
Die Präsidentschaftswahlen haben die österreichische Sozialdemokratie in ihren Grundfesten erschüttert. Die Niederlage Hundstorfers und der Erdrutschsieg Hofers zeigen ganz klar: Die SPÖ entfernt sich zunehmend von der Arbeiter*innenklasse, die sich zu großen Teilen durch Alternativlosigkeit der rassistischen FPÖ zuwendet. Die Unzufriedenheit in der Partei nimmt weiter zu, die Jugendorganisationen und kritische Funktionär*innen gehen zu offener Rebellion über. Faymanns Kopf wird rollen müssen.
Ursachen für die Niederlage
Die Zeiten haben sich spätestens seit der Weltwirtschaftskrise grundlegend geändert. Das Wachstum stagniert, die Arbeitslosigkeit steigt, die Reallöhne fallen. Vor diesem Hintergrund gibt es kaum noch Spielraum, in sozialpartnerschaftlicher Eintracht zwischen Kapital und Arbeit, den Lebensstandard der arbeitenden Menschen zu heben. Statt radikaler Umverteilungspolitik von Oben nach Unten hat sich die SPÖ-Spitze für die großkoalitionäre Krisenverwaltung entschieden. Bankenrettung, Sparpakete, gewerkschaftliches Stillhalten; das ist die sozialdemokratische Politik unter Faymann. Die Arbeiter*innenklasse hat viele Verschlechterungen beinahe kampflos hingenommen, das Vertrauen in die eigene Stärke wurde ihr mit einer bürokratischen Stellvertretungspolitik genommen. Dass die SPÖ in der Regierung die Errungenschaften für die Lohnabhängigen ernsthaft verteidige, wurde schon längst durch die Erfahrung widerlegt. Nun behaupten die Freiheitlichen sie könnten auf Kosten der Flüchtlinge und der Migrant*innen die sozialen Standards für Österreicherinnen und Österreicher aufrecht erhalten. Wen wundert es da noch, wenn Menschen nicht mehr an „sozialen Zusammenhalt“ glauben und in rassistischer Ausgrenzung ihr Heil suchen? Noch dazu hat Faymann mit seinem Rechtsruck in der Flüchtlingspolitik mitgeholfen, Ängste vor Zuwanderung zu schüren und er hat der Politik der Freiheitlichen Bestätigung gegeben. Die SPÖ hat sich und eine linke Antwort auf die Flüchtlingsfrage unglaubhaft gemacht. Nun ist die Parteirechte überrascht, dass viele Menschen lieber das blaue Original statt die rote Kopie gewählt haben. Aber anstatt sich auf die Klassensolidarität unter den Arbeiter*innen aller Länder zu besinnen, sehen sie in der Niederlage nur die eigene Bestärkung.
Vann der Bellen kann die FPÖ nicht stoppen
Viele antirassistisch Gesinnte wollen den deutschnationalen Burschenschafter Hofer verständlicher Weise nicht als Präsidenten. Bei der Stichwahl, so scheint es, bliebe nur die Option Van der Bellen die Stimme zu geben. Aber Van der Bellen kann die FPÖ nicht stoppen, das kann nur eine Politik, die der Arbeiter*innenklasse das Bewusstsein über ihre eigene Stärke gibt. Er kann letztlich auch nicht sein Versprechen einhalten, eine FPÖ-Regierung nicht anzugeloben, wenn die Blauen im Nationalrat stark vertreten sind. Aber auch wenn er damit und der Angelobung einer „Anti-FPÖ-Regierung“ Erfolg hätte, sie würde die heutige Politik des Rassismus und des schleichenden Sozialabbaus nur fortsetzen und sie würde den Mythos der FPÖ als „Anti-Establishment-Partei“ reproduzieren. Damit wäre dann die sichere Regierungsübernahme durch Strache nur hinausgezögert. Van der Bellen ist alles andere als die Lösung, er ist selbst ein Teil des Problems. Eine glaubhafte Opposition gegen die FPÖ aus den Betrieben, Universitäten und Schulen muss sich ebenso von Van der Bellen abgrenzen wie von Faymann und Mitterlehner.
Mit den Bürgerlichen brechen!
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass große Teile der ÖVP die Koalition aufkündigen wollen und mit der FPÖ liebäugeln. Ob Hofer gewinnt oder nicht, die Schwarzen werden das Kräfteverhältnis nutzen um der Sozialdemokratie an der Regierung ein Zugeständnis nach dem anderen abzuringen. Macht sich die SPÖ nicht gefügig, wird die Koalition zum Ende kommen. Wir haben aber keinen Grund dieser Regierung nachzutrauern, im Gegenteil. Wenn wir den steigenden Rassismus und die Zersetzung der Arbeiter*innenbewegung aufhalten wollen, brauchen wir eine eigenständige Politik für die Arbeiter*innenklasse. Eine solche erfordert den konsequenten Bruch mit den allen bürgerlichen Kräften. Der Klassenkampf, den die Reichen gegen die ärmer werdenden Arbeiter*innen führen, muss von Unten beantwortet werden. Wir müssen den Spieß umdrehen und die Kapitalist*innen für gesellschaftliche Missstände zahlen lassen. Jenen in der Sozialdemokratischen Partei, die nicht mehr so weiter machen wollen wie bisher, muss klar sein: Es ist nicht nur Faymann der weg muss, es ist die ganze überkommene reformistische Politik, deren Konsequenz ja gerade der Verrat an der Arbeiter*innenklasse und an den Geflüchteten ist. Jene die trotz allem meinen, die SPÖ sei heute die einzige Kraft in der Gesellschaft über die fortschrittliche Politik gemacht werden kann, müssen den Kampf gegen Faymanns Linie offen führen. Sie dürfen aber nicht vor einem Bruch mit der Partei zurückschrecken. Ob innerhalb oder außerhalb der Partei: Wehren wir uns gemeinsam gegen Rassismus und Sozialabbau und kämpfen wir für eine sozialistische Arbeiter*innenpolitik in Österreich!