Die griechische Regierung beschloss am 15. Jänner 2018 wieder mal ein Sparprogramm, die Arbeiter*innen waren wütend und die Gewerkschaftsbürokratie verkündete einen weiteren Generalstreik!
War dieser ein Erfolg? Nein, für die Werktätigen brachte er die nächste Niederlage. Die Regierung weiß, dass sie von einem eintägigen „Generalstreik“ nichts zu befürchten hat, denn die Bürokratie ist ihr wohl gesonnen um nicht ihre Posten zu gefährden und die wiederholten Niederlagen zermürben die Arbeiter*innen. Das hat die Regierung bereits aus den 45 „Generalstreiks“ gelernt.
Viele kämpferische Arbeiter*innen haben sich zu recht gesagt, dass wenn die Gewerkschaften endlich wieder kämpfen, dann können wir nicht passiv sein. Aber sie haben nicht den entscheidenden Schritt gemacht und eine eigene kämpferische Führung gewählt, z.B. Betriebskomitees um ihre Interessen gegen die Interessen der Bürokratie durchzusetzen.
Die Frustration zeigte sich an der mangelnden Beteiligung an den Kundgebungen der Gewerkschaften. Während des Generalstreiks waren in Athen nur magere 20.000 und in Thessaloniki 8.000 auf der Straße und das Sparprogramm wurde mit der Mehrheit der Regierungsparteien angenommen.
Der Nationalismus
Im Jahr 1992 waren in Thessaloniki eine Million Menschen unter der Parole „Mazedonien ist griechisch“ auf der Straße. Zu der Demonstration aufgerufen hatte die Nea Demokratia, die sozialdemokratische PASOK und sogar Synaspismos, die wichtigste Vorläuferorganisation von Syriza. Jetzt fordert die USA, dass der ganze Balkan, also auch Mazedonien, sich in die Klauen der NATO begibt. Griechenland hat bis jetzt ein Veto gegen den NATO-Beitritt eingelegt, solange die Namensfrage nicht gelöst ist. Aufgrund des Druckes der USA versuchte Tsipras mit Mazedonien einen Kompromiss einzugehen.
Antarsya, ein linkes (Wahl-)Bündnis in Griechenland, schreibt:
„Die einzigen, die dafür verantwortlich sind zu entscheiden, welchen Namen das eigene Land hat, sind die Menschen, die dort wohnen. Die Pflicht der Linken in Griechenland ist es, sich der imperialistischen Expansion des eigenen Kapitalismus zu widersetzen und nicht den »Irredentismus« in Skopje zu denunzieren. Das Beharren auf einen zusammengesetzten Namen (Wie Neu- oder Nord-Mazedonien, Anm.) ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. (…) Die Pflicht der Linken in Griechenland ist es, ihre Solidarität in diesem Kampf zu zeigen und sich nicht hinter den Bestrebungen der griechischen herrschenden Klasse zu versammeln.“ (marx21)
Dem können wir nur zustimmen.
Heftige Reaktionen
Nur einige Tage nach dem Generalstreik fanden zwei große reaktionäre Demonstrationen statt. Die erste war am 21. Jänner mit 90.000 Teilnehmer*innen in Thessaloniki und die zweite am 4. Februar in Athen. Laut marx21 nahmen daran rund 140.000 Menschen teil. Die Veranstalter*innen sprachen von 400.000 und einer Million.
Organisiert wurden die beiden Demonstrationen von rechten und nationalistischen Kreisen: Militär, Klerus, Unternehmer*innen und Faschist*innen der neofaschistischen Partei Chrysi Avgi, der „Goldenen Morgenröte“.
„Eine Gruppe von Faschisten hatte die Demonstration in Thessaloniki genutzt, um das von Anarchisten seit Jahren besetzte soziale Zentrum Libertatia in Brand zu setzen. Auch aus der Kundgebung auf dem Athener Syntagma Platz heraus haben Faschisten versucht, das unabhängige Empros-Theater anzugreifen und niederzubrennen, allerdings ohne Erfolg. Doch während die griechische Polizei diesem Treiben weitgehend passiv zuschaute, griff dieselbe Polizei gleichzeitig das Büro von Antarsya, einem Bündnis der radikalen Linken, in Athen mit Tränengasgranaten an.“ (marx21)
Die Linken
Bis auf Zoi Konstantopoulou, ex-Syriza-Mitglied und ex-Präsidentin des griechischen Parlaments, haben alle Kräfte der Linken sich klar von den nationalistischen Demonstrationen distanziert. KKE und Volkseinheit (LAE) haben sich entschieden gegen die Demonstrationen in Thessaloniki und Athen gewandt. Aber beide sprechen sich wie Syriza für eine Verhandlungslösung mit einem kombinierten Namen aus. Grundlage eines solchen kombinierten Namens ist allerdings die Erpressung des nördlichen Nachbarn durch Griechenland.
Anders als Anfang der 1990er Jahre ist die griechische nationalistische Rechte nicht mehr in der Lage die ganze Gesellschaft zu prägen. Der Stadtrat von Athen hat es gegen die drei Stimmen der Goldenen Morgenröte abgelehnt, zu der Demonstration am 4. Februar aufzurufen. In den sozialen Medien drücken viele Menschen ihre Ablehnung und Verachtung für die nationalistischen Demos aus. Laut bürgerlichen Medien seien aber immer noch 70 % der Bevölkerung dagegen, dass die Mazedonier*innen ihren Staat als „Mazedonien“ bezeichnen können.
Perspektive
Diese reaktionären Massendemonstrationen stellen einen gefährlichen Versuch dar, die Unzufriedenheit mit der ökonomischen und sozialen Lage in rechtes und nationalistisches Fahrwasser zu lenken. Er wäre dringendst notwendig eine Einheitsfront der Linken und der Arbeiter*innen zu gründen und ein Bündnis mit den verarmten kleinbürgerlichen Bewegungen aufzubauen, um gegen die kapitalistische Regierung und deren Gesetze sowie der Gefahr der rechten Mobilisierungen zu kämpfen.