Abtreibungsgegner*innen: Eine konservativ-reaktionäre Allianz

Dass Frauenrechte momentan unter Beschuss stehen, wird kaum jemand bestreiten. Sei es in der Türkei, Polen, oder den USA, sei es durch etablierte Parteien oder neu aufsteigende Rechte. Wenn Donald Trump in der Lage ist, mit sexistischen und Übergriffe verherrlichenden Parolen Stimmung zu machen und trotzdem gewählt wird, wenn innerhalb von kurzer Zeit zwei mehr als reaktionäre, frauenfeindliche Gesetzesänderungen in Parlamenten diskutiert werden, handelt es sich offensichtlich um eine systematische Verschlechterung.

Internationale Proteste

Doch wir finden auch positive Zeichen. Proteste in Polen konnten die weitere Einschränkung des in Polen ohnehin kaum vorhandenen Rechts auf Abtreibung verhindern. 100.000e Frauen, die auf die Straße gingen um für ihre Rechte zu kämpfen, waren ein eindeutiges Zeichen der Stärke. Auch in den USA protestieren Zehntausende seit der Wahl gegen die widerliche Politik und die Verstrickungen mit „Alt Right“-Neonazis, die Donald Trump in die Mitte der Debatte zieht. In der Türkei wurde erst vor kurzem von Erdogans AKP ein widerlicher Gesetzesvorschlag eingebracht, der einen Straferlass für Vergewaltiger von Minderjährigen vorsah, wenn sie ihre Opfer heiraten würden. Auch dieser in erster Lesung angenommene Antrag wurde aufgrund massiver Proteste nicht umgesetzt.

Vor allem die Frage nach Abtreibung ist eine, die die Diskussion über Frauenrechte prägt. So wie früher das Wahlrecht für Frauen eine zentrale Parole war, wurde sie (nach Erreichen dieser Forderung), unter anderem, durch die Losung auf das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper abgelöst. In Österreich gilt seit 1975 die Fristenregelung, also bis zu einem gewissen Zeitpunkt kann ohne rechtliche Konsequenzen abgetrieben werden. Dabei steht Schwangerschaftsabbruch aber immer noch im Strafgesetzbuch, ist damit also eigentlich nicht legal, sondern eben nur straffrei. Die Kosten für einen solchen medizinischen Eingriff müssen auch immer noch von der Betroffenen selbst getragen werden. Klar ist also: selbst in Österreich ist dieser Kampf noch nicht gewonnen.

Doch selbst nach einer gesetzlich verankerten Fristenregelung gestaltete sich der Weg der Frauenrechte nicht leichter, tatsächlich gibt es einflussreiche politische Kräfte, die immer wieder reale Verschlechterungen fordern. Die drei Hauptgegnerinnen fast jeder progressiveren Forderungen waren und sind die Kirche, die ÖVP und natürlich die Freiheitliche Partei Österreichs.

Volkspartei Pro-Life

Kirche und ÖVP, die seit jeher eng zusammenarbeiten, vertreten traditionell eine reaktionäre Position zum Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Im ÖVP Grundsatzprogramm wird das schon einmal sehr klar ausgesprochen: „Wir lehnen den Schwangerschaftsabbruch ab.“. Zumeist hält sich die ÖVP als Gesamtpartei mit dieser Position aber im Hintergrund. Doch es gibt einige offene Abtreibungsgegner*innen in der ÖVP, die für ihre frauenfeindlichen Positionen kämpfen und öffentlich auftreten.

Die Wiener Gemeinderatsabgeordnete Gudrun Kugler zum Beispiel ist bestens mit der rechten Abtreibungsgegner*innenszene vernetzt, so meinte der „Human Life International“-Chef Dietmar Fischer im Wahlkampf 2015 über sie, dass es nun „gelungen [ist], eine echte Pro-Life-Kandidatin bei der kommenden Wiener Landtagswahl auf die ÖVP-Liste zu bringen“. HLI ist die wichtigste Anti-Abtreibungsorganisation in Österreich. Die Unterstützung der Abtreibungsgegner*innen für ihren Vorzugsstimmenwahlkahlkampf war vermutlich auch ausschlaggebend dafür, in den Wiener Gemeinderat einzuziehen (dort hat die ÖVP bekanntlich nur mehr 7 Sitze). Auch die damaligen ÖVP-Nationalrät*innen Marcus Franz und Gabriele Tamandl sprachen auf Aktionen wie dem „Marsch für das Leben“, an dem auch FPÖler*innen, Rechtsradikale und Nazi-Hooligans teilnahmen.

Die FPÖ und ihre Positionen

Auch die FPÖ stellt sich immer wieder gegen die bisherigen Errungenschaften der Frauenbewegung. Als Partei die „für das Leben steht“, spricht sie sich relativ häufig zu diesem Thema aus. Sei es um eine Verkürzung der Fristen zu fordern, oder sogar wie 2009 in Vorarlberg gegen „Abtreibungen ins Feld [zu] ziehen“ und einen eigenen Forderungskatalog zu präsentieren. Und FPÖ-Funktionär*innen haben noch weniger Skrupel als der ÖVP-Dunstkreis, mit Rechtsradikalen und Frauenhasser*innen auf die Straße zu gehen.

Wir befinden uns momentan in einer Situation des Rechtsrucks. Parteien des rechten Spektrums führen in den Umfragen, oder stellen teilweise die Regierungen. Dass damit ein frauenfeindlicher „Backlash“ einhergeht, ist nicht überraschend.

Doch dem darf nicht nachgegeben werden – die Beschneidung von Frauenrechten ist (neben Rassismus und Sozialabbau) eine der ersten spürbaren Auswirkungen des Rechtsrucks in den Regierungskabinetten. Wer den Kampf dagegen als nebensächlich abtut, ignoriert die reale Einschränkungen, die mit Abtreibungsverboten und konservativen Rollenbildern für die konkreten Lebenssituationen von Frauen einhergehen.

Aventina Holzer, Arbeiter*innenstandpunkt 242, Dezember 2016/Januar 2017