Wieder einmal zu Beginn des Jahres befinden sich Vertreter*innen der Chef*innen und der Angestellten in Verhandlungen um die Kollektivverträge und wieder einmal sieht es für Angestellte des Sozialbereiches nicht besonders gut aus. Im letzten Jahr wurden die Gehälter um nur 1,3 % erhöht, was sogar unterhalb der offiziellen Inflation lag. 2018 fordern die Angestellten im Sozialbereich mehr und die Stimmung ist zunehmend kämpferisch. Die Gewerkschaften drohen sogar mit Streik.
Viel Arbeit, wenig Geld
Der Sozialbereich wird, obwohl es sich um ein herausforderndes Arbeitsfeld handelt, in dem viel Einsatz gefordert wird, nach wie vor ziemlich schlecht bezahlt und ist oft unterbesetzt. Angestellte des Sozialbereiches, die in Einrichtungen der Wiener Wohnungslosenhilfe, in WGs für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, in Frauenhäusern oder auch Krankenhäusern arbeiten, werden sobald sie Forderungen aufstellen häufig gegeneinander ausgespielt. Dabei wird die grundsätzliche Hilfsbereitschaft vieler im Sozialbereich Arbeitender ausgenutzt; Unternehmensführungen argumentieren mit den Interessen der Klient*innen um Arbeitsniederlegungen zu verhindern oder drohen indirekt mit dem Hinweis auf andere Einrichtungen, die noch weniger Geld zur Verfügung haben.
Dieses Jahr forderten die Gewerkschaften GPA und vida eine wöchentliche Normalarbeitszeit von 35h pro Woche, bei vollem Lohn- und Personalausgleich, sowie eine Steigerung der Löhne um 5%. Die ersten Kollektivvertragsverhandlungen liefen allerdings relativ schlecht und die Arbeitgeber*innen boten lediglich 2,1% Lohnerhöhung an, was exakt der aktuellen Inflationsrate entspricht, allerdings weder die besonderen Steigerungen bei Lebensmittel und Mietpreisen, noch die mickrigen Erhöhungen der SWÖ-Kollektivverträge der letzten Jahre berücksichtigt. Dieses Angebot wurde von den Gewerkschaften und Betriebsrät*innen mit Hinweis auf den relativ hohen Abschluss der Metaller*innen dieses Jahr abgelehnt, woraufhin die Chefitäten den Verhandlungstisch verließen.
Demonstration und Widerstand
Am 24. Jänner kam es daher zu einer Demonstration des Sozialbereiches, die von den Gewerkschaften als Betriebsversammlung im öffentlichen Raum angekündigt wurde, um Angestellten die Möglichkeit zu geben in ihrer Arbeitszeit teilzunehmen. Etwa 3.000 taten das auch und verliehen ihrem Unmut lautstark Ausdruck. Unterschiedliche Teilnehmer*innen und auch so manche Betriebsrät*innen sprachen von breiterem Widerstand und der Möglichkeit zu streiken um die Forderungen durchzusetzen.
Bei den darauffolgenden Verhandlungen gab es dennoch nur wenig Vorankommen, beim vierten mal bot die Führungsebene mit 2,35% nur eine minimale Verbesserung an, die weiterhin von den Gewerkschaften abgelehnt wurde. Vida und GPA forderten zumindest 3 Prozent, außerdem soll es eine bessere Abgeltung von Pflegekräften geben. Da die Verhandlungen erfolglos waren, hatten die Gewerkschaften zu einer Fortsetzung der Betriebsversammlung aufgerufen: Angestellte unterschiedlicher Einrichtungen des Sozialbereichs protestierten am 30. Jänner den ganzen Tag über vor jenen Einrichtungen, die sich bei den KV-Verhandlungen besonders querstellten. Hier wurde die Drohung mit einem Streik schon sehr klar formuliert.
In der vierten Verhandlungsrunde Ende Jänner, wurde sowohl ein neuer Termin am 12. Februar festgelegt, als auch von den Gewerkschaftsvertreter*innen beschlossen, dass es – sollte es an diesem Tag keine Einigung geben – zu Warnstreiks im Sozialbereich kommen soll, weshalb in den kommenden Wochen bereits Streik-Schulungen der Betriebsrät*innen stattfinden.
Was tun?
Diese Situation ist für den schlecht vernetzten und relativ schlecht gewerkschaftlich organisierten Sozialbereich durchaus ungewöhnlich und erweckt bei einigen Kolleg*innen den Kampfgeist. Auch wenn die Forderung nach einer 35h Woche und eine bessere Bezahlung durchaus begrüßenswert ist, bleibt allerdings abzuwarten, wie ernst es der Gewerkschaft damit tatsächlich ist. Dass bereits mit Warnstreiks gedroht wird, ist bestimmt sinnvoll um die Leitungsebene unter Druck zu setzten, es stellt sich aber die Frage ob die Gewerkschaften diese auch wirklich durchziehen, oder sich – wie so oft bei den sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen in unterschiedlichen Branchen geschehen – doch auf eine faulen Kompromiss einlassen. Deshalb müssen die Beschäftigten um die Kontrolle über den Streik kämpfen, indem sie Betriebsversammlungen, die Wahl einer Streikleitung und eine Abstimmung über das Verhandlungsergebnisse einfordern.
Was sich auf jeden Fall feststellen lässt ist, dass durch die gegebene Situation eine Politisierung des Sozialbereichs stattfindet, denn es sind sowohl die Klient*innen der Sozialen Arbeit, als auch die in dem Bereich Angestellten von der rassistischen Kürzungspolitik und der mangelnden Anerkennung des Bereichs betroffen. Diese Politisierung gilt es, unabhängig davon wie es von Seiten der Gewerkschaft weitergeht aufzugreifen und eine Vernetzung unter den Kolleg*innen des Sozialbereiches aufzubauen. Letztlich braucht es sowohl jetzt, als auch in Zukunft eine kämpferische Basis die in der Lage ist die Gewerkschaften unter Druck zu setzen und so Kampfmaßnahmen einzufordern.