Budgetrede: Wer zahlt drauf in Österreich?

Am 21. März hielt ÖVP-Finanzminister Löger seine erste Budgetrede. Diese führt konsequent den Kurs fort den die schwarz-blaue Regierung seit Anbeginn fährt: Staatsverschuldung senken, Abgabenquote senken, Steuergeschenke für Reiche und Unternehmen finanziert durch Kürzungen bei Sozialleistungen. Mit Einsparungen in der Höhe von 2,5 Milliarden Euro will die Regierung ab 2019 sogar einen kleinen Überschuss erzielen.

„Leistung muss sich wieder lohnen“

Leistung ist für den Finanzminister, wie für die gesamte Regierung, eine zentrale Frage. Zum Beispiel der Familienbonus, der sich für höhere Einkommen stärker lohnt. Je mehr man verdient, umso mehr leistet man, umso mehr Anerkennung und Förderung verdient man, so die Logik der Regierung. Herr Löger findet es entscheidend, dass jenen die arbeiten „nicht weniger bleibt, als jenen die Solidarleistungen beziehen.“ Ohne Frage ist es eine Katastrophe, dass viele Menschen trotz Vollzeitjob kaum vom Gehalt leben können. Doch eine Steigerung der Löhne hat der Finanzminister nicht im Sinn. Stattdessen will er bei der Arbeitsmarktfinanzierung 1,5 Milliarden einsparen. Unter anderem soll bei der Mindestsicherung gespart werden, nachdem die Deckelung auf 1.500 € vom Verfassungsgerichtshof gekippt wurde, wird jetzt ein Alternativplan gesucht. Ohne zu wissen wie, sind dabei ab 2019 Einsparungen in der Höhe von 250 Millionen geplant. Außerdem ist eine rassistische Kürzung vorgesehen, nämlich, dass der Bezug der Mindestsicherung daran geknüpft ist, dass man in den letzten 6 Jahren mindestens 5 Jahre in Österreich gelebt hat.

Die Kürzung des AMS-Budgets ergibt sich vor allem aus der Beendigung der Aktion 20.000, bei der ältere Arbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden sollten, und des Beschäftigungsbonus (eine Lohnnebenkostensubvention für Unternehmen). Die Pläne die Notstandshilfe mit dem gestaffelten „Arbeitslosengeld Neu“ abzuschaffen sind nach wie vor aufrecht. Gleichzeitig wird nichts getan um die horrenden Mehr- und Überstundenzahlen zu bekämpfen, stattdessen sollen durch die Einführung des 12-Stunden-Tages weitere Überstunden in Mehrstunden umgewandelt werden.

„Sparen im System“?

Damit meint der Finanzminister Einsparungen in der Bundesverwaltung, aber insbesondere auch generell im öffentlichen Dienst: Zum Beispiel reduzierte Nachbesetzungen im öffentlichen Dienst (außer in den Bereichen „Sicherheit“ und Bildung). Insgesamt sollen 1.372 Stellen eingespart werden – dass das Arbeitsvolumen dabei auch reduziert wird kann man wohl aus Erfahrung ausschließen.

Der Bereich „Sicherheit“ soll als einziger aufgestockt werden, 4.563 neue Planstellen, 4.100 davon bei der Polizei, sind im Budget eingeplant. Die Regierung versucht uns einzureden, dass es dabei darum ginge uns vor Kriminalität und Terrorismus zu schützen, doch laut dem Kurier vorliegenden Rohdaten ist die Kriminalitätsrate 2017 sogar gesunken. Der Schrei nach mehr Sicherheit von Seiten der Regierung dient also einerseits der „Beruhigung“ der Bevölkerung angesichts der Verunsicherung mittels rassistischen Hetze, andererseits können die Polizist*innen ja auch anderweitig eingesetzt werden. Ein offensiveres Vorgehen der Polizei, zum Beispiel gegen linke Demonstrationen, ist nur eine von vielen Möglichkeiten wie die Regierung die aufgestockten Sicherheitskräfte gegen die Bevölkerung verwenden kann.

Die Budgetplanungen für Heer und Justiz sind bereits jetzt ein Thema, das auch innerhalb der Regierung für Unmut sorgen könnte. Die Justizbeamten kämpfen insbesondere gegen den Abbau von Richter*innenstellen.

Wo jedoch beim System gespart wird wenn für die Parteienförderung – teils aufgrund der EU-Wahlen, teils aufgrund einer Anhebung – wieder deutlich mehr eingeplant ist, erschließt sich wohl kaum jemandem. Genauso merkwürdig scheint dabei, dass 10 Millionen zusätzlich für die Generalsekretäre und politischen Büros der Minister*innen zur Verfügung gestellt werden.

Rassismus pur

Massiv eingespart werden soll bei all jenen die keine österreichische Staatsbürger*innenschaft besitzen, allen voran bei Asylwerber*innen. Sei es durch die bereits genannten Pläne für die Mindestsicherung oder die Anpassung der Familienbeihilfe an die Lebenserhaltungskosten des Landes in dem das Kind lebt – bei direkten Leistungen soll deutlich eingespart werden. Doch auch indirekt finden sich auf verschiedenen Ebenen Einsparungen, die insbesondere Menschen mit nichtdeutscher Muttersprache treffen. Einige Kürzungen beim AMS aber auch im Bildungsbudget sind direkt gegen sie gerichtet. Und auch die Kürzung der Mittel für den Auslandskatastrophenfonds ist klar der nationalistischen Ausrichtung dieser Regierung geschuldet.

Orientierung auf die Zukunft?

Die Erhöhung des Bildungsbudgets ist kaum mehr als ein paar Peanuts, insbesondere wenn man sich ansieht, dass es seit Jahren immer zu niedrig datiert wurde und Nachzahlungen erhielt. Die Mittel die zur Verfügung gestellt werden reichen nicht für mehr aus, als für die durch Gehälter und Mieten steigenden Kosten.

Die noch in der alten Legislaturperiode beschlossene Steigerung des Universitätsbudgets ist zwar prinzipiell positiv, jedoch ist auch bekannt was damit einher geht, nämlich eine Studienplatzfinanzierung samt neuen Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren. Die Erhöhung der Forschungsprämie hingegen klingt zwar gut, bedeutet aber in letzter Instanz kaum mehr als, dass noch mehr Steuergelder an Unternehmen gehen.

Klar problematisch für unsere Zukunft ist übrigens auch der Umgang mit der Umwelt – denn das Umwelt- und Klimabudget soll gesenkt werden.

Vorsorge für Alter und Krankheit

Pensionen sind der größte Ausgabenbereich. Doch aufgrund der guten konjunkturellen Lage fließen auch mehr Pensionsversicherungsbeiträge und damit müssen weniger Zuschüsse aus dem Budget kommen. Gleichzeitig plant die Regierung eine Pensionsreform zu der bisher wenig bekannt ist, bei der geförderten Altersteilzeit wird allerdings ein erster Schritt gemacht – so soll in den nächsten zwei Jahren das Mindestalter um jeweils ein Jahr steigen. Das bedeutet für Frauen wird sie dann erst ab 55 möglich sein, für Männer ab 60.

Die geplante Steigerung des Pflegegeldes reicht leider auch nicht für mehr als die Abdeckung der steigenden Zahl an pflegebedürftigen Menschen. Und dabei lässt der Finanzminister auch schon anklingen, dass er nicht bereit ist solche Ausgaben dauerhaft aus dem Budget zu finanzieren – wiederum ist eine Reform geplant, der Inhalt aber unbekannt.

Und auch aus den Gemeinden kommt beim Thema der Pflege immer noch ein Aufschrei, weil die durch die Abschaffung des Pflegeregress für die Gemeinden entstandenen Mehrkosten nur zu einem Bruchteil vom Bund abgegolten werden. Auch hier bietet sich Konfliktpotential auch innerhalb der Regierung.

Senkung der Abgabenquote

Die Senkung der Abgabenquote ist ein zweischneidiges Schwert. Steuersenkungen sind per se weder gut noch schlecht – die Frage ist welche Steuern gesenkt werden. Eine niedrigere Abgabenquote in Kombination mit dem Ziel der Senkung der Schuldenquote erfordert allerdings automatisch auch eine Senkung der Ausgaben – und auch hier stellt sich wieder die Frage welche Ausgaben gesenkt werden sollen.

Die beschlossene Senkung der Arbeitslosenversicherung bringt für niedrige Einkommen mal wieder gar nichts – bis 1.381 € Bruttoeinkommen wird keine Arbeitslosenversicherung gezahlt. Darüber gibt es eine Staffelung. Es muss die Frage gestellt werden wie eine solche Maßnahme finanziert werden soll. Bei jeder klassischen Versicherung bedeutet weniger einzuzahlen auch weniger Leistung. Im konkreten Fall bedeutet weniger Einnahmen durch die Arbeitslosenversicherung wohl auch weniger Geld für das AMS. Wen eine geplante Reform des AMS am härtesten treffen würde ist offensichtlich: jene die bereits am Boden liegen. Ältere Arbeitslose, Langzeitarbeitslose und Migrant*innen – doch auch Jugendarbeitslosigkeit könnte bei solchen Maßnahmen wieder ein größeres Thema werden. Die versprochene Abschaffung der kalten Progression hingegen findet sich nicht im Budget.

Die bereits beschlossene Senkung der Umsatzsteuer für Nächtigungen ist ein Geschenk an die Tourismusbranche, ein Geschenk an die Unternehmen. Um solche und mehr Steuergeschenke an die reiche Klientel von ÖVP und FPÖ zu finanzieren, muss eingespart werden.

Reaktion der Sozialdemokratie

Das Nulldefizit ist für die SPÖ kein großer Erfolg – ist es doch so, dass bei der derzeitigen guten konjunkturellen Entwicklung automatisch die Steuereinnahmen ansteigen und die Ausgaben für Sozialleistungen sinken. Das ist faktisch durchaus richtig, jedoch gibt es viele Dinge an diesem Budget die kritikwürdiger sind als die Frage, ob das Nulldefizit eine große Leistung ist oder eben nicht. Die SPÖ will damit aussagen, dass es ihre Politik in der Vergangenheit war die jetzt das Nulldefizit möglich macht. Das ist in hohem Grade lächerlich, denn der viel beschworene Aufschwung hat vor allem etwas mit der europäischen konjunkturellen Entwicklung zu tun und wenig mit dem Kern‘schen Plan A.

Ihrer Rolle als parlamentarische Opposition wird die SPÖ gerecht – sie wettert brav im Parlament gegen dieses Budget und veröffentlicht auch Kritik auf ihrer Homepage. Ihre Kritikpunkte sind dabei auch oftmals nicht falsch, so kritisiert die SPÖ ein „Sparen bei den Menschen“ (wir unterstellen an dieser Stelle, dass sie trotz der Inhaltslosigkeit der Formulierung die einfache, arbeitende Bevölkerung meint). Aber über ihre Kritik im Parlament, im Internet und in Medien geht sie aber (mit Ausnahme einzelner Sozialdemokrat*innen und den Jugendorganisationen) nicht hinaus, sie hat kein Interesse einen außerparlamentarischen Widerstand zu leisten, denn ihr geht es lediglich um die bequeme Inszenierung als Wahlalternative.

Wenn man sich an ihre Regierungszeit erinnert und an all jene reaktionären Maßnahmen die sie in Anbiederung an die ÖVP und das Kapital („Wirtschaftsstandort“) mitgetragen hat, dann bleibt auch noch der Eindruck einer beleidigten Leberwurst, die sich von der Hauptagentur der österreichischen Kapitalist*innenklasse (die ÖVP) verprellt fühlt.

Widerstand ist notwendig

Die Regierung hat uns mit dieser Budgetrede einmal mehr gezeigt für wen sie Politik macht. Für die Reichen und Unternehmen, gegen Arbeiter*innen, Arbeitslose, Migrant*innen und Frauen. Sie wird immer wieder versuchen ihre Maßnahmen als arbeiter*innenfreundlich darzustellen, um den Widerstand so gering wie möglich zu halten. Es ist daher dringend notwendig hinter die Kulissen zu schauen und ihre Politik zu entlarven. Die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften müssen in die Verantwortung gezogen werden, um die Arbeiter*innenklasse insbesondere über die Gewerkschaften gegen die Regierung zu mobilisieren. Um erfolgreich zu sein braucht es eine Verbindung der Kämpfe aller Unterdrückten in einer Einheitsfront der Linken und der Arbeiter*innenbewegung. Nur so haben wir die Chance uns dieser reaktionären Regierung erfolgreich entgegenzustellen. Doch unser Ziel darf nicht sein nach dieser Regierung wieder zur Sozialpartner*innenschaft und SPÖVP-Koalition zurück zu kommen. Vielmehr muss der Widerstand Aufbau einer revolutionären Arbeiter*innenpartei genutzt werden, die diese Regierung genauso wie den Kapitalismus mit allen seinen Übeln bekämpft.