In Berlin sind seit Jänner die studentischen Hilfskräfte (SHKs) im Arbeitskampf. Im Jänner und Februar gab es mehrere Streiks an mehreren Hochschulen. Noch hat der Arbeitskampf keinen Abschluss gefunden, er ist aber trotzdem ein wichtiges Beispiel, wie sich der akademische Mittelbau kollektiv organisieren und für seine Interessen kämpfen kann. Diese Auseinandersetzung zeigt uns, dass auch in Österreich Arbeitskämpfe und Streiks an den Universitäten möglich sind und – wenn die schwarz-blaue Regierung wirklich umsetzen wird, was sie angekündigt hat – auch notwendig sein werden.
Wofür wird gekämpft?
Studentische Hilfskräfte (SHKs) sind Studierende, die neben ihrem Studium zusätzlich auch noch an den Hochschulen arbeiten – als Assistent*innen, Tutor*innen, Prüfungsbeisitzer*innen und ähnliches. Bis 31. Dezember letzten Jahres bestand ein Tarifvertrag (entspricht dem österreichischen Kollektivvertrag) aus dem Jahr 2001. Mit seiner Kündigung durch die Gewerkschaften ver.di (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) und GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) wurde somit das Feld für einen gesetzlichen Arbeitskampf eröffnet. Dazu muss gesagt werden, dass in Deutschland Arbeitskämpfe und Streiks einer gesetzlichen Regelung unterliegen und somit anders funktionieren als in Österreich wo es (glücklicherweise) keine gesetzlichen Rahmenbedingungen des Streikrechts gibt.
Der Kampf besteht also über einen neuen Kollektivvertrag. Dabei gibt es drei zentrale Forderungen. Erstens soll der Stundenlohn von 10,98 € auf 14 € brutto erhöht werden. Diesbzüglich ist wesentlich, dass der Stundenlohn seit 2001 gilt und seit dem nicht an die Inflation angepasst wurde. Die Erhöhung auf 14 € ist also nicht anderes als der Abgleich der Inflation in dieser Zeit. Der zweite Forderungspunkt ist der nach einer tariflich abgesicherten Arbeitsvertragslaufzeit von mindestens vier Semestern. Drittens wird eine Gleichbehandlung aller Hochschul-Beschäftigtengruppen bezüglich des Urlaubsanspruchs sowie dynamische Anpassungen an Gehaltssteigerungen anderer Beschäftigtengruppen gefordert. Das ist wesentlich damit einerseits die studentischen Beschäftigten mit den übrigen Beschäftigten gleichgestellt werden und andererseits ist es so auch nicht mehr so einfach möglich, die verschiedenen Berufsgruppen an der Uni gegeneinander auszuspielen und die SHKs als Lohndrücker*innen zu nutzen.
Die Streiks
Bisher gab es acht Streiktage und mehrere öffentliche Demonstrationen und Kundgebungen. Die angewandten Aktionsformen reichen sogar bis zu Besetzungen und Blockaden von Universitätsräumlichkeiten und Konfrontationen mit der Polizei, die eingesetzt wurde um die Streikenden von der Teilnahme an einer öffentlichen Sitzung des akademischen Senats an der Freien Universität Berlin abzuhalten. Während den Streiks der Metaller*innen gab es auch Solidaritätsdelegationen, die die Aktionen der Streikenden in diesem Sektor besuchten.
Neben den durchaus vielfältigen und radikalen Aktionen unterscheidet diesen Arbeitskampf aber noch ein weiteres Element von vielen anderen gewerkschaftlich angeleiteten Aktionen. Im Gegensatz zu den meisten Streiks gibt es hier nämlich breitere Mitbestimmungsmöglichkeiten durch die Basis. Bei jedem Streik gab es Streikversammlungen und auch eine letzte große Streikversammlung zu Ende des Wintersemesters. Klarerweise ließ sich die Gewerkschaftsführung hier nicht vollkommen die Linie vorgeben und es gab kaum Möglichkeiten bindende Beschlüsse zu fassen geschweige denn die Verhandlungskommission direkt rechenschaftspflichtig zu halten. Doch allgemein ist in diesem Streik eine weitaus stärkere Einbeziehung der Basis möglich, wohl auch weil unter den beschäftigten Studierenden viele in Organisationen der radikalen Linken aktiv sind.
Wie geht es weiter?
Unsere Genoss*innen der Gruppe ArbeiterInnenmacht beteiligen sich solidarisch an den Protesten. Wir stellen die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit in allen Bereichen, sowie der nach einer Übernahme nach abgeschlossenem Studium auf, vor allem aber auch nach einer echten direkten Kontrolle des Arbeitskampfs durch die Basis, inklusive Rechenschaftspflicht und Abwählbarkeit des Verhandlungsteams.
Nachdem die Streiks einiges an Druck erzeugt hatten, versuchte die Technische Universität Berlin einen Teilabschluss (natürlich unter den Forderungen) abzuschließen. Das lag daran, dass die Streiks und der Organisierungsgrad an der TU Berlin am höchsten waren. Dieser Versuch der Spaltung wurde abgelehnt. Doch es bleibt die Frage wie sich die Streiks im kommenden Semester (aktuell sind Semesterferien) weiter gestalten werden. Auf der zentralen Streikversammlung vor Semesterende wurde der Beschluss gefasst, im kommenden Semester den Druck zu erhöhen und auf einen großen Streik im Sommersemester hinzuarbeiten. Eine positive Entwicklung, auch wenn die Forderung nach einem Erzwingungsstreik (also ein Streik mit dem Ziel die Chefitäten zu einem Abschluss zu zwingen) keine Mehrheit fand.