Student*innen und Arbeiter*innen stehen auf gegen Gewerkschaftszerschlagung und gegen Entlassungen durch die selbsternannt fortschrittliche Privatuniversität in New York. Von Mo Sedlak.
Seit drei Jahren kämpfen akademische Mitarbeiter*innen der New School um einen Vertrag. Jetzt, wo die Verhandlungen zu Ende gehen, hat die Universitätsverwaltung einen Angriff auf verschiedene Teile der Belegschaft beschlossen.
Im April 2018 kündigte sie an, Kantinenbetriebe „in-house“ zu nehmen, wobei sie zunächst verschwieg, dass dies die Entlassung aller Arbeiter*innen bedeutete und nur einige von ihnen wieder einzustellen ohne, ihre bereits bestehende Gewerkschaftszugehörigkeit anzuerkennen. Etwas später wurde den Studiumsberater*innen ein neues Entgeltsystem vorgelegt, das die Krankenversicherung und Gebührenbefreiungen im Wert von mehreren tausend Dollar jährlich kündigt. Und am Verhandlungstisch mit der Gewerkschaft SENS-UAW, die jedes Jahr mehr als 1.000 studentische Arbeiter*innen vertritt, hat sie die Verhandlungen bis zum Ende des Semesters blockiert und Lohnerhöhungen angeboten, die nicht einmal mit ihrer eigenen Gebühreninflation Schritt halten.
Beispiele für Widerstand
Alle diese Angriffe führten zu einer berechtigten Reaktion der breiteren Universitätsgemeinschaft. SENS-UAW kündigte einen Streik für den 8. Mai an, in dem sie vor Ablauf des Semesters einen Vertrag mit bedeutenden Ergebnissen in Bezahlung, Gesundheitsfürsorge und Kinderbetreuung fordert. Studiumsberater*innen, kündigten an, dass sie am 8. Mai dem Streik beitreten würden, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt würden, obwohl sie durch bürokratische Tricks von der Verhandlungen der Universität ausgeschlossen wurden. Unter der Führung der maoistischen „Kommunistischen Studierendengruppe“ und in Zusammenarbeit mit der Cafeteria-Gewerkschaft UNITE HERE besetzten die Student*innen die Cafeteria und unterbrachen den Betrieb, ohne die Klausel „kein Streik, keine Aussperrung“ im Arbeitervertrag zu brechen. Workers Power US nahm an beiden Kämpfen teil.
Kapitalismus mit menschlichem Antlitz
Die New School präsentiert sich nicht nur als fortschrittliche Universität, sondern vermarktet aktiv die radikale Politik ihrer Student*innen und Professor*innen. Sie wurde unter der Prämisse gegründet, kein Geld für Verwaltungsorgane, Werbung und dergleichen zu verschwenden. Dennoch waren im Jahr 2018 die Gebühren 30 Prozent höher als der nationale Durchschnitt für private Hochschulen. Gleichzeitig gibt sie mehr als doppelt so viel für Verwaltung und Werbung aus als vergleichbare Institute.
Darüber hinaus hat die Universität eine Geschichte des harten Durchgreifens gegen Student*innenen und Arbeiter*innen, die gegen reaktionäre Entscheidungen protestieren. Als die Student*innen die Cafeteria im Protest gegen den Universitätspräsidenten Bob Kerrey besetzten, rief er das NYPD an und ließ 22 von ihnen festnehmen. Nach seinem Rücktritt führte sein Nachfolger und derzeitiger Universitätspräsident David Van Zandt einen Rechtsstreit gegen die Anerkennung der Gewerkschaften, den er 2015 endgültig verlor. Während die Schule radikale Politik vermarktet, versucht sie aktiv, die Organisierung von Arbeiter*innen und Student*innen zu unterdrücken.
Wie alle privaten Universitäten ist die New School eine kapitalistische Firma. Als ihre Gründer schrieben, dass sie einen Ort schaffen wollten, um des Lernens willen zu lernen, beschwindelten sie sich selbst über die Realität der höheren Bildung in den Vereinigten Staaten. Wie auch immer, in den letzten 99 Jahren seit der Gründung der Universität sind die Kommerzialisierung der Bildung und Unterdrückung der Arbeiter*innen weiter voran geschritten. Die New School wird durch Gebühren finanziert und da der Unterricht pro besuchtem Kurs bezahlt wird, ist die Ausbeutungsrate leicht zu berechnen, wenn man minimalen Löhne der Lehrassistent*innen berücksichtig. Gleiches gilt für die Forschungsassistent*innen in ihrer Rolle zur Bereitstellung der Arbeiten, von denen die externe Finanzierung und der akademische Ruf der Universität abhängen.
Derselbe Kampf
Wir können ähnliche Kämpfe Bildungsbereich beobachten, besonders in den letzten Monaten und Jahren. Erst vor einer Woche haben Student*innen der angesehenen „Ivy League“ Columbia University einen einwöchigen Streik begonnen und gefordert, dass die Verwaltung Verhandlungen beginnt. Ihr Präsident Bollinger hofft, dass Trumps arbeiter*innenfeindliche Administration gegen die gewerkschaftliche Organisierung von Akademiker*innen vorgeht und die entsprechende Entscheidung des National Labour Relations Board von 2015 umkehren wird. Ähnliche Vorwürfe wurden gegen die Verwaltung der Harvard University erhoben, wo die Arbeiter*innen schließlich im April 2018 ihre Gewerkschaft gewannen.
Diese Kämpfe müssen auch mit der Streikwelle der Lehrer*innen in den wirtschaftlich marginalisierten Staaten im Mittleren Westen und Süden der Vereinigten Staaten in Verbindung gebracht werden. Da ihnen das Streiken oft verboten war, haben sie sich Anfang des Jahres die Straßen und Streikposten genommen und gewannen bedeutungsvolle Zugeständnisse in wilden Streiks. Das beschämende Verhalten der Gewerkschaften in Arizona zeigt, wie wichtig die Kontrolle der Arbeiter*innen über den Kampf und der Kampf für echte Demokratie in den Gewerkschaften sind.
Wir können sehen wie die Widersprüche des US-Kapitalismus im Moment eskalieren. Obwohl die Kosten der Krise von 2008 und die Rettungsaktionen fast ausschließlich von Arbeiter*innen und den von staatlicher Fürsorge Abhängigen gestemmt wurden, wurde die Krise keineswegs gelöst. Die Wahl von Trump, d.h. des widersprüchlichsten und radikalsten Kandidaten der konservativen Rechten der reaktionärsten Teile der herrschenden kapitalistischen Klasse, ist ein Symptom davon.
Die Notwendigkeit radikaler Lösungen erklärt zum Teil die Wahl eines so widersprüchlichen und radikalen Kandidaten wie Donald Trump mit seinem Programm der Umweltzerstörung, der Einschränkung der Rechte der Arbeitenden und der rassistisch und geschlechtlich unterdrückten Menschen sowie der Gefahren des Handelskriegs, angeblich um bessere Vereinbarungen für große US-Konzerne zu bekommen. Das fortwährende Durchgreifen gegen Arbeiter*innen auf Staats- und Bundesebene ist Teil der wirtschaftlichen und politischen Widersprüchen, die für diese Zeit prägend sind.
Bahnbrechende Siege
Die Konflikte an der New School scheinen im Vergleich gering. Aber das sind sie nicht. Jede Zusicherung jedes einzelnen Jobs für Kantinenarbeiter*innen (was die wichtigste Forderung der Besetzer*innen ist), ist ein wichtiger Sieg gegen Entlassungen und die Zerschlagung von Gewerkschaften. Die Verwaltung hat bereits öffentlich gesagt, dass sie jede*n einzelne*n Arbeiter*in zu gleichen oder besseren Löhnen wieder einstellen würde.
Die akademischen Mitarbeiter*innen von SENS-UAW würden die ersten sein, die einen Vertrag durch die NLRB-Entscheidung 2015 erhalten und würden damit das Moment für weitere Verhandlungen beiten, zum Beispiel bei Harvard, Washington University in Seattle und anderen Orten, an denen UAW gerade verhandelt. Sie steht an vorderster Front einer der erfolgreichsten gewerkschaftlichen Organisierungskampagnen in den Vereinigten Staaten von Amerika heute.
Arbeiter*innenkontrolle
Aber sowohl bei der Cafeteria-Besetzung als auch in den Vertragsverhandlungen sind die Arbeiter*innen an der Basis misstrauisch geworden, was Gewerkschaftsangestellte hinter den verschlossenen Türen treiben. Während Verhandlungen und Ziele vertraulich sind, um die Bosse nicht wissen zu lassen, womit sie es zu tun haben, stören sie zutiefst den demokratischen Prozess innerhalb der Gewerkschaften, für welche die Arbeiter*innen kämpfen müssen. Die Kontrolle über die ihre Arbeitsbedingungen kann nicht der Gewerkschaftsbürokratie überlassen werden, sondern muss in den Händen der Arbeiter*innen selbst liegen.
Das ist eine komplizierte Abwägung. Während die Verhandlungsgremien in der Regel demokratisch gewählt sind und das Vertrauen und die Unterstützung ihrer Basis genießen, lösen sie den Kampf am Tisch vom Kampf am Arbeitsplatz, wenn die Verhandlungsziele nicht an der Basis diskutiert werden können. Das Ausmaß dieser Widersprüche wurde im „Arbeiter*innen- und Student*innenkomitee” der Cafeteria-Besetzung offensichtlich, welches offene Verhandlungen statt geschlossener Treffen verlangte sowie die Vorschläge offener Verhandlungen von studentischen Arbeitern, die während der Streikvorbereitungstreffen geäußert wurden.
Unsere Genoss*innen von Workers Power US unterstützten die Forderung nach offenen Verhandlungen und plädieren für die vollständige Kontrolle des Prozesses durch die Basis, um Arbeiter*innenkontrolle zwischen der Wahl eines Verhandlungskomitees und der Ratifizierung eines Vertrags zu gewährleisten.
Stärke in der Einheit
Demokratie und Arbeiter*innenmacht sind sichere Wege um einen guten Vertrag zu gewinnen, so ist es auch mit der Solidarität innerhalb unserer Klasse. Es war normal für den Streik bei der Columbia, dass Gewerkschafter*innen aus der ganzen Stadt kamen und halfen. Außerdem wurde die Besetzung an der New School von allen Gewerkschaften auf dem Campus und anderen Organisationen unterstützt, wie den „Democratic Socialists of America“ in New York City oder der lokalen „Maoist Communist Group“. Andere Aktivist*innen unterstützen indem sie ihre Solidarität schriftlicher Form bekundeten oder an den Solidaritätsfonds der Besetzung überwiesen.
So eine Solidarität und Einheit wird nicht nur von denen benötigt die Kämpfen, sondern auch von denjenigen, die vorübergehend mit ihren Chefs im Frieden sind. Solche Konflikte werden durch Arbeiter*innenkontrolle, Solidarität und Einheit gewonnen. Sie sind nicht nur ein Sieg für die Betroffenen, sondern für die gesamte Klasse.