Immer wieder, vor allem im Wahlkampf, meldet sich die FPÖ zu den Missständen im Gesundheitssystem zu Wort. Auf Facebook und in Presseaussendungen greift sie Skandale auf, von denen es ja genügend gibt, und fordert bessere Bedingungen für Patient*innen und Pflegearbeiter*innen. Auf ihrer Homepage wird zum Beispiel der Ärzt*innenmangel in Wien angeprangert. Aber als sie in der Regierung waren hatten die Blauen einige der härtesten Einsparungen im Gesundheitssystem selbst zu verantworten. Dieser Widerspruch zwischen Sprechen und Handeln wirft die Frage auf, was sich die Arbeiter*innen und Patient*innen von einer FPÖ-Regierungsbeteiligung zu erwarten hätten.
Das Gesundheitssystem in Österreich leidet seit Jahrzehnten unter zunehmenden Einsparungen die zu Verschlechterungen in der Versorgung und Arbeitsverdichtung führen. Während die Verwaltungsapparate von Krankenanstaltenverbünden und Krankenkassen Unsummen verschlingen wird bei Pflege und Ärzt*innen gespart. Immer wieder sagen Gewerkschafter*innen und Expert*innen, dass eine verantwortungsvolle Gesundheitsversorgung gar nicht mehr gewährleistet werden kann. Bilder aus den Spitälern zeigen, dass stundenlange Wartezeiten, überfüllte Ambulanzen und sogar Gangbetten eher die Regel als die Ausnahme sind. Es gibt also genügend offensichtliche Skandale, die von der FPÖ auch eifrig thematisiert werden.
Rassismus und soziale Rhetorik?
Die FPÖ kennt anscheinend auch ganz genau die Gründe für die Missstände im Gesundheitssystem: Das sind für sie vor allem Migrant*innen. Während die FPÖ-Gesundheitssprecherin Belakowitsch kein Wort darüber verliert, wie viele Migrant*innen in Pflege und Reinigung arbeiten und so das österreichische Gesundheitssystem am Leben erhalten prangert sie die „Kostenexplosion“ wegen der Gesundheitsversorgung von Geflüchteten an und streut wilde Gerüchte über eine Gefährdung durch TBC und Noro-Virus. FPÖ-Vizebürgermeister von Wien Johann Gudenus teilte auf Facebook die erwiesenermaßen erlogene Geschichte der rechten Hetzseite „unzensuriert“, dass Geflüchtete bei Operationen im AKH bevorzugt würden. Das schlägt sich auch im Parteiprogramm nieder: Die FPÖ fordert zwar ein besseres Gesundheitssystem, aber nur für Staatsbürger*innen.
Aber auch die rot-grüne Stadtregierung wird heftig kritisiert – für Kostenexplosion bei Krankenhausbauten, Angriffe auf die Ärzt*innen und die regelmäßigen Verwaltungsskandale. Hier springt die FPÖ aber auf einen bereits fahrenden Zug auf – von Kampagnen wie „CARE Revolution“, „Schützen wir unsere Spitäler“ oder den Interessensvertretungen aufgedeckte Skandale werden verwendet um sich selbst zu profilieren.
Dabei ist es auffällig, dass die FPÖ-Forderungen sich fast ausschließlich auf Ärzt*innen und deren Probleme beziehen. Die Hauptlast der Einsparungen trifft im Krankenhaus aber die Pflege und das Reinigungspersonal. Es ist sogar zu beobachten, dass Verhandlungserfolge der Ärzt*innen umgehend auf die Pfleger*innen abgewälzt werden, wie beim „Mitverantwortlichen Bereich“ im AKH. Hierzu bleibt die FPÖ aber stumm, sie konzentriert sich im Gesundheitsbereich auf die privilegiertesten Schichten.
Sparmeisterin FPÖ
Tatsache ist, dass einige der unsozialsten Maßnahmen im Gesundheitsbereich von der FPÖ selbst eingeführt wurden. Die Schwarz-Blaue Koalition erhöhte die Rezeptgebühren, kürzte das Krankengeld und führte sogar Ambulanzgebühren ein. Diese Schikanen belasten vor allem chronisch und schwer Kranke, die sich die dauernden Ausgaben teilweise schlicht nicht leisten können.
Das angeordnete „Nulldefizit“ im Bund 2002 bedeutete zum Beispiel dass die Stadt Wien Millionen aus dem Gesundheitssystem in den Bund hätte abführen müssen, die geplante „Verwaltungsreform“ hätte Massenentlassungen auch im KAV bedeutet. Für den Spardruck, dessen Auswirkungen sie kritisiert, ist die FPÖ also direkt mitverantwortlich.
Und das ist nicht nur Schnee von gestern – von einer Wiedereinführung der Ambulanzgebühr träumt zum Beispiel der oberösterreichische Vize-Landeshauptmann Haimbuchner. Die Kritik an den Einsparungen ist reine Rhetorik, auch weil die FPÖ ihren eigenen Beitrag zu den Verschlechterungen nicht zugibt. Für Migrant*innen fordern sie gleich eine eigene – schlechtere – Sozialversicherung und wollen damit Hunderttausende von der Gesundheitsversorgung ausschließen. Im „Handbuch freiheitlicher Politik“ finden sich zwar einige Seiten zur stärkeren Kontrolle der Patient*innen, aber nichts zu einer Verbesserung der Bedingungen in der Pflege.
Die FPÖ thematisiert immer wieder die gleichen Missstände im Gesundheitssystem mit denen wir uns auch beschäftigen. Sie findet aber grundlegend andere „Antworten“ darauf. Statt ein starkes Gesundheitssystem mit mehr Personal und höheren Löhnen auf Kosten der Reichen zu finanzieren will sie die Versorgung für Migrant*innen weiter verschlechtern und hofft auf ein Luftschloss „Verwaltungsreform“. Damit soll die Finanzierung sichergestellt werden, die tatsächlichen Auswirkungen wären aber Massenentlassungen im öffentlichen Dienst und auch im Spital. Wie schon in den frühen 2000er-Jahren würden die Vorschläge der FPÖ, hätte sie irgendeine Verantwortung, zu weiteren massiven Verschlechterungen führen.
Mo Sedlak, Arbeiter*innenstandpunkt 241