. Arbeitskräfte (auch für bessere Zeiten) zu erhalten. Ursprünglich war die Corona-Kurzarbeit für drei Monate vorgesehen, wurde dann aber auf weitere drei Monate erweitert.

Wer soll das bezahlen?

Die Regierung hat für die Kurzarbeitsförderung 12 Mrd. Euro budgetiert. Mittlerweile sind rund 500.000 Personen nicht mehr in Kurzarbeit bzw. noch 752.000. Bisher wurden 3 Mrd. Euro an über 100.000 Unternehmen gezahlt, 92 % der Anträge beim AMS sind schon abgearbeitet und der AMS-Vorstand Buchinger geht davon aus, dass man insgesamt nur 6 Mrd. Euro brauchen werde. Das ist zwar deutlich weniger als budgetiert, aber natürlich auch keine geringe Summe. Außerdem geht diese Schätzung davon aus, dass die Corona-Kurzarbeitsregelung tatsächlich in zwei Monaten ausläuft. Die wirtschaftliche Lage im Herbst wird sich aber wohl nicht so rasant ändern, weshalb jetzt auch wieder diskutiert wird, wie es dann weiter gehen soll. Wer diese Milliarden dann aber in welcher Form tatsächlich zahlen wird ist noch nicht klar. Der Staat macht jetzt erst einmal Schulden und wird diese in den kommenden Jahren versuchen abzubauen. Wir können aber davon ausgehen, dass die Kosten für die Kurzarbeit einerseits aus der allgemeinen Steuerlast, andererseits über drastische Sparpakete beglichen werden. Den Unternehmen wird somit ein Teil ihrer Lohnkosten von der Allgemeinheit finanziert, was vor allem die Lohnarbeitenden und gewöhnlichen Leute betrifft. Mit der Kurzarbeit steht daher ein Verteilungskampf zwischen Kapitalist*innenklasse und Arbeiter*innenklasse an.

Wie soll es weiter gehen?

Das Ausmaß der Kurzarbeit ist stark zurückgegangen, aber mit 752.000 ist die Zahl immer noch enorm. Zusätzlich kann weiterhin verlängert werden. Bei vielen Unternehmen stehen jetzt mit Ende der Kurzarbeit Kündigungswellen an und bei denen in Verlängerung wird das dann im Herbst schlagend. Dabei ist die Arbeitslosigkeit trotz Rückgang seit Mitte April immer noch katastrophal hoch. Mit 463.505 Arbeitslosen (inkl. Schulungen) Ende Juni liegt die Arbeitslosenquote bei 10,1 Prozent!

Die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung haben sich natürlich zu dem Thema schon zu Wort gemeldet. Der Präsident der WKO, Harald Mahrer, hat etwa gefordert, dass die Kurzarbeit bis in den Winter verlängert werden soll und dass die Unternehmen weniger zahlen sollten. Gleiches kommt von Georg Knill, dem neuen Präsident der Industriellenvereinigung. Diese Kapitalist*innenverbände wollen natürlich so weit es geht die Kosten der Wirtschaftskrise auf die Arbeitenden und die Allgemeinheit abwälzen.

In eine etwas andere Richtung gehen die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) und die SPÖ. Die GPA schlägt eine freiwillige „80 für 90“ Initiative vor: Die individuelle Arbeitszeit könne auf 80 % reduziert werden, während der Lohn in der Höhe von 90 % bezahlt wird. Die Differenz von 10 % soll aber nicht von den Unternehmen gezahlt werden, sondern vom AMS. Die GPA beschwört durch diese erkaufte Arbeitszeitverkürzung eine höhere Produktivität und sieht sich deshalb in einer Interessensgemeinschaft mit den Unternehmer*innen. Die SPÖ schlägt eine Vier-Tage-Woche vor, bei der die Arbeitszeit für drei Jahre um 20 % reduziert wird. Die Kosten werden aufgeteilt zwischen Betrieb, AMS und „Arbeitnehmern“, sodass letztere 5 % weniger Netto erhalten. Durch diese Arbeitszeitreduktionen soll es dann auch möglich sein, zusätzliche Arbeitskräfte einzustellen und die Arbeitslosigkeit zu reduzieren.

Es ist wenig verwunderlich, dass diese Vorschläge von den Kapitalvertreter*innen abgelehnt werden. Wie immer ist es nötig, sinnvolle politische Maßnahmen gegen die Kapitalist*innen durchzusetzen, durch klassenkämpferische Mobilisierungen. Dabei müsste man zusammenhängende Forderungen in den Vordergrund zu stellen. Zum Beispiel muss klar sein, dass die Kosten für die Kurzarbeit aus den Vermögen der Reichen finanziert werden müssen. Oder, um Kündigungswellen zu verhindern könnten Kündigungen aus ökonomischen Gründen untersagt werden und jene Unternehmen in gesellschaftliches Eigentum genommen werden. Eine allgemeine Arbeitszeitreduktion würde es in Kombination mit öffentlichen und sinnvollen Arbeiten ermöglichen, die Arbeitslosigkeit abzubauen. Von einer Kompromisssuche mit den Kapitalist*innen können wir uns eine Beseitigung der Arbeitslosigkeit aber nicht erwarten!