Wahlprojekt LINKS: Was für eine Organisation braucht es?

Am Wochenende 10./11. Jänner wurde in Wien das Wahlprojekt LINKS für die Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen 2020 gegründet. Wir haben uns aktiv in die Gründungsversammlung eingebracht und werden uns mit Vorbehalt an dem Projekt beteiligen.

Zu Beginn wollen wir festhalten, dass wir den Plan für einen linken Wahlantritt bei den Wienwahlen begrüßen, vor allem deswegen, weil weiterführend der Plan zum Aufbau einer neuen linken Partei verfolgt wird. Allerdings sind weder ein Wahlantritt noch der Aufbau einer linken Partei noch ein Mandat im Gemeinderat oder in der Bezirksvertretung ein Selbstzweck. All das muss einem höheren Zweck dienen, welcher seinen Ausdruck in einem Programm findet. Das erklärt sich dadurch, dass ohne ein klares Programm auch keine ernsthafte Handlungsfähigkeit erreicht werden und auch kein qualitativer Schritt über Parteien wie die SPÖ oder die KPÖ hinaus gemacht werden kann. Alle Versuche den Wunsch linker Vereinigung von der Notwendigkeit programmatischer Klärung zu entkoppeln sind zum Scheitern verurteilt, das hat zuletzt das Organisierungsprojekt Aufbruch bewiesen. Der Wahlantritt von LINKS wird somit in erster Linie am Ergebnis des Programmfindungsprozesses der kommenden Monate zu messen sein.

Was für ein Programm?

Für ein gutes Programm braucht es ein gemeinsames Verständnis von linker Strategie. Das wird nicht dadurch erreicht, dass man aus den unterschiedlichsten Meinungen, die in LINKS existieren, den kleinsten gemeinsamen Nenner bildet. Auf diese Weise würde man nämlich an Stelle einer Strategie nur eine Ansammlung von abstrakten Wünschen wie „einem guten Leben“, „einer solidarischen Gesellschaft“ oder bestenfalls von ein paar kleinen Reförmchen erreichen. Eine Konzeption, wie wir von den unmittelbaren Problemen im Hier und Jetzt zu einer anderen, besseren Gesellschaft in der Zukunft kommen, muss mehr beinhalten. Ein Programm muss sich danach richten was nötig ist um bestimmte politische Ziele zu erreichen!

Dafür müssen wir von einer Kritik der bestehenden kapitalistischen Ordnung ausgehen, die alles und jeden den privatwirtschaftlichen Profitinteressen unterordnet. Wir müssen erklären, dass die großen Probleme unserer Zeit, wie Ausbeutung, Umweltzerstörung, Krieg und Unterdrückung, eng mit dem Kapitalismus verbunden sind. Und wir müssen aufzeigen, wie der Kampf für unmittelbare Verbesserungen mit der Überwindung dieses Systems verbunden werden kann. Ohne diese antikapitalistische Grundprägung wird unsere Arbeit zu einem zahnlosen, reformistischen Kampf gegen Windmühlen verkommen.

Politik für wen?

Wie eine Welt abseits des Kapitalismus erreicht werden soll, ist für viele eine rein utopische Frage. Es gibt aber eine Kraft die den Kapitalismus nicht nur theoretisch überwinden könnte, sondern tagtäglich in die Konfrontation mit dem Kapital gerät: Die weltweite Arbeiter*innenklasse, die zu Milliarden unter den kapitalistischen Verhältnissen leidet, aber in der ökonomischen Position ist, den Kapitalist*innen die Produktionsmittel zu entreißen und anstelle der Konkurrenz am Weltmarkt die Kooperation herzustellen. Diese Möglichkeit sieht man ansatzweise in jedem Streik, in dem die Verfügungsgewalt der Eigentümer*innen über ihr Unternehmen gebrochen wird. Tatsächlich bestimmen dann die Arbeitenden wann produziert wird und wann nicht. Wenn sie ihre eigene Stärke erkennen, dann können sie über ihre eigenen demokratischen Organisationen, wie beispielsweise Räten, auch gemeinschaftlich darüber entscheidet wie produziert und verteilt wird, fernab von privaten Gewinninteressen. Dieses Bewusstsein und das Vertrauen in die Stärke der Arbeitenden herzustellen, ist die grundlegende Aufgabe einer antikapitalistischen, linken Organisation. Deswegen treten wir in LINKS für eine Ausrichtung auf die Arbeiter*innenklasse und das Ziel einer Arbeiter*innenpartei ein.

Die Gründungsversammlung

Wir sind uns bewusst darüber, dass wir mit dieser Auffassung von Antikapitalismus in der Minderheit sind. Auf der Gründungsversammlung wurde unser Antrag, welcher die Interessen der Lohnarbeitenden in den Mittelpunkt der Politik stellen sollte, mit einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt. Statt dessen wurden immer wieder Formulierungen gebracht, welche eine Politik „für alle“ usw. fordern. Wir wissen auch, dass das ein starkes Bedürfnis nach einer Politik abseits von sozialer Ausgrenzung ausdrückt. Aber wenn unsere Politik nicht dazu dient die lohnabhängige Bevölkerung zu einem gemeinsamen politischen Subjekt zu machen, dann verkommt unser Antikapitalismus zu einer rein abstrakten Phraseologie. Mit dieser Kritik wollen wir keinesfalls die Notwendigkeit herunterspielen, den Marginalisierten einen starken politischen Ausdruck zu verleihen. Aber so wie wir beispielsweise sexistische und sexuelle Unterdrückung nur in Verbindung mit dem Kapitalismus verstehen können, können wir den effektiven Kampf dagegen auch nur als allseitigen politischen Klassenkampf führen.