Seit Tagen greifen die mörderischen Verbände des „Islamischen Staates“ (IS) mit Kampfpanzern und schwerer Artillerie die kurdische Stadt Kobanê an. Trotz heldenhaften Widerstands mussten sich die Selbstverteidigungskräfte der YPG aus umlegenden Dörfern zurückziehen. Teile der IS-Milizen sind schon in die Stadt eingedrungen.
Die Stadt Kobanê ist von drei Seiten von den „Gotteskriegern“ des IS eingekreist. Zugleich riegelt die Türkei die Grenzen für Flüchtlinge, Nachschub und Unterstützer*innen ab. Hunderttausende Kurd*innen und Syrer*innen, die vor dem IS u.a. Djihadisten geflohen sind, stehen mit dem Rücken zur Wand, kämpfen um Leben und Tod. Der Massenmord an den Yezid*innen, Angriffe auf Rojava und syrische Oppositionelle, der systematische Terror gegen die Bevölkerung in den vom IS eroberten Gebieten – allen voran die Frauen – zeigt, was ein Sieg dieser erzreaktionären Kräfte bedeutet. In dieser Stunde der Not braucht das kurdische Volk, braucht Kobanê unsere Solidarität, die Solidarität aller Lohnabhängigen, aller linken, fortschrittlichen, ja aller demokratischen Kräfte der Welt. Eine Niederlage der Selbstverteidigungskräfte würde nicht nur das Ende von Rojava als fortschrittlicher, selbstverwalteter Alternative zum IS und zum Assad-Regime bedeuten. Es wäre eine historische Niederlage nicht nur für den kurdischen Befreiungskampf, sondern für alle Emanzipationsbestrebungen in Syrien, im Irak, in der Türkei, ja im ganzen Nahen Osten. Es würde zu einer weiteren Stärkung des IS und den Auftakt zu weiteren Massakern und Pogromen führen. Auf sich allein gestellt wird es sehr schwer, Kobanê zu verteidigen. Um im Kampf gegen einen waffentechnisch weit überlegenen Gegner Stand zu halten, ist die PYD (Partiya Yekitiya Demokrit = Partei der Demokratischen Union) auch ein Bündnis mit Kräften der FSA wie mit den Peschmerga aus dem Nordirak eingegangen. Die Kurdische Arbeiterpartei PKK, die Schwesterpartei der PYD, hat aufgrund des Embargos gegen Rojava und der Duldung, wenn nicht direkten Unterstützung des IS den „Friedensprozess“ in der Türkei vorerst ausgesetzt. Sie hat außerdem die Kämpfer*innen der PKK und die kurdische Jugend aufgerufen, ihren Brüdern und Schwestern in Nordsyrien beizustehen. Dieser Schritt zeigt, dass ein Kampf gegen reaktionäre Kräfte im Nahen Osten in der Tat nicht an den Landesgrenzen halt machen kann und darf. Nur die internationale, gemeinsame, grenzüberschreitende Aktion über nationale, ethnische und religiöse Grenzen hinweg, bietet hier eine fortschrittliche Alternative.
Die Heuchelei der Imperialist*innen und ihrer Verbündeten
Während das kurdische Volk, die PYD und die PKK einen Kampf auf Leben und Tod führen, haben die westlichen Imperialist*innen – von den Regionalmächten in der Region ganz zu schweigen – für die Kurd*innen außer Großworten, folgenlosem „Mitgefühl“ und wohlwollender Berichterstattung wenig zu bieten. Selbst die Aufhebung des Embargos gegen Rojava und die Öffnung der türkischen Grenzen für Flüchtlinge und kurdische Kämpfer*innen, die diese gegen Pogromisten verteidigen wollen, stößt auf scheinbar unüberwindbare Hindernisse. Schließlich soll der NATO-Partner Türkei, der den IS bis vor kurzem noch als Instrument der Ausweitung des eigenen Einflusses verwenden wollte, nicht zu sehr verprellt werden. Was für die Türkei gilt, gilt für alle anderen der vom US-Imperialismus ins Leben gerufenen, neuen „Allianz der Willigen“. Dort findet sich jede westliche imperialistische Macht als mehr oder weniger tatkräftige Helferin, darüber hinaus solch illustre Vorkämpfer für „Demokratie und Menschenrechte“ wie die Golfstaaten Saudi-Arabien, Qatar oder Bahrain. Nur Russland, China, Iran, das syrische und irakische Regime, Ägyptens Al Sisi oder Israel fehlen noch in dieser Runde. Dann wären so ziemlich alle Potentaten, Diktatoren, Unterdrückungsregime und jede imperiale Macht – womöglich noch mit höheren Weihen eines UN-Mandats – dabei. Für die USA und ihre Verbündeten ist der jetzt gefundene „Hauptfeind“ IS nur ein Mittel zum Zweck, ihren eigenen imperialen, wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen ein „demokratisches“ und „humanitäres“ Mäntelchen zu geben, weitere imperialistische Interventionen und eine „Neuordnung“ der Region in ihrem Interesse und unter ihrer Regie – inklusive direkten militärischen Eingreifens – zu legitimieren. Diese Politik wird weder die Gegensätze unter den Imperialist*innen und Regionalmächten überwinden, noch wird sie für irgendjemanden Befreiung bringen. Wir lehnen daher imperialistische Interventionen und Eingreifen, erst recht eine Bodeninvasion, ohne Wenn und Aber ab.
Alternative
Doch es gibt eine Alternative zur vorgeblich „demokratischen“ Intervention von USA, EU, Deutschland und sonstiger Großmächte. Das ist die Unterstützung der Selbstverteidigungskräfte des kurdischen Volkes, wie aller fortschrittlichen Kräfte, die gegen imperialistische, nationale Unterdrückung, für demokratische und soziale Rechte kämpfen. Die PYD, die PKK, alle Widerstandskräfte in Rojava brauchen unsere bedingungslose Solidarität, unabhängig von politischen Differenzen, die wir haben mögen. Konkret heißt das, dass wir die Aufhebung der Blockade gegen Kobanê u.a. Teile Rojavas fordern. Die Bevölkerung und die Flüchtlinge brauchen materielle Hilfe – nicht nur in der Türkei. Österreich will zusätzlich zu den 838 noch 1000 weitere Flüchtlinge aufnehmen – praktisch nichts, während in den Anrainerstaaten Millionen ausharren müssen. Wir treten daher für die sofortige Öffnung der Grenzen der EU ein! Die Kämpfer*innen der PYD und alle ihre Verbündeten gegen den IS brauchen aber nicht nur materielle Unterstützung – sie brauchen auch Waffen, vorzugsweise schwere Waffen, um Panzern und Artillerie der djihadistischen Mörderbanden effektiv begegnen zu können – ohne dass daran irgendwelche diplomatischen, politischen oder ökonomischen Bedingungen geknüpft werden. Die vorgeblichen „Freund*innen“ des kurdischen Volkes aus den westlichen Regierungen wollen bis heute v.a. sicherstellen, dass keine Waffen in die Hände der fortschrittlichen kurdischen Kräfte, bzw. in die Hände der „falschen Kurd*innen“, geraten. Dafür nehmen solche Demokrat*innen auch die Vertreibung Hunderttausender und einen weiteren Massenmord in Kauf. Die deutsche Regierung und ihre Verbündeten bestehen vielmehr weiter auf dem PKK-Verbot und dem Verbot zahlreicher anderer kurdischer Organisationen – und bekämpfen so das kurdische Volk, dem angeblich ihre Sorge gilt.
So fordern wir:
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Solidarität mit Kobanê! Solidarität mit Rojava! Solidarität mit der PYD!
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Für den Sieg der kurdischen Selbstverteidigungskräfte! Materielle Hilfe, inklusive Waffen!
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Aufhebung des PKK-Verbots und aller Verbote kurdischer Vereine und Symbole!
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Offene Grenzen für Flüchtlinge!
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Nein zu jeder imperialistischen Intervention!