Schule, Uni, Lehre Kindergarten: Für eine antikapitalistische Bildungsbewegung!

In Österreich herrscht der Neoliberalismus in seiner rechtskonservativen Form. Gemäß dieser Ideologie wird die „Leistung“ belohnt und die „Eigenverantwortung“ gefördert. Tatsächlich handelt es sich dabei um Elitenförderung und Verschlechterungen für die große Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere für jene aus proletarischen und migrantischen Verhältnissen. Diese Politik macht auch vor der (Aus-)Bildung keinen Halt und zieht sich durch alle Bildungsbereiche im weiteren Sinn – vom Kindergarten über die Schule, zur Lehre und bis zur Universität. Wir geben einen Überblick über die laufenden Verschlechterungen für unser Bildungssystem.

Sparen bei der Kinderbetreuung

Öffentliche Kinderbetreuung ist nicht einfach nur eine Maßnahme um das Aufziehen von Kindern und das Nachgehen einer Lohnarbeit zu vereinbaren. Sie ist auch nicht nur eine (zweifellos überaus wichtige) Maßnahme um Frauen die Emanzipation aus traditionellen Geschlechterrollen zu erleichtern. Kinderbetreuungseinrichtungen sind ebenso Bildungseinrichtungen, in denen Kinder Grundkenntnisse und sozialen Umgang lernen. Den neoliberalen und konservativen Ideolog*innen ist es dabei am liebsten wenn die Kosten dafür von den Familien selbst getragen werden oder wenn die Kinderbetreuung zu Hause von den Frauen erledigt wird, anstatt dass mit einer öffentlichen Finanzierung der Zugang für alle sozialen Schichten gewährleistet wird.

Dass FPÖ und ÖVP eben so denken haben sie durch die Maßnahmen der oberösterreichischen Landesregierung schon bewiesen. Mit Februar 2018 wurden dort Gebühren für die Nachmittagsbetreuung in Kindergärten in der Höhe von 42 bis 110 Euro monatlich eingeführt, ein Gesamtausmaß von 13-15 Millionen Euro. Zwar soll es erst im August offizielle Zahlen geben, aber Umfragen deuten an, dass in vielen Gemeinden sogar mehr als die Hälfte der Kinder von der Nachmittagsbetreuung abgemeldet wurden. Die letzten verbleibenden Gratis-Kindergärten sind nun in Wien und da die Kindergärten Ländersache sind kann die Bundesregierung hier vorerst nicht eingreifen.

Dafür laufen nun die Verhandlungen über die 15a-Vereinbarungen, d.h. die finanziellen Zuschüsse des Bunds an die Länder. Im Budget wurden für den Ausbau der Kinderbetreuung für das nächste Jahr symbolische 1.000 Euro veranschlagt. Für die Verhandlungen verheißt diese „Symbolik“ (laut Familienministerin) aber nichts Gutes.

Zwang und Trennung in der Schule

Schon länger wird über den Vorstoß diskutiert, die Volksschulen für die Vergabe von Noten zu verpflichten, auf die sie in den ersten drei Schulstufen verzichten konnten. Der Zweck dieser Maßnahme ist natürlich der, den Leistungsdruck von klein auf zu erhöhen und die Kinder stärker darauf einzustellen, dass am Ende die Guten aus den Schlechten ausgesiebt werden. Mit dieser Maßnahme, die im Herbst 2019 in Kraft treten soll, wird das differenzierte Schulsystem wieder verfestigt, das in den letzten Jahren immer mehr hinterfragt wurde, weil es sozial selektierend wirkt.

Einen autoritären Ansatz verfolgt die Regierung auch beim Thema Schulschwänzen. Bisher herrschte ein fünfstufiges Verfahren mit Elterngesprächen, Einschalten des Direktors, schulische Berater*innen, Jugendhilfe etc. um gegen unentschuldigtes Fernbleiben von der Schule vorzugehen. Falls Geldstrafen verhängt wurden betrugen diese in der Regel 70 Euro. Das Verfahren soll nun aber „vereinfacht“ werden und der finanzielle Strafrahmen auf bis zu 660 Euro erhöht werden. Fehlt man in Zukunft bis zu drei Tage kann die Schulleitung verwarnen, ab dem vierten Tag droht schon die Verwaltungsstrafe. Tatsächlich ist dieses härtere Vorgehen nicht nur eine Scheinlösung sondern ein Rückschritt. Natürlich wirkt der fünfstufige „Eskalationsplan“ bei Extremfällen nicht, aber hier hat man in der Regel tiefergehende soziale Probleme, als dass das Kind hin und wieder keine Lust auf Unterricht hat und gerade da dient die finanzielle Bestrafung höchstens zur Verschärfung der Misere.

Eine weitere reaktionäre Reform ist die Einführung von Deutschklassen, die am 17. Mai von den Regierungsparteien im Nationalrat beschlossen wurde. Deutsch sprechen ist nun ein Kriterium der Schulreife und all jene, die das nicht ausreichend können, werden ab kommendem Schuljahr als „außerordentliche“ Schüler*innen in eigene Deutschklassen gesteckt. In der Volksschule beträgt das Ausmaß dieser Klassen wöchentlich 15 Stunden, in der Sekundarstufe 20 Stunden, abseits davon findet gemeinsamer Unterricht in Fächern wie Turnen, Musik, Zeichnen etc. im Rahmen der Regelklasse statt. Dabei gibt es Bedenken, die die Trennung von Sprachkenntniserwerb und Fachkenntniserwerb als unpädagogisch kritisieren. Höchstproblematisch ist das Konzept aber aus politischer Perspektive weil die Verpflichtung der deutschen Sprache das Recht von Migrant*innen auf kulturelle Selbstbestimmung unterdrückt und die Separation nach Sprachkenntnissen die Schüler*innen und in weiterer Folge auch die Arbeiter*innenklasse nach der Herkunft weiter spaltet. Dabei ist das Erkennen gemeinsamer Interessen über kulturelle und sprachliche Unterschiede hinweg notwendig für eine internationalistische und antirassistische Politik. Sinnvoller aus Sicht der Arbeiter*innenbewegung wäre daher der Ausbau von mehrsprachigem Unterricht und das Angebot zur Deutschförderung auf freiwilliger Grundlage.

Entrechtung der Lehrlinge

Die Regierung hat sich das Ziel finanzieller Anreize zur Aufnahme einer betrieblichen Lehre gesetzt. Wer das in positiver Weise interpretiert hat wird nun eines Besseren belehrt. Nun halbiert das AMS die Ausbildungsbeihilfe (entspricht der Lehrlingsentschädigung) für Jugendliche über 18 in überbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen (ÜBA) in den ersten beiden Lehrjahren. Statt den Lehrlingen das Leben zu erschweren sollte Thema sein, dass immer weniger Betriebe Lehrlinge ausbilden und oft schlechte Ausbildungsbedingungen herrschen. Mit den Einsparungen in der ÜBA wird natürlich das Angebot für eine sichere und gute Ausbildung unterminiert. In eine ähnliche Richtung wirkt auch die geplante Abschaffung des Jugendvertrauensrats, der gegen Missstände bei der betrieblichen Ausbildung vorgehen könnte.

Soziale Selektion an den Unis

Der Hochschulbereich ist schon seit jeher ein Feld für Kinder aus wohlhabenden und akademischen Verhältnissen, Teilen der kleinbürgerlichen Mittelschichten und privilegierten Schichten der Arbeiter*innenklasse. Mit dem weitgehend freien Hochschulzugang konnten vermehrt junge Erwachsene aus proletarischen Verhältnissen an die Unis kommen, wodurch die Vererbung von (Aus-)Bildung ein Stück weit aufgeweicht werden konnte. Diese Errungenschaft wird von Schwarz-Blau Schritt für Schritt wieder abgebaut, der Hochschulzugang durch neue Studienbeschränkungen und Studiengebühren erschwert. Zuletzt wurden zeitgleich zu einer Novelle des Universitätengesetzes Platzbeschränkungen in Jus, Erziehungswissenschaften und Fremdsprachen beschlossen sowie die Möglichkeit die Plätze an lokal überlaufene Studien einzuschränken. Dementsprechend wird es wohl noch in einer Reihe von anderen Studien Zugangsbeschränkungen geben, neuerdings auch in Informatik an der Universität Wien. Die Studiengebühren sind für Faßmann angeblich keine Priorität, man sollte sich aber nicht täuschen lassen, dass nicht doch sehr schnell ein Beschluss gefasst wird, der in einer Höhe von 500-1.000 € pro Semester liegen könnte. Die Regierung argumentiert natürlich mit besseren Studienbedingungen, also keinen überfüllten Hörsälen und besseren Betreuungsverhältnissen von Studierenden und Lehrenden. Sie verschweigt nur auf wessen Kosten der Weg dorthin erzielt wird, nämlich auf Kosten der Ärmeren zugunsten der Reichen.

Antikapitalistische Bildungsbewegung

Dieser Rundumschlag muss rund um beantwortet werden. Dazu braucht es vor allem auch Widerstand an der Basis. Wenn wir uns zusammenschließen, können wir die Angriffe abwehren und ein besseres Bildungssystem erkämpfen. Dafür müssen in Schulen, Unis und (Lehr)Betrieben Aktionskomitees aufgebaut werden, um den Widerstand schlagkräftig zu machen. Wir können aber nicht nur Symptome bekämpfen, wir müssen an die Wurzel des Übels gehen – was es braucht ist eine übergreifende antikapitalistische Bildungsbewegung.