Sicherheitspolizeigesetz: Mehr Möglichkeiten für Repression

„Wir haben es mit einem völlig neuen Phänomen zu tun“, sagt Polizeipräsident Gerhard Pürstl im ORF-Interview, „Tätergruppierungen, die andere Werte haben, die Frauen keinerlei Respekt zollen.“. Auch ohne das Wort „Ausländer“ ist hier schnell klar wer gemeint ist. „Überfordert“ sei die Polizei mit den „Hotspots“, zum Beispiel an den U6 Stadtbahnbögen und dem Praterstern. Wenn die Polizei mit Unmutsbekundungen aufhorchen lässt, ist ein ihren Vorstellungen entsprechender Gesetzesentwurf meist nicht weit. Das polizeiliche Staatsschutzgesetz ist gerade erst in Kraft getreten (1. Juli) und schon muss aus Sicht des Innenministerium nachgelegt werden, um der Polizei noch mehr Möglichkeiten für Willkür und Gewalt zu geben: Das SPG wird novelliert.

CC Metropolitioco.org

CC Metropolitioco.org

„Prävention“
Ein Gesetz mit dem Namen „Sicherheitspolizeigesetz“ (SPG), welches die Aufgaben und Befugnisse sowie die Organisation und Verwaltung der Polizei regelt, existiert seit 1993, ist allerdings seitdem immer wieder, teils gravierender, verändert und novelliert worden. Die wichtigste Novelle fand 2005 statt, als Gendarmerie, Sicherheitswache und Kriminalbeamtenkorps zu einem Wachkörper zusammengelegt wurden, zur Bundespolizei. Im Zuge dieser Neuorganisation der Exekutive erhielt das SPG seinen bis heute vorherrschenden „präventiven“ (im Vorhinein verhindernden) Charakter. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Massenüberwachung wie zum Beispiel bei der EURO 08 in Österreich, als sogenannte „Hooligandateien“ angelegt wurden. 2007 wurde das SPG dahingehend erweitert, dass Mobilfunkbetreiber dazu verpflichtet wurden, personenbezogene Daten (Standort, Name, Anschrift etc.) an die Bundespolizei zu übergeben. Typisch für derartige Gesetztesnovellen sind auch deren schnelles „Durchpeitschen“ im Parlament. Die diesjährige Novelle wurde dementsprechend als Abänderungsantrag eingebracht und noch in der selben Nacht ohne Prüfung beschlossen.
Suchtmittelgesetz
Neben einer Verschärfung des Sicherheitspolizeigesetzes durften wir vor kurzem auch eine Verschärfung des Suchtmittelgesetzes erleben. Dabei wurde ein neuer Tatbestand, der des Drogenhandels im öffentlichen Raum, geschaffen. Dieser kann (im Unterschied zum Handel in Privaträumen) mit bis zu 2 Jahren Haft bestraft werden. Mit dieser Gesetzesverschärfung ist es jetzt auch möglich einfacher Untersuchungshaft zu verhängen, was bis jetzt nur unter dem Nachweis einer „Gewerbsmäßigkeit“ des Drogenhandels möglich war.
Dieser Gesetzesverschärfung war eine regelrechte Medienhetze vorangegangen. Die U6 und andere Teile Wiens, wie der Praterstern, wurden als No-Go Areas bezeichnet, in denen Drogenhandel und andere Formen der Kriminalität Alltag wären. Nicht zufällig wurde dieses Thema auch mit dem hohen Anteil der am Drogengeschäft beteiligten Asylwerber*innen vermischt. Da diese kaum eine legale Möglichkeit haben einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, sehen sich viele dazu gezwungen auf illegalem Weg Geld zu verdienen. Dabei wird das Gesetz natürlich auch zu einer weiteren Verschärfung des Rassismus von Seiten der Polizei gegenüber der nicht-weißen Bevölkerung beitragen. Schon seit Jahren ist bekannt, dass die Wiener Polizei insbesondere schwarze Menschen kontrolliert und schikaniert. Dabei kann sie sich jetzt zusätzlich noch auf die Rückendeckung durch die Justiz und die Medien verlassen.
Das öffentliche Ärgernis
Der etwas kryptische Straftatbestand „Erregung öffentlichen Ärgernisses“, welcher im Zuge der Novellierung wieder in Kraft treten soll, nachdem er in den 1990ern abgeschafft wurde, wirft einige Fragen auf. Wer erhofft durch den Gesetzestext Klarheit zu bekommen, wird leider enttäuscht. Da heißt es, eine „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ liegt vor, wenn „gesetzliche Schranken, die der Sicherheit der öffentlichen Ordnung vor entarteter (sic!) Meinungsäußerung dienen“ überschritten werden. Darunter kann unter Umständen das Stehen in Geschäftseingängen oder das Filmen von Amtshandlungen fallen.
Als besagtes Gesetz in den 1970ern eingeführt wurde, sollte es „Verletzungen der Schicklichkeit“, wie öffentliches Urinieren oder Nacktheit in der Öffentlichkeit strafbar machen. Der nun vorliegende Gesetzesentwurf geht allerdings weit darüber hinaus. Er ist ein Freibrief für jede*n einzelne*n Polizist*in eigenmächtig unbescholtene Personen mit Geld- oder Haftstrafen zu bedrohen.
Fazit
Diese ganzen Verschärfungen sind kein Zufall, schon seit Jahren erleben wir eine schleichende Ausweitung der Kompetenzen der Exekutive und immer mehr Überwachung von Seiten des Staates. Argumentiert wird das ganze gerne mit einem Kampf gegen den Terrorismus, doch auch die Angst der herrschenden Klasse vor größeren sozialen Verwerfungen und den damit verbundenen Gefahren spiegelt sich darin wieder. Oppositionelle Kräftekönnen schnell „gefährlich“ für den Staat und dieses System werden und sind deshalb potentiell von diesen Maßnahmen betroffen. Wir sprechen uns daher entschieden gegen diese „Kompetenzerweiterung“ der Exekutive und des Staates aus.