Mit einer Demonstration am 1. Juli durch den 16. Bezirk in Wien fand die Kampagne der Initiative Aufbruch unter dem Titel „Keine Profite mit der Miete! Keine Millionen mit dem Wohnen!“ ihr Ende. Für die Gruppe Arbeiter*innenstandpunkt war das eine Gelegenheit die eigene Programmatik zu diesem Thema zu vertiefen. Im Folgenden veröffentlichen wir unsere Ergebnisse und rufen alle linken Initiativen zur Diskussion auf.
Wohnen ist ein Grundbedürfnis – ein Grundbedürfnis, das durch die Mechanismen des herrschenden Wirtschaftssystems für immer mehr Menschen immer weniger befriedigt werden kann. Die Preise für Mieten und Eigentum steigen schnell und werden eine immer größere Belastung für Arbeiter*innen, Arbeitslose, Jugendliche und Pensionist*innen. Der Gegensatz zwischen einfachen Mieter*innen bzw. kleinen Eigentümer*innen und vermietenden Hausbesitzer*innen ist im Wesentlichen ein Konflikt zwischen Arbeiter*innenklasse und Immobilien-Kapitalist*innen. Nicht weil eine Ausbeutung der Mieter*innen vorliegt, sondern weil sich auf den zwei Seiten im Wesentlichen Arbeiter*innen und Unternehmer*innen gegenüberstehen. Die Wohnkosten sind dabei direkte oder indirekte Bestandteile der Lohnkosten. Die Teuerung am Wohn- und Immobilienmarkt bedeutet erhöhte Lebenskosten dieser proletarischen Schichten. Gleichzeitig erhöht sich dadurch der Wert der Ware Arbeitskraft, dessen Abgeltung die Kapitalist*innenklasse zu vermeiden versucht.
Der Kampf für leistbares Wohnen ist für die proletarischen Schichten somit untrennbar verbunden mit dem Kampf um die Verkaufsbedingungen der Ware Arbeitskraft, d.h. mit dem gewerkschaftlichen Kampf. Die Alternative in Form von Wohneigentum ist für die Arbeiter*innenklasse keine Lösung, das Eigentum schränkt die Mobilität am Arbeitsmarkt ein und steigert die Unterwürfigkeit unter das Kapital durch Verschuldung der Haushalte. Will die Arbeiter*innenklasse nicht von der Teuerung erdrückt werden reicht der Kampf für bessere Löhne aber nicht, sie muss einen politischen Kampf führen um die Wohnverhältnisse im Kapitalismus selbst und gegen den Kapitalismus im Allgemeinen.
Die Situation am Wohnungsmarkt
Die Mietpreise in Österreich haben sich in den vergangenen Jahren etwa doppelt so schnell entwickelt wie die allgemeine Inflation. Die Teuerung betrifft in ähnlicher Weise auch die Immobilienpreise. Von der Teuerung betroffen sind besonders die Ballungszentren Wien, Innsbruck und Eisenstadt. Die jährlich gebauten 50.000 zusätzlichen Wohnungen decken die Nachfragesteigerung nicht, dabei stehen alleine in Wien vermutlich mehr als 80.000 Wohnungen leer. Die preistreibenden Faktoren liegen vor allem am privaten Wohnungsmarkt, wo die Mieten in vielen Fällen durch freie Vermietbarkeit und aufgrund der überhängenden Nachfrage durch die Vermieter*innen erhöht werden. Ein wichtiger Mechanismus ist dabei die Befristung der Mietverhältnisse, die eine regelmäßige Mietpreiserhöhung ermöglicht und etwas mehr als zwei Drittel aller Neuverträge umfasst. Die Teuerung betrifft aber auch den gemeinnützigen Sektor und den Gemeindebau. Befeuert wurde diese Entwicklung durch einen verringerten Eingriff des Staates, der lange Zeit auf öffentlichen Wohnbau verzichtete und den geförderten Wohnbau gegenüber den 90er- Jahren um die Hälfte reduziert hat. Auch der Zugang zu den Wohnungen des öffentlichen Wohnbaus, wie Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen, wurde in den letzten Jahren erschwert. Dabei muss angemerkt werden, dass die Wohnbauförderung nun mehrheitlich mittleren und höheren Einkommensgruppen zugute kommt.
Für eine Einheitsfront gegen die Wohnungsmisere!
Die verschiedenen Organisationen der Linken und der Arbeiter*innenbewegung, die Gewerkschaften und die Mieter*innenvereinigungen müssen in einer gemeinsamen Einheitsfront für verschiedene Reformen in der Wohnungspolitik kämpfen um eine Verschlechterung der Lebensverhältnisse für die Arbeiter*innen, Arbeitslosen, Jugendlichen und Pensionist*innen abzuwenden. In einer solchen Einheitsfront kämpfen wir für folgende Forderungen:
- Mittels eines gesetzlichen Basismietzinses und einer Mietzinsobergrenze muss die Teuerung unterbunden werden
- Grundsteuer und Reparaturkosten müssen aus dem Betriebskostenkatalog gestrichen werden
- Kontrolle der Mietverträge und der Hausverwaltung durch Mieter*innenausschüsse
- Ein öffentliches Wohnungsamt, kontrolliert von Gewerkschaften und Mietr*innenausschüssen, muss den zu vermietenden und leerstehenden Wohnraum erfassen und anhand sozialer Kriterien zuteilen um ihn den marktwirtschaftlichen Mechanismen zu entziehen
- Schaffung von ausreichendem Wohnraum durch eine öffentliche Wohnbauoffensive, finanziert durch Besteuerung der Reichen und erleichterter Zugang zu diesen Wohnungen
- Die Delogierung von Personen mit einem Einkommen unter der Armutsgefährdungsgrenze muss verhindert und in weiterer Folge verboten werden.
Die Kapitalist*innen und die ihnen treuen bürgerlichen Parteien werden mit allen Mitteln versuchen radikale Eingriffe in den Wohnungsmarkt zu verhindern. Zur konsequenten Umsetzung dieser Maßnahmen muss die Arbeiter*innenklasse in einer sozialistischen Revolution die politische Macht erobern. Der Arbeiter*innenstaat wird, gestützt auf Arbeiter*innen-demokratische Machtorgane wie Räte, Betriebskomitees und eine Arbeiter*innenmiliz, die wichtigsten Konzerne, die Banken, Immobiliengesellschaften und den Grund und Boden mit Ausnahme kleiner Liegenschaften durch Enteignung verstaatlichen und nach und nach die kapitalistische Profitlogik durch demokratische Planung zur Bedürfnisbefriedigung ersetzen.