Corona in Österreich: Der Weg in die „neue Normalität“ des Kapitals

Mit 16. März sind etliche Regelungen im Kampf um die Eindämmung des Corona-Virus in Kraft getreten. Wochen voller Unklarheit, Angst und steigender Arbeitslosigkeit. Wochen voller Pressekonferenzen, Politik-Blabla und einer unüberschaubaren Fülle von Gesetzen und Verordnungen.

Die erste Öffnung

Nach einem Monat Ausnahmezustand erklärte Kanzler Kurz den Weg in die „neue Normalität“. Kleine Geschäfte und Baumärkte durften wieder öffnen, die Bundesgärten wurden wieder geöffnet. Die Straßen und öffentlichen Verkehrsmittel waren wieder voller – mit Abstand halten und Maskenpflicht.

Weitere Lockerungen sind mit 1. Mai in Kraft getreten. Nicht erkämpft von der Arbeiterinnenklasse, sondern im Interesse der Wirtschaft. Alle Geschäfte dürfen wieder öffnen, Firmen pfeifen ihre Mitarbeiterinnen aus dem Homeoffice zurück. Einschränkungen gibt es immer noch. Doch die Regierung gibt sich alle Mühe die Unternehmensprofite nicht mehr als unbedingt notwendig zu belasten.

Während sich bei vielen Menschen die Freude über mögliche Sozialkontakte die Waage hält mit der Angst vor der nächsten Welle, dürfen wir nicht vergessen uns nochmal genauer anzuschauen was vor dem Hintergrund von Corona eigentlich alles passiert ist.

Verwirrung, Unsicherheit, Vertrauen

In den vergangenen Wochen wurden die Gesetze nur so durchgepeitscht. Kaum Diskussion im Nationalrat, noch weniger Diskussion in der Bevölkerung. In den meisten Medien werden die Maßnahmen unkritisch mitgetragen. Zahlreiche Gesetze sind unklar formuliert, einige werden als verfassungswidrig kritisiert. Der Bundeskanzler sieht das nicht so eng, Jurist*innen sollten nicht überinterpretieren, bis die Gesetze geprüft wären, seien diese sowieso nicht mehr in Kraft. Doch unklare Gesetze führen nicht einfach nur zu juristischer Kritik. Verunsicherung in der Bevölkerung was erlaubt ist und was nicht, ist nicht nur ein zufälliges Nebenprodukt, sondern Teil der Strategie der Regierung. Die Polizei exekutiert nicht existente Gesetze. Angst und Unsicherheit betreffen nicht nur Gesundheit und Jobverlust, sondern auch die Frage was legal ist. Trotz alledem ist das Vertrauen in die Regierung nach Umfragen außergewöhnlich hoch. Das Spiel mit Angst und Unsicherheit lohnt sich, die Regierung schafft es sich als krisenstabil zu präsentieren.

Wer entscheidet?

Wie geht es weiter? Öffnung der Geschäfte, Friseursalons, Restaurants und Beherbergungsbetriebe, teilweise Öffnung von Bildungseinrichtungen und Sportangeboten,… So weit der Fahrplan den die Regierung präsentiert. Alles mit Abstand, Masken und ggf. Schutzkleidung. Und immer mit der Aussicht, dass bei einer neuen Infektionswelle (die durchaus realistisch ist) das ganze Spiel von vorne beginnt.

Doch wer entscheidet, dass die Geschäfte wieder öffnen und die Unis geschlossen bleiben? Solche Entscheidungen werden nicht von den Menschen getroffen die es am stärksten betrifft: von der arbeitenden Bevölkerung. Diese Entscheidungen werden getroffen von einer Regierung, die vor und während der Pandemie immer wieder bewiesen hat, dass ihr Profite oft mehr bedeuten als die Gesundheit der Bevölkerung. Eine Regierung deren Entscheidungen unklar und intransparent sind. Eine Regierung, die Milliardenpakete schürt – doch nicht öffentlich erklärt wo diese hinfließen. Wir wissen von 10 Milliarden für Kurzarbeit, von 4,5 Milliarden für Steuerstundungen – doch wo fließt der Rest hin? Welche Unternehmen bekommen diese staatlichen Hilfen? Wie hoch waren die Profite ebenjener Unternehmen in den vergangenen Jahren? Wieso gibt es Geld für Unternehmen aber nicht mehr als das übliche für Menschen, die in der aktuellen Situation vor realen Existenzproblemen stehen oder Tag für Tag ihre Gesundheit aufs Spiel setzen um das System am Laufen zu halten?

Die neue alte Normalität

Die „neue“ Normalität zu der wir zurückkehren ist keine Normalität im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung. Versteckt hinter MNS-Masken unter dem Titel des nationalen Schulterschluss werden Staatsschulden zur Rettung von Unternehmen aufgenommen, die später auf die Schultern der breiten Masse abgewälzt werden. In Supermärkten werden Spendenboxen aufgestellt, damit die Menschen beim Einkaufen eine Entschädigung leisten für die katastrophalen Löhne der Handelsangestellten (die jetzt plötzlich als Problem wahrgenommen werden), während sich die Supermarktketten die Extraprofite fröhlich in die Tasche stecken. Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind unverändert katastrophal – nur eben jetzt mit der zusätzlichen Bürde von ständiger Schutzkleidung, Tests und einem enormen Infektionsrisiko. In Flüchtlingsheimen in Österreich und der EU breitet sich Corona ungehindert aus. Das ist die Normalität zu der wir zurückkehren sollen. Eine Normalität in der die Profite weniger wichtiger sind als die Gesundheit vieler.

Die Zeit ist gekommen für die Arbeiterinnen ihre Prioritäten zu zeigen. Zu streiken wo fahrlässig gehandelt wird oder wo die Arbeitsbedingungen und Löhne geändert werden müssen. Betriebe zu besetzen und unter Arbeiterinnenkontrolle weiterzuführen. Aber auch zu erkennen, dass diese Normalität in der kapitalistischen Gesellschaft verankert ist, und eine wünschenswerte neue Normalität nur durch den Sturz dieser Gesellschaft herbeigeführt werden kann!