Siemens ist einer der größten deutschen Konzerne und ein wichtiger Global Player. 2017 machte Siemens einen Gewinn von 6,2 Milliarden Euro, eine weitere Steigerung gegenüber 2016. Aber im Turbinengeschäft soll es zur Zeit riesige Überkapazitäten geben, daher werden in dieser Sparte 6.900 Beschäftige abgebaut. Die Werke in Görlitz, Leipzig und Offenbach sollen plattgemacht und andere Standorte verkleinert werden.
Das war eine Provokation, es gab Protestaktionen, Demonstrationen und eine bundesweite Betriebsrät*innenkonferenz der deutschen IG Metall. Selten haben die Teilnehmer*innen einer 90-Minuten-Kundgebung so aufmerksam zugehört. Die Stimmung, die Gesichter, der Applaus bei den Reden drückten alle eine Mischung aus Besorgnis, Wut und Kampfbereitschaft aus. Der Werksleiter konnte sich im Betrieb nur mit Begleitschutz durch Security-Söldner*innen blicken lassen. Wie Medienberichte zeigten, rumort es nicht nur in Berlin, sondern auch an den anderen Siemens-Standorten.
Darüber hinaus ist diese „Lösung“ für die Gesellschaft eine gigantische Verschwendung. Selbst wenn die aktuelle Produktion umgestellt werden müsste, könnten Arbeiter*innen und Ingenieur*innen zweifellos sehr Nützliches beitragen, z. B. zu einer ökologischen Umrüstung im Energiesektor oder zur Verringerung der Nöte der Armen. Aber mit dem kapitalistischen Profitgesetz ist das nicht vereinbar.
„Ein Stellenabbau in dieser Größenordnung ist angesichts der hervorragenden Gesamtsituation des Unternehmens völlig inakzeptabel”, sagte IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner. Er ist auch im Aufsichtsrat von Siemens und wusste längst über die Pläne Bescheid. Aber die Gewerkschaftsbürokrat*innen haben nicht versucht, die Belegschaft zu informieren. Sie wollen nicht durch Kämpfe den Profit der Unternehmer*innen gefährden, von dem ihre hoch dotierten Posten bezahlt werden.
Siemens Österreich zählt zu den führenden Technologieunternehmen des Landes. Insgesamt sind rund 10.200 Menschen, in Wien mit 5.800 und weitere in Linz, Graz und Weiz beschäftigt.
Wegen der Krise in den Kraftwerks- und Antriebssparten sollten in Wien in der Siemens Programm- und Systementwicklungssparte (PSE) rund 200 Angestellte ihren Job verlieren. „Diese Entscheidung aus Deutschland hat uns schon überrascht”, meinte Barbara Teiber, Regionalgeschäftsführerin der GPA-djp zur APA. Der Gewerkschaft gehe es nun darum, möglichst jeden Arbeitsplatz abzusichern..
Schon 2006 kämpften die Siemens Mitarbeiter*innen gegen die Zerstückelung der PSE. Zu einer Betriebsversammlung in Wien waren damals knapp 1.500 Siemens-Mitarbeiter*innen aus ganz Österreich gekommen. Mit über 97 Prozent der Stimmen wurde von der Belegschaft für mögliche Kampfmaßnahmen bis hin zum Streik gestimmt. . Zu echten Kampfmaßnahmen kam es allerdings nicht, denn die Gewerkschaft konnte sich mit Siemens auf eine Eingliederung der Beschäftigten in eine anderen Struktur (Siemens Enterprise Communications) einigen
Und heute?
In Wien sollen bis 2020 und darüber hinaus 200 Mitarbeiter*innen „abgebaut“ werden. Die Siemens-Österreich Leitung ist dabei optimistisch, dass man das ohne Kündigungen schaffen könnte. Mittels Gleitpension, Altersteilzeit und ähnlichem wird versucht die Stellen ohne aktive Kündigungen abzubauen. Das Verhältnis mit dem Betriebsrat wird von Seiten der österreichischen Konzernleitung als „sachlich“ und „vertrauensvoll“ bezeichnet. Der Betriebsrat wiederum meint zum geplanten Stellenabbau: „Rote Linien im Vorfeld zu definieren, wäre meines Erachtens nach unseriös. Betriebsbedingte Kündigungen in so einer Situation stehen immer im Raum. Aber jede andere Alternative ist dem natürlich vorzuziehen.“
Vorbereitung auf den Kampf
Ob es wirklich möglich sein wird den Stellenabbau so leicht zu verkraften und keine Beschäftigten entlassen zu müssen, ist noch offen. Auf jeden Fall sollten aber auch alle anderen Einschränkungen im Beschäftigungsverhältnis abgelehnt werden und die Vorbereitung auf weiteren Stellenabbau schon jetzt getroffen werden. Eine gute Vertrauensbasis des Betriebsrats mit der Konzernleitung wird die Beschäftigten dabei nicht retten können. Vielmehr müssen sie sich selbst an der Basis organisieren und damit Druck auf Betriebsrat und Gewerkschaft ausüben um wirklich ihre Interessen, wenn notwendig auch mit Streik- und Kampfmaßnahmen – und nicht mit faulen Kompromissen – durchzusetzen.
Eine wichtige Komponente muss auch die internationale Solidarität mit den von Schließungen bedrohten Werken in Deutschland und auf der ganzen Welt sein. In Berlin demonstrierten 1.300 Beschäftigte gegen die drohenden Kürzungen, Solidarität aus Österreich gab es dafür keine. Nur weil in Österreich aktuell um einiges weniger Stellenkürzungen anstehen und die Konzernleitung versucht das ohne Entlassungen abzuwickeln, heißt das nicht, dass alles gut ist. Nirgendwo darf es zu Entlassungen kommen – egal ob in Österreich, Deutschland oder wo anders!