Flugblatt für die Aktionskonferenz am 3./4. Juni
Mehrere hundert Menschen versammeln sich in diesen Tagen um den Aufbruch zu wagen. Es ist der Versuch der österreichischen Linken aus der gesellschaftlichen Isolation auszubrechen und linke Antworten auf soziale Probleme zu geben. Die Gruppe Arbeiter*innenstandpunkt unterstützt diese Initiative, denn sie ist eine Möglichkeit gemeinsam die Kräfte zur Offensive zu sammeln, breiten Widerstand gegen Sozialabbau und Rassismus zu organisieren und über die Perspektiven linker Politik zu diskutieren.
Den Rechtsruck beantworten
In diesem Prozess stehen wir gerade am Anfang. Wir werden erst einmal unsere Aktivitäten definieren, uns angemessene Strukturen geben und Menschen in unsere Kampagne einbinden. Wir werden unsere Vorstellung zu den Themen Arbeit, Soziales und Wohnen abgleichen und sie nach außen tragen. Aber wir dürfen nicht außer Acht lassen: Österreich hat einen Rechtsruck erlebt, die Lage für Flüchtlinge wird weiterhin verschärft und rechte Parteien sind in Europa am Vormarsch, Österreich ist hier sogar ein Paradebeispiel. In der derzeitigen Lage werden wir nicht an den Themen Asyl und Migration vorbeikommen, auch wenn der Fokus unserer Kampagne auf soziale Themen gut und richtig ist. Zwar bedeutet Rassismus bekämpfen natürlich die soziale Frage zu stellen, aber für soziale Forderungen zu kämpfen ohne sie mit der Solidarität gegenüber Geflüchteten und Menschen anderer Herkunft und Länder zu verbinden, bedeutet hier und heute ein Zurückweichen gegenüber dem Rassismus. Aktiver Antirassismus, verbunden mit dem Fokus auf soziale Themen, muss ein fixer Bestandteil des Aufbruchs sein.
Sich demokratisch organisieren
Für die Zeit nach der Konferenz müssen wir uns Strukturen geben und uns organisieren. Das ist wichtig, denn nur mit einer aktiven Basis können wir etwas verändern. Das muss auf lokaler Ebene passieren, wo wir uns in weiterer Folge auch verankern können. Wir müssen dabei zwei Aspketen Rechnung tragen. Wir brauchen Ortsgruppen in Stadtteilen oder Bezirken, die sich der gemeinsamen Umsetzung unserer Kampagne widmen. Auf der anderen Seite brauchen wir zu den verschiedenen Themen unserer Kampagne Strukturen, in denen wir unsere Positionen diskutieren und festlegen können. Wir werden dabei vieles Besprechen und wir werden uns oft auch streiten, so ist das wenn verschiedene Meinungen aufeinander treffen. Am Ende des Tages braucht es aber eine Entscheidung über unsere Politik, sonst werden wir nichts erreichen. Der Aufbruch muss ein demokratischer Diskussions- und Entscheidungsprozess sein, in dem die Meinung der Mehrheit den Ausschlag gibt.
Die richtigen Fragen stellen
Der Aufbruch sieht sich als eine Organisierungskampagne um in weiterer Folge die Zersplitterung der Linken zu überwinden. Zu diesem Zweck haben sich die unterschiedlichsten Personen mit verschiedensten Meinungen versammelt. Das bedeutet aber auch, dass wir auf die „großen Fragen“ stoßen werden: Was für eine Organisation brauchen wir, ein Netzwerk oder eine Partei? Was für ein Programm brauchen wir, eines der Sozialreform oder eines der Revolution? Wo liegt die Macht, mit der wir diese Gesellschaft verändern können, in den staatlichen Institutionen oder in den Betrieben?
Weiters müssen wir uns auch fragen, wie wir die Krise der Sozialdemokratie für den Aufbau einer politischen Alternative nutzen können. In der Partei und in den Vorfeldorganisationen ist die Unzufriedenheit groß, Kern kann das nur kurzfristig überspielen. Die nächsten Monate werden eine bisher einmalige Chance sein, die Monopolstellung der SPÖ als „linke“ Kraft und ihre Dominanz über die Gewerkschaften zumindest im Ansatz anzufechten. Welche Rolle können dabei ehemalige oder frustrierte Sozialdemokrat*innen spielen und wie können wir sie am besten in unsere Kampagne einbinden?
All diese Fragen werden wir nicht heute und auch nicht in ein paar Wochen beantworten, aber wir werden nicht um sie herum kommen. Dabei dürfen wir uns auch nicht der Illusion hingeben, dass sich alle Beteiligten einig werden. Pluralität ist kein Selbstzweck. Der Aufbruch muss sich die wichtigen Fragen der eigenen Orientierung stellen.
Den richtigen Weg gehen
Um die Gesellschaft zu verändern muss man sie erst einmal beim Namen nennen: Kapitalismus. Hier spalten sich die Menschen entlang der Verhältnisse, die sie in der Produktion (und Verteilung) der zum Leben notwendigen Mittel eingehen. Die einen (die Kapitalist*innen) besitzen dabei Grund, Maschinen und Rohstoffe, d.h. die Produktionsmittel. Die anderen (die Arbeiter*innen) besitzen keine Produktionsmittel und müssen ihre Arbeitskraft an die Kapitalist*innen verkaufen. Aus der Arbeit der Arbeiter*innen schöpfen die Reichen ihren Profit. Je stärker die Ausbeutung, desto höher der Profit und umgekehrt. Es ist diese profitorientierte Wirtschaftsweise, die verantwortlich ist für die Verschlechterung unserer Arbeitsbedingungen, für den durch Abstiegsängste geschürten Rassismus, für die schonungslose Ausbeutung der Natur und für die verschärfte, zum Krieg tendierende Konkurrenz am Weltmarkt. Um eine gerechte Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung zu schaffen, muss man den Kapitalismus überwinden. Und nicht nur das, wenn wir im hier und heute für Verbesserungen innerhalb des Systems kämpfen, stoßen wir schnell an die Gesetze und die reale Macht der Reichen. Unsere eigene Macht kann nur aus der Arbeiter*innenklasse kommen, denn sie kann mit Streiks das System der Profitmacherei unterbrechen und sie kann die Kontrolle über die Produktion übernehmen und sie den Kapitalist*innen entreißen. Dass die Arbeiter*innenklasse kein ideologisches Konstrukt ist und dass sie die eigentliche Macht in der Gesellschaft inne hat, beweist ein einfacher Blick nach Frankreich, wo die Gewerkschaften das Land lahm legen.
Aber der Streik ist nicht alles, Politik ist ein vielfältiges Gebiet durch das sich die Klassengegensätze auch außerhalb der Arbeitswelt ziehen. Deshalb ist ein Programm zur gesellschaftlichen Veränderung notwendig, das sich auf die verschiedensten Bereiche des gesellschaftlichen Lebens bezieht und den Weg zur Machteroberung der Arbeiter*innen aufzeigt. Das Mittel zur Umsetzung eines solchen Programms, bei der es Überzeugungsarbeit und die kollektive Aktion braucht, kann nur eine Partei sein. Das soll keine bürokratische, abgehobene Partei sein, wie wir sie alle zur Genüge kennen. Unsere Partei muss eine ganz andere sein, eine die sich auf die Arbeiter*innen selbst stützt, die aus einer aktiven Mitgliedschaft besteht, die demokratisch von unten nach oben aufgebaut ist und in der alle Gremien gewählt, rechenschaftspflichtig und jederzeit abwählbar sind. Vor allem muss sie aber eine Partei sein, die das Mittel zur Umsetzung ihres Programms nicht in der einfachen Eroberung von Parlamentssitzen sieht, sondern die sich der Selbstorganisierung und Selbstermächtigung der Lohnabhängigen verschrieben hat. Am Ende unseres Weges muss der Aufbau einer antikapitalistisch-sozialistischen Arbeiter*innenpartei stehen.