Österreich hat im zweiten Halbjahr 2018 die EU-Ratspräsidentschaft inne, das bedeutet auf der einen Seite eine repräsentative Stellung der österreichischen Regierung auf europäischer und internationaler Ebene, auf der anderen Seite bedeutet es auch, dass wesentliche Gipfeltreffen und damit einhergehende Entscheidungen und Weichenstellungen in Österreich vonstatten gehen werden. Doch gegen die Politik in der EU-Ratspräsidentschaft formiert sich auch Widerstand.
Land der Gipfel
Im Laufe des zweiten Halbjahres 2018 werden unterschiedliche Gipfel stattfinden. Auf der einen Seite treffen sich die verschiedenen Minister*innen zu je einem Gipfel (z.B. Innen und Justiz am 12.-13. Juli in Innsbruck, Beschäftigung und Sozialpolitik am 19.-20. Juli in Wien, Verteidigung 29.-30. August in Wien, Staats- und Regierungschefs 20. September in Salzburg, etc.). Auf der anderen Seite gibt es auch eine Reihe weiterer wichtiger und unwichtiger Treffen auf denen die Politik der EU bestimmt werden soll. Die schwarz-blaue Bundesregierung stellt ihre EU-Ratspräsidentschaft ganz bewusst in den Fokus von Rassismus und Sozialabbau. Drei wesentliche Prioritäten werden von Seiten der Regierung definiert: „Sicherheit und Kampf gegen illegale Migration“, „Sicherung des Wohlstands und der Wettbewerbsfähigkeit durch Digitalisierung“, „Stabilität in der Nachbarschaft – Heranführung des Westbalkans/Südosteuropas an die EU“.
Hier wird schnell klar worum es Schwarz-Blau dabei geht. Auf der einen Seite geht es um den Kampf gegen illegale Migration (Schließung der Mittelmeerroute), auf der anderen Seite um „Wettbewerbsfähigkeit“ und den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen (sprich imperialistische Ausbeutung) vom traditionell für Österreich sehr wichtigen Gebiet des Balkan. Den wesentlichen Problemen der EU – vor allem in Konkurrenz mit den anderen großen imperialistischen Akteuren – scheint sich Österreich nicht annehmen zu wollen. Vor allem auch deshalb weil es diesbezüglich innerhalb der österreichischen Regierung keine Einigkeit gibt.
Land des Widerstands?
Doch mit der prominenten Rolle Österreichs innerhalb der EU kann auch (zumindest ist das zu erhoffen) eine prominente Stellung im Kampf gegen die Politik der EU einher gehen. In Innsbruck gab es im Juli schon Protestaktionen gegen den Gipfel der Innen- und Justizminister*innen, für den 8. September sind in Wien Proteste gegen den Finanzminister*innen-Gipfel geplant und für den 20. September sind in Salzburg große Proteste gegen den Gipfel der Staats- und Regierungschefs angekündigt. Die „Offensive gegen Rechts“ (an der wir uns auch als AST beteiligen) versucht gemeinsam mit anderen Gruppen rund um diese Termine eine Kampagne des „Heißen Herbst“ zu organisieren. Diverse Proteste von unterschiedlichen Organisationen sollen unter dieser Klammer zusammen gefasst werden. Inhaltlich ist neben der reaktionären EU-Politik (Rassismus, Sozialabbau, Militarisierung, etc.) natürlich vor allem auch die Politik der schwarz-blauen Bundesregierung wesentliches Thema. Den Abschluss soll der „Heiße Herbst“ in einer Großdemonstration anlässlich des einjährigen Jubiläums der Angelobung von Schwarz-Blau finden.
Neben den Aktionen zu den einzelnen Gipfeltreffen ist es für die Arbeiter*innenbewegung und die Linke wichtig den allgemeinen Widerstand gegen die Regierung, der mit der 100.000 Menschen starken ÖGB-Demonstration gegen den 12h-Tag seinen bisher höchsten Ausdruck fand, im Herbst wieder zu beleben. Nachdem die ÖGB-Spitze offenbar von ihrer eigenen Stärke verunsichert war zog man sich auf vage Versprechungen von Widerstand, über eine Volksabstimmung, zu Protesten im Rahmen der Kollektivvertragsverhandlungen, bis zu einem Volksbegehren gegen das Gesetz zum 12-Stunden-Tag zurück. Für die Linke muss deshalb der Druck von unten auf die Gewerkschaftsführung – auch im Rahmen der Proteste gegen die EU-Ratspräsidentschaft – wesentlich sein.