Die SPÖ hat holprige Zeiten hinter sich. In der Regierung setzte sie oft reaktionäre Maßnahmen durch oder ermöglichte sie mit, nur um bei der nächsten Wahl von den „echten“ rechten Parteien ausgestochen zu werden. Jetzt in der Opposition sieht die SPÖ ihre Chance sich von ihrem Abwärtstrend zu lösen und ihr Image loszuwerden. Mit Christian Kern an der Spitze schien es auch in eine richtige Richtung zu gehen, bald holte die Realität aber die Partei ein. Dass ein Manager an der Spitze einer (bürgerlichen) Arbeiter*innenpartei saß, war hierbei für die SPÖ nicht wirklich das Problem (auch wenn das viel über ihre Einbindung in das kapitalistische System aussagt), wohl aber die Unfähigkeit mit einem Zielpublikum in Verbindung zu treten, welches den Wahlsieg ermöglichen würde. Den Arbeiter*innen.
Als Antwort auf den eigenen Rücktritt vom Parteivorsitz sieht Christian Kern Pamela Rendi-Wagner, ehemalige Gesundheits- und Frauenministerin, als passende Kandidatin. Sie übernahm dafür ab Anfang Oktober die Position der Klubobfrau . Dass sie damit die erste Frau sein wird, die diese Position inne haben würde, ist interessant, aber nicht der entscheidende Punkt. Wichtiger für ihre Befürworter*innen ist vielmehr ihr Hintergrund. Als Quereinsteigerin (sie ist erst seit 2017 Parteimitglied und eigentlich ausgebildete Medizinerin) versucht die SPÖ erneut mit dem Image einer „alten Bürokratenpartei“ zu brechen. Die Politik solle ja schließlich für Jedermann(- und frau) zugänglich sein. Die Hoffnung liegt dabei darauf, die Gräben innerhalb der SPÖ zu überbrücken.
Führungswechsel
Mit der Wendung der SPÖ zu einer reaktionäreren Flüchtlingspolitik, gab es einen plötzlichen Konflikt des „linken“ (der von sozialliberal bis linksreformistisch reicht) und rechten Flügels, die davor relativ friedlich koexistierten. Aber anstatt konsequent aufzutreten, Entscheidungen zu blockieren oder gar auszutreten, hielt sich der lose progressive Teil eher im Hintergrund. Auch die Auseinandersetzung um die Nachfolge von Michael Häupl war von dieser Auseinandersetzung beeinflusst, auch wenn Andreas Schieder bestimmt kein klarer Repräsentant eines linken Flügels war. Dennoch erfuhr der rechte Flügel in der SPÖ mit Michael Ludwig eine Stärkung.
So einfach ist der Transfer der Führungsposition mit Pamela Rendi-Wagner jedoch nicht. Vor allem wegen der undemokratischen Entscheidung zu ihrer Person kamen Bedenken, vor allem von der Bürokratie selbst. Durch ihre kurze Parteizugehörigkeit würde sie die SPÖ ja gar nicht gut genug kennen um sie aktiv anzuleiten. Hintergrund dessen scheint eine mangelnde Einbeziehung der restlichen Parteiführung durch Kern gewesen zu sein. Ihre Rolle an der Parteispitze als politische Ausgleicherin wurde allerdings schnell auch von den rechten Repräsentant*innen akzeptiert.
Im Gegenzug hätte dafür die angekündigte Parteireform, die sich vor allem auf das Aufbrechen bürokratischer Parteistrukturen konzentriert, um zwei Jahre verschoben werden sollen. Die Basismitgliedschaft wehrte sich allerdings gegen diesen Vorschlag. Nun kommt die Reform doch, allerdings in abgeschwächter Form. Vor allem die vorgesehene Abstimmung der Parteimitglieder über Regierungspakte unterliegt nun dem Willen des Parteivorstands und eine Zweidrittelmehrheit für neuerliches Antreten bei Wahlen nach 10 Jahren in einer Funktion gilt nicht mehr für Landeslisten und Regionalwahlkreise.
Niedergang der SPÖ
Die SPÖ ist trotz ihres bürgerlichen Kurses die traditionelle Partei der Arbeiter*innen. Doch schon seit Jahren beobachtet man einen Verlust von proletarischen Wähler*innen an die FPÖ. Der Schluss, den die SPÖ daraus zieht ist offensichtlich, dass sie einfach nicht rechts genug für das Bewusstsein der Wähler*innen ist. Aus dieser Idee bilden sich demnach auch zwei tendenzielle Flügel heraus, derjenige, der versucht diesen Trend mitzureiten und ebenfalls rassistische Politik propagiert und der andere, der es (abseits einer marginalen Minderheit) ebenfalls nicht schafft sich auf die Arbeiter*innenklasse zu berufen, sondern über ihre Köpfe hinweg „Anstand“ fordert. Tatsächlich sind beide Flügel keine Option die SPÖ aus ihrer Krise zu retten. Was die SPÖ nicht erkennt, oder nicht erkennen will, ist dass ihre eigene Regierungsbeteiligung, die Kürzungen die unter ihnen beschlossen wurden, erst der Anstoß war, der die Wähler*innen in die offenen Arme der FPÖ liefen lies.
Forderungen an die SPÖ zu stellen, echte linke Politik zu machen ist demnach unerlässlich, um die Parteiführung in die Pflicht zu nehmen. Aber wir brauchen eine neue Arbeiter*innenpartei, eine die tatsächlich die Interessen der Mehrheit vertritt und „sozial“ nicht nur im Namen trägt. Eine Partei die es schafft die arbeitenden Menschen zu erreichen, die momentan aus Existenzängsten und Manipulation, gegen ihr eigenes Interesse wählen und handeln. Eine solche Partei kann nicht die bessere Verwaltung des Kapitalismus zum Ziel haben, was nur gegen die lohnarbeitende Bevölkerung geht, sondern statt dessen seine Überwindung.