Die Wahlen sind ausgegangen wie erwartet. Was hingegen immer wieder eine Überraschung darstellt, ist wie viele Menschen eigentlich komplett entgegengesetzt zu ihren Interessen wählen. Man sollte glauben, dass die ÖVP mit ihren offenen Versprechen an die obersten 10.000, sie besser zu stellen auf Kosten der restlichen Bevölkerung, nicht an Popularität dazu gewinnen kann.
Aber anscheinend braucht es nur ein neues Label, eine junge Person, die lange selber an der Regierung beteiligt war, und jetzt gegen eben diese alte Regierung mit Konzepten vorgehen will, die genauso aus dem Wahlprogramm der FPÖ stammen könnten. Das führt uns zu den Drittplatzierten dieser Wahl. Die Freiheitlichen, die im Wahlkampf hauptsächlich darauf aufmerksam machten, dass sie (und nicht Kurz) die rückschrittlichen Ideen hatten, mit denen sie den „Flüchtlingsstrom“ stoppen wollen. Unzählige Menschen werden aufgrund der kommenden Politik von Schwarz-Blau schlechter gestellt werden. Wer auch nur manchmal in die Nachrichten sieht wird außerdem wissen, dass sowohl bei ÖVP als auch FPÖ die Rolle der Frau primär die als Mutter ist, die sie fördern wollen. Wie schlecht dann erst der weibliche Teil der Bevölkerung dasteht, kann anhand vergangener Positionen und Regierungen erahnt werden.
Reaktionäres Frauenbild
Ein Thema das von konservativer Seite gerne umgangen oder schwammig behandelt wird ist der Schwangerschaftsabbruch. In Österreich ist dieser eigentlich nicht legal (obwohl eine Frist existiert in der die Abtreibung „straffrei“ ist). Die Kosten werden daher auch nicht von der Krankenkasse übernommen. ÖVP und FPÖ wollen diesen Zustand der Halblegalität nur zu gerne beibehalten bzw. verschlechtern. Zugang zu kostenlosen Verhütungsmitteln, die ungewollte Schwangerschaften enorm reduzieren könnten, lehnen sie genauso ab. Stattdessen plädieren sie für mehr „Bedenkzeit vor der Abtreibung“ und unterstützen Kampagnen wie die „Aktion Leben“, die Schwangerschaftsbruch als Mord betrachtet und Homosexualität als Krankheit. Schwangerschaftsabbrüche werden nicht weniger wenn man sie illegal oder unerschwinglich macht, das einzige was sich damit verändert ist die Anzahl der Frauen die an unprofessionellen Eingriffen sterben oder Verletzungen davontragen.
Dieser Schutz von ungeborenen Leben, welches meistens mehr Wert sein soll, als das der Frauen selber, passt auch gut in das Familienbild von FPÖ und ÖVP. Die Frau, deren Ziel die Mutterschaft sein soll und dem die Karriere als negativ gegenübergestellt wird, gilt für diese Parteien meist immer noch als ideal. Dinge wie Ganztagsschulen oder längere Öffnungszeiten für Kinderbetreuungseinrichtungen sind damit auch keine Option für Schwarz-Blau, damit würde es nämlich mehr Möglichkeiten für Frauen geben ökonomische Unabhängigkeit zu erlangen. Bei der FPÖ spielt in der Familie zusätzlich die Nationalität eine wichtige Rolle. Plötzlich etablieren sich die „Retter des Abendlandes“ als einzige Beschützer “unserer Frauen“ vor der „islamischen Invasion“. Laut ihnen sind sexuelle und sexualisierte Übergriffe eigentlich vor allem das Werk von Flüchtlingen oder zumindest migrantischen Männern. Tatsache ist, dass die allermeisten Fälle von sexueller Belästigung und Missbrauch im eigenen Umfeld passieren, das heißt im Bekanntenkreis oder in der Familie. Konkrete Vorschläge um die Gewalt gegen Frauen zu verringern, oder zumindest Angebote für von Gewalt betroffene Frauen zu schaffen, haben weder ÖVP noch FPÖ. Gerade die FPÖ spricht sich weder für den Ausbau von Opferschutzeinrichtungen und Frauenhäusern aus, noch für eine Förderung von frauenspezifischen Angeboten. Stattdessen wurden Frauenhäuser von FPÖ Mitgliedern in der Vergangenheit als Bedrohung für die Familie betrachtet und deren Abschaffung gefordert. Auch für Kinderbetreuungseinrichtungen ist in den Programmen wenig bis gar kein Platz, ebenso Förderungen für Alleinerzieher*innen. Stattdessen schlagen die Parteien massive Kürzungen von Sozialleistungen vor, die Frauen, im Speziellen alleinerziehende und alleinstehende ältere Frauen besonders stark treffen und Abhängigkeiten erhöhen.
Vor der Wahl, nach der Wahl
Man könnte jetzt argumentieren, dass das alles Schnee von gestern ist. Fehler werden gemacht und korrigiert. 2017 könne doch keine Partei mit solchen Forderungen in den Wahlkampf gehen und damit auch noch erfolgreich sein. Leider ist die Realität eine andere. Das Feindbild vom muslimischen Flüchtling und von „rückschrittlichen Kulturen“ reicht vollkommen aus um ganze Bücher über den Schutz „unserer Mädchen und Frauen“ zu füllen, wobei die ÖVP der FPÖ hier in fast nichts nachsteht.
Verbesserungen für Frauen wurden immer wieder hart erkämpft und werden von reaktionären Politiker*innen laufend in Frage gestellt. Durch einen Aufwind von rückschrittlichen Positionen und einer Regierung die diese vertritt, können bereits als sicher betrachtete Rechte wieder ins Wanken geraten. Wie weit uns Schwarz-Blau zurückwerfen wird, bleibt noch offen, klar ist aber eines: Die Regierung beweist wie unmöglich es ist in diesem System eine tatsächliche Befreiung der Frau umzusetzen.