Die Eintragungswoche des Frauenvolksbegehren vom 1.-8. Oktober setzt zum ersten Mal seit #metoo die Themen Frauenunterdrückung und Gleichstellung der Geschlechter auf die Tagesordnung. Es beinhaltet viele positive Forderungen. Von der schrittweisen Einführung einer 30 Stunden Woche über den Ausbau von Kinderbetreuung bis zur Anerkennung von frauenspezifischen Fluchtgründen. Wir befürworten daher die Unterstützung dieses Volksbegehrens. Gleichzeitig sind die Forderungen und die Möglichkeiten ihren Umsetzung so beschränkt oder gar fehlgerichtet, dass die Initiative droht im Nichts zu verpuffen. Die Frage ist deshalb für Kommunist*innen wie man sich in diesem Spannungsverhältnis von (großteils) fortschrittlichen Forderungen und gleichzeitig sehr gemäßigter Politik verhalten soll. Kann ein Volksbegehren überhaupt etwas bezwecken? Wir möchten an dieser Stelle die Forderungen und die nötigen Perspektiven zur Frauenbefreiung diskutieren.
Macht teilen
Gerade Kommunist*innen stehen für die Gleichberechtigung von Frauen ein. Aber die konkreten Forderungen unterscheiden sich dennoch. Vom Frauenvolksbegehren wird gefordert, dass die Hälfte aller Wahllisten und Vertretungsgremien sowie der politischen Interessensvertretungen und der Sozialpartnerschaft von Frauen besetzt wird. Zusätzlich sollen in Kapitalgesellschaften und Genossenschaften innerhalb der Kontroll- und Leitungsgremien dieselben Kriterien erfüllt werden. Die Begründung ist, dass Frauen einen großen Teil der Bevölkerung ausmachen, der aber wenig in den Institutionen widergespiegelt wird. In einer repräsentativen Demokratie wäre das aber dringend notwendig, deswegen müssten also Quoten sich dieser Aufgabe der gleichberechtigten Vertretung annehmen.
Es gibt bereits eine Quotenregelung in Österreich, diese sei aber zu gering. Ein 30-prozentiger Frauenanteil wird dabei angestrebt und zwar auch nur bei Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Das muss laut dem Frauenvolksbegehren geändert werden. Argumentiert wird das vor allem mit Statistiken die ökonomische Verbesserungen durch die stärkere Einbeziehung von Frauen feststellen.
Statistisch mag das so sein. Aber die Kontroll- und Leitungsgremien in Unternehmen sind für Arbeiterinnen in den seltesten Fällen erreichbar, in dieser Beziehung dient die Quotierung daher mehr der Ablenkung von tatsächlichen Lösungen. Auch ist es in den allermeisten Fällen egal ob die Person die uns ausbeutet ein Mann oder eine Frau ist und die Frauenbewegung sollte sich nicht an der Verwaltung des Kapitalismus beteiligen. Deshalb fordern wir statt dessen die Verstaatlichung der Betriebe unter der Kontrolle der Arbeiter*innen. Wir wollen nicht „politische korrekt“ unterdrückt werden, sondern die Unterdrückung abschaffen.
Aber das allein reicht natürlich nicht als Antwort auf die Forderung von Quoten. Speziell in den Massenorganisationen der Arbeiter*innenklasse, ist Quotierung wichtig. Denn auch die fortschrittlichste Bewegung ist nicht frei von Sexismus und anderen Unterdrückungsmechanismen. Um das tatsächliches Potenzial der Gruppen auszuschöpfen, müssen Frauen (und auch andere unterdrückte Gruppen) gemessen an ihrem Mitgliederanteil in der Führung vertreten sein.
Insofern sehen wir den Anspruch des Frauenvolksbegehren in dieser Frage als berechtigt an, halten aber die Lösung nicht für ideal. Wenn die Frage von Quotierung nicht mit einem klaren Klassenstandpunkt beantwortet wird, wird es zu einer kleinbürgerlichen Antwort. Diese dient im Endeffekt nicht mehr den arbeitenden Frauen sondern einem (weiblichen besetzten) Teil des Kapitals. Es wird nämlich der tatsächliche Ursprung (oder zumindest Reproduktionsmechanismus) für Ungleichheit verschleiert: Das kapitalistische Wirtschaftssystem. Deshalb muss man für tatsächliche Gleichberechtigung auch erstmal eine neue ökonomische Basis schaffen und das jetzige Wirtschaftssystem hinter sich lassen.
Einkommensunterschiede beseitigen
Das Frauenvolksbegehren geht auch ein weiteres wichtiges Thema an. Eines das auch immer wieder heiß diskutiert wird, nämlich die schlechtere Bezahlung von Frauen. Das Frauenvolksbegehren fordert volle Lohntransparenz durch eine detaillierte Aufgliederung aller betrieblichen Einkommensberichte in sämtliche Gehaltsbestandteile. So könnte die Ungerechtigkeit auch stärker wahrgenommen werden und etwas unternommen werden. Es sollen durch die Unternehmen Maßnahmepläne erstellt werden um diese Lohndiskrepanzen anzugleichen. Zusätzlich wird die Erstellung von sozialen und wirtschaftlichen Plänen gefordert um die schlechtere Bezahlung von bestimmten Branchen – nämlich weiblich dominierten – zu beseitigen.
Tatsächlich wird es aber notwendig sein einen Schritt weiter zu gehen. Die Forderung sollte sich auf die Öffnung aller Geschäftsbücher und die Kontrolle durch die Belegschaft konzentrieren. Natürlich ist es gut zu wissen, wer von den männlichen Kollegen für gleichwertige Arbeit mehr verdient, aber viel interessanter zu wissen ist, wie viel die Firma Profit macht, wie wenig davon tatsächlich bei der Belegschaft ankommt und welche Rolle die Ausbeutung von Frauen dabei spielt. So geht es nicht nur mehr um die Ungerechtigkeit im Vergleich zum Kollegen der mehr verdient, sondern um einen Einblick in die kapitalistische Verwertung selbst, in der die Schlechterstellung der Frau eine maßgebliche Rolle spielt.
Die anderen Vorschläge zur Verbesserung der unfairen Bezahlung sind sicherlich richtig, aber zu unkonkret. Vor allem in frauendominierten Bereichen höhere Löhne zu fordern sollte mehr im Mittelpunkt stehen.
Arbeit verteilen
Ein verwandter Punkt sind die Fragen von Arbeitszeitverkürzung, Hausarbeit und der sogenannten Teilzeitfalle (Frauen bleiben in Teilzeitberufen stecken und machen deshalb nie Karriere). Das Frauenvolksbegehren versucht diese Themen durch einfache Forderungen auf einmal zu lösen. Eine schrittweise Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei variablem Lohn- und Personalausgleich und die staatliche Förderung von kleinen und mittelständischen Unternehmen, um eventuelle Wettbewerbsnachteile auszugleichen, stehen auf ihrer Agenda. Mit der Arbeitszeitverkürzung, soll die Aufteilung der Arbeit im häuslichen Bereich verbessert werden. Zusätzlich werden mehr Arbeitsplätze geschaffen und es wird leichter aus der Teilzeitfalle herauszukommen.
Die Frage ist aber leider nicht so einfach beantwortet. Nicht alle Personen leben in einem Familienverhältnis indem man sich die häusliche Arbeit einfach aufteilen könnte. Starke patriarchale Strukturen binden Frauen auch weiterhin an den Herd und Kind. Um eine tatsächliche Entlastung von Frauen (sowie allgemein den Personen, welche die Reproduktionsarbeit leisten) in diesem Bereich zu ermöglichen muss die Forderung der Vergesellschaftung der Hausarbeit aufgestellt werden. Das bedeutet die Reproduktionsarbeit wie Kochen, Kinderbetreuung, Pflege, Wäsche, etc. von der unbezahlten, vor allem weiblichen Privatarbeit zu einer Aufgabe der Gesellschaft zu machen. An anderer Stelle schreibt das Frauenvolksbegehren über Ausweitung der Kinderbetreuung, was eine konkrete Maßnahme dafür wäre. Weiters sollten aber immer mehr Arbeiten aus dem häuslichen Bereich ausgelagert werden in öffentliche Kantinen, Wäschereien, usw.. Nur so ist Frauenbefreiung möglich und nur so kann auch die Teilzeitfalle überwunden werden. Gemeinsam mit der Forderung nach einer 30-Stunden Woche und zwar bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
Armut bekämpfen
Armut ist zum Großteil weiblich. Deshalb thematisiert das Frauenvolksbegehren das auch. Es fordert: „Einen staatlich garantierten Anspruch auf Unterhaltsvorschuss solange Familienbeihilfe bezogen wird. Die Anpassung der Unterhaltsbemessung an angemessene Regelbedarfssätze.
Entkoppelung der Zahlung von der Leistungsfähigkeit des*der Unterhaltspflichtigen, gleichzeitige Beibehaltung der Verpflichtung zur Rückzahlung nach Leistungsfähigkeit;
Bundesweiten Ausbau der staatlich finanzierten, rechtlich abgesicherten Frauen- und Mädchenberatungsstellen“
Die Forderungen richten sich fast ausschließlich an Alleinerziehende. Das ist auch wichtig, da Alleinerzieher*innen massiv von Armut betroffen sind, aber nur allzu oft vergessen werden. Obwohl die Forderungen zum Unterhaltsvorschuss nicht falsch sind, so gehen sie doch etwas am Ziel vorbei. Finanzielle Unterstützung sollte nicht an früheren Partner*innen festgemacht werden müssen. Es gibt sehr viele Gründe warum Menschen ihre Kinder alleine großziehen, nicht zuletzt weil keinerlei Kontakt (auch nicht, wenn es um Geld geht), mit den früheren Partner*innen gewünscht ist. Darüber hinaus sollte allgemein gelte, dass die Kosten für Kinder solidarisch von der gesamten Gesellschaft getragen werden, daher in Form von Sozialleistungen vom Staat übernommen werden. Außerdem wird leider eine Gruppe von Menschen sehr stark ausgeklammert, die aber mindestens genauso von Armut betroffen sind: Migrantische Frauen und Mädchen sind stark marginalisiert und brauchen mindestens genauso viel Unterstützung um ihre Situation zu verbessern.
Wahlfreiheit ermöglichen
Das Frauenvolksbegehren fordert an dieser Stelle drei wesentliche Dinge: Den Rechtsanspruch auf kostenlose, qualitativ hochwertige Betreuung für jedes Kind bis zum 14. Lebensjahr unabhängig vom Wohnort und Erwerbsstatus der Eltern; die Vereinbarkeit der Betreuungseinrichtung mit einer Vollzeitberufstätigkeit der Eltern, also ganztägige und ganzjährige Öffnungszeiten sowie leichte Erreichbarkeit; sowie vereinheitlichte bundesweite Qualitätsstandards für eine bedarfsorientierte Betreuung und eine individuelle (Früh-)Förderung. Diese Forderungen sind mehr als angebracht. Österreich gibt im internationalen Vergleich relativ wenig für Kindergartenplätze aus. Mit 0,6 Prozent des BIP liegt Österreich z.B. hinter Frankreich (0,7 %), dem OECD-Schnitt (0,8 %) Deutschland (0,9 %), Finnland (1,2 %) oder Schweden (2,0 %). Dazu will die schwarz-blaue Regierung auch noch die Zuschüsse für Kinderbetreuungsplätze im aktuellen Budget kürzen. Statt den bisherigen 140 Millionen sollen nur mehr 90 Millionen den Bundesländern zugeschossen werden.
Die Forderung nach einem Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen ist zu unterstützen. Nur allzu oft ist es für Frauen nicht möglich einer ganztägigen Beschäftigung nachzugehen (fast jede zweite Frau arbeitet nur Teilzeit). Das schränkt sie massiv in ihrer finanziellen und persönlichen Unabhängigkeit ein und zementiert sie noch mehr in ihrer traditionellen Rolle als Mutter und Hausfrau – auch wenn sie nebenher noch arbeiten geht. In Bezug auf Kinderbetreuungseinrichtungen gibt es auch einen weiteren eklatanten Fakt, der auch klar macht, dass es dabei nicht einfach nur um eine finanzielle Frage geht, sondern explizit um eine politische. So sind die Kinderbetreuungsplätze in östlichen Bundesländern deutlich besser ausgebaut als in westlichen. Dabei handelt es sich aber in erster Linie nicht um eine geografische Frage, sondern darum in welchen Bundesländern die ÖVP bzw. die katholische Kirche eine größeren Stellenwert einnimmt. 2011 lag die Betreuungsquote für Wien für 6-10 Jährige bei 30 %, in Vorarlberg bei 9,5 % und in Tirol gar nur bei 5 %. Hier wird klar, dass traditionelle Frauenbilder einen wesentlichen Einfluss auf die Betreuungssituation von Kindern und Jugendlichen haben.
Vielfalt leben
Dieser Forderungspunkt richtet sich gegen sexistische und diskriminierende Darstellungen speziell von Frauen in Medien und stellt Forderungen auf um diese zu unterbinden. Zeitgleich sollen Pädagog*innen darauf geschult werden, junge Menschen nicht in bestimmte Geschlechterrollen reinzudrängen und auch Unterrichtsmaterialien an diesem Grundsatz orientiert werden.
Der Grund dafür ist, dass Geschlechterrollen einschränkend und einen schädlichen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung ausüben. Mädchen zu erklären, sie können dieses und jenes nicht, kann langwierige und extreme Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl haben. Ebenfalls ist es schädlich Jungen zu sagen, dass sie nicht weinen dürfen und ihnen damit nahe zu legen, ihren Gefühlen keinen Raum zu geben.
Diese und weitere Geschlechterrollen finden sich auch in Medien, vor allem in der Werbungen wieder. Das Selbstbild von Frauen wird eigentlich immer von der Gesellschaft diktiert. Sich selbst schön zu finden, ist somit nur mit der richtigen Figur, einem neuen Kleid und teurem Make-Up erlaubt. Und wer nicht schön ist, der hat zumindest als Frau eigentlich gar nichts, weil man als Frau eben primär dafür bewertet wird. Leistung und harte Arbeit sind ja schließlich was für Männer.
Das Frauenvolksbegehren setzt hier an einem wichtigen Punkt an, der vor allem für junge Frauen einen nicht zu unterschätzenden Effekt hat. Die Beeinflussung durch die Medien und Erziehung hat sicher den größten Anteil an ungesunden Schönheitsbildern. Aber wir lehnen es ab die Forderung nach einem Verbot an die Organe des bürgerlichen Staates zu stellen. Wenn dieser entscheiden darf was diskriminierend ist und was nicht, landen wir bestimmt nicht an dem Punkt wo wir hinwollen. Ausschüsse aus der Arbeiter*innen- und der Frauenbewegung sollten bestimmen welche Darstellung sie als schädlich empfinden und dadurch eine demokratische Kontrolle ausüben.
Selbst bestimmen
Sexuelle Selbstbestimmung für Frauen ist in Österreich immer noch ein schwieriges Thema. Das Frauenvolksbegehren fordert diesbezüglich deshalb einen verbesserten Aufklärungsunterricht, Beratungsstellen (inklusive gratis Verhütungsmitteln), Schwangerschaftsabbrüche in allen öffentlichen Krankenanstalten sowie die Übernahme von Kosten für Abtreibung, Schwangerschaftstests und verschriebene Verhütungsmittel durch die Krankenversicherung. Im Wesentlichen sind das alles gute und korrekte Forderungen. Der Aufklärungsunterricht ist, auch wenn er sich in den letzten Jahrzehnten sicher weiter entwickelt hat, immer noch unzureichend. Zumeist beschränkt er sich auf biologisch-anatomische Betrachtung von Schwangerschaft und (heterosexuellem) Geschlechtsverkehr. Fragen von Verhütung, Abtreibung, anderer sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität werden wenig bis gar nicht behandelt.
Auch der Zugang zu Verhütungsmitteln ist – gerade für Jugendliche – oftmals nicht sehr einfach. Auf der einen Seite sind Verhütungsmittel, vor allem hormonelle wie die Pille, oftmals gesundheitlich nicht unbedenklich, auf der anderen Seite stehen aber auch aus finanzieller Hinsicht oftmals Barrieren im Weg. Der Mangel an einfach zugänglichen und kostenlosen Verhütungsmitteln zeigt sich unter anderem auch darin, dass es jährlich zu geschätzt 30.000 Abtreibungen kommt.
Die Vereinfachung des Zuganges zu diesen ist eine zentrale Forderung, auch wenn sie im Frauenvolksbegehren deutlich wenig Beachtung findet. Es wird zum Beispiel nicht einmal die Streichung des Paragraph 96 aus dem Strafgesetzbuch gefordert, der Schwangerschaftsabbruch illegalisiert (auch wenn er mit der Fristenlösung in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft straffrei ist). Auch eine Ausweitung der Frist von 3 Monaten findet sich nicht im Forderungskatalog wieder.
Schutz gewähren
Kein Unterdrückungsmechanismus im Kapitalismus existiert losgelöst von anderen. Speziell zwischen Rassismus und Sexismus gibt es wesentliche Überschneidungen und Wechselbeziehungen. Deshalb ist speziell dieser Forderungskomplex sehr begrüßenswert, wenn auch nur in Ansätzen ausgeprägt und recht wenig radikal. Das Frauenvolksbegehren fordert in diesem Bereich nämlich: Die Anerkennung von frauen- bzw. geschlechtsspezifischen Fluchtgründen, das Recht auf Familienzusammenführung, einen Aufenthaltsstatus unabhängig von der*m Ehepartner*in, spezielle Maßnahmen zum Schutz von geflüchteten Frauen und anderes.
Frauen sind auf der Flucht weitaus mehr Gefahren ausgesetzt als Männer, oftmals erfahren sie sogar sexualisierte Gewalt. Umso wichtiger ist es hier die Interessen von geflüchteten Frauen nochmals speziell hervor zu heben. Allgemein wird es aber in diesem Punkt nicht geschafft wirklich radikal mit der reaktionären Flüchtlingspolitik der etablierten Parteien (also auch der SPÖ) zu brechen.
Was aber in diesem Teil auch nochmal speziell hervor sticht und sich durch das Frauenvolksbegehren durchzieht ist die Stellung, die es zum bürgerlichen Staat einnimmt. Es liegt in der Natur eines Volksbegehrens, dass es nur Forderungen an den bürgerlichen Staat richten kann und nicht als Instrument dienen kann die Unterdrückten selbst zu organisieren. Das ist auch gleichzeitig die größte Schwäche nicht nur dieses Volksbegehrens, sondern von Volksbegehren im allgemeinen.
Natürlich ist es nicht prinzipiell falsch Forderungen an den bürgerlichen Staat zu stellen. Doch es gibt Bereiche, wie zum Beispiel die Forderung nach Förderung und Zusammenarbeit mit der Polizei, wo dieser Appell in eine reaktionäre Stoßrichtung umschlägt. Der bürgerliche Staat und insbesondere seine Repressionsorgane können keine verlässlichen Verbündeten im Kampf gegen Sexismus, Rassismus oder Unterdrückung im Allgemeinen sein, sie dienen der Aufrechterhaltung der unterdrückerischen Verhältnisse. Vielmehr muss das Ziel sein, Frauen gemeinsam mit der Frauen- und Arbeiter*innenbewegung gegen sexistische Gewalt zu organisieren. Ein Appell an die Polizei schafft hier entweder nur Illusionen oder stärkt allgemein die Möglichkeiten des bürgerlichen Staates.
Gewalt verhindern
Spätestens mit #metoo ist auch in Österreich die Diskussion über Gewalt und Belästigung an Frauen verstärkt in der Gesellschaft diskutiert worden, auch wenn die Diskussion in Österreich um einiges weniger erfolgreiche Ergebnisse zeigte als in anderen Ländern. Peter Pilz sitzt wieder im Nationalrat, der ÖSV ist laut „Expertenkommission“ nicht sexistischer als „Unternehmen analoger Größenordnung“ und der Innenminister arbeitet bewusst daran sexualisierte Gewalt so darzustellen, als ob sie nur von fremden (besonders nichtösterreichischen) Männern begangen wird.
Dabei ist klar, dass die überwältigende Mehrheit der Frauen sexuelle Belästigung erfährt, jede 5. Frau über 15 Jahren von (häuslicher) Gewalt betroffen ist und die Mehrheit der Täter aus dem unmittelbaren persönlichen Umfeld der Frauen kommt. Oftmals sind es Ehemänner oder (Ex-)Partner. Deshalb ist die Forderung nach einem Ausbau von Gewaltschutzzentren mehr als notwendig. Auch die Sensibilisierung an Schulen ist wichtig. Der Appell zum Ausbau der Kooperation mit der Polizei ist jedoch wie schon weiter oben argumentiert mehr als verzichtbar. Vielmehr sollte die Selbstorganisierung von Frauen gemeinsam mit der organisierten Frauen- und Arbeiter*innenbewegung im Vordergrund stehen um sich bei Gewaltschutz nicht auf die – ohnehin sexistischen und rassistischen – Organe des bürgerlichen Staates zu verlassen.
Was bezwecken Volksbegehren?
Ein erfolgreiches Volksbegehren hat als solches genommen nicht viel mehr Konsequenzen als, dass im Nationalrat darüber diskutiert werden muss. Das bedeutet auch, dass bei dieser Regierung, die sich Großteils ablehnend gegenüber dem Volksbegehren (und Frauenrechten generell) positioniert hat, vermutlich nicht sehr viel von den Forderungen umgesetzt werden wird. Der wesentlichere Output kann eben deswegen nur sein, eine gesellschaftliche Diskussion über die Themen anzustoßen und dadurch eine Bewegung auf der Straße, in den Gewerkschaften und Betrieben anzustoßen, die auch den gesellschaftlichen Druck erzeugen kann, damit die Forderungen auch wirklich erzwungen werden können. Denn was der Kampf für Gleichberechtigung im letzten Jahrhundert gezeigt hat ist, dass diese nicht einfach vom Himmel fällt, sondern hart erkämpft werden muss.
Deshalb müssen wir auch klar machen, dass dieses Frauenvolksbegehren zu keinen positiven Verbesserungen führt, wenn es sich nicht seine selbstgesetzten Einschränkungen beseitigt. Aktuell ist die Perspektive rein auf ein formales Mittel der „direkten“ Demokratie im österreichischen Staat ausgelegt. Dabei ist sehr einfach zu durchschauen, dass eine strategische Ausrichtung alleine darauf vollkommen verheerend sein kann. Die vielen Unterstützer*innen, die sich in den letzten Monaten engagiert haben müssen erkennen, dass ihr Engagement nicht einfach nur für eine gute Medienaktion drauf gehen sollte. Vielmehr muss das Frauenvolksbegehren auch eine reale Mobilisierung auf der Straße und eine Auseinandersetzung in den Organisationen der Arbeiter*innenbewegung bewirken. Ein erster Schritt kann zum Beispiel sein am Tag der Debatte des Frauenvolksbegehrens eine große Demonstration für die Durchsetzung der Forderungen abzuhalten. Die Mehrheit im Nationalrat wir nicht im Traum daran denken die Inhalte des Volksbegehrens durchzusetzen. Wir müssen sie dazu zwingen und das geht letztlich nur durch eine Bewegung auf der Straße unterstützt durch die Organisation der Arbeiter*innenbewegung, allen voran die Gewerkschaften.
Aber es muss auch klar sein, dass – egal wie sehr wir kämpfen – uns unsere Rechte jederzeit wieder weggenommen werden können. Dafür müssen wir nur auf die nächste große Krise warten. Der Kapitalismus als Ursache der Frauenunterdrückung muss überwunden werden. Und das geht nur als kämpfende Bewegung der Arbeiter*innenklasse. Viele der Punkte im Frauenvolksbegehren müssen essentielle Forderungen einer solchen Bewegung sein, die in ihre eigene Stärke vertraut anstatt dem bürgerlichen Staat. Aber leider bricht der kleinbürgerliche Charakter des Frauenvolksbegehrens doch immer wieder mit den Interessen der Arbeiter*innenklasse. Deshalb müssen wir die Menschen überzeugen einen Schritt weiterzugehen. Denn echte Frauenbefreiung wird es erst geben, wenn diese Dystopie des „freien Marktes“ endlich auf dem Müllhaufen der Geschichte landet.